Gefühlte Verletzung durch ewige Partnerlosigkeit, Sexlosigkeit, wie lässt es sich heilen?

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Hallo

Es ist ein Märchen unserer Wohlstandszeit, dass ohne Partnerschaft das Leben nichts wert sei. Im Zeitalter des Machbarkeitsdenkens herrscht die Vorstellung, irgendjemand habe versagt, wenn man Single sei: die Eltern hätten einen falsch erzogen, man selber habe irgendwas falsch gemacht oder das Schicksal sei einfach ungerecht, weil es den einen Glück und den anderen Unlück beschere. Aber das ist schlicht und einfach Unsinn. Die Geschichte ist voller Menschen, die aus ihrem Alleinsein Grossartiges hervorgebracht haben. Also ist das Singledasein kein Mangel, sondern eine Gabe.

Natürlich haben wir alle das Bedürfnis nach Nähe und Liebe. Wären wir auf einer einsamen Galaxie, würden wir alleine nicht überleben. Aber das ist bei dir ja nicht der Fall. Du lebst auf dem dicht bevölkerten Planeten Erde und weisst um die Existenz anderer Menschen. Du bist hierhergekommen und hast auf höfliche, unaufdringliche Weise deine Frage gestellt. Deine Verletzung ist somit vermutlich eher die Folge davon, dass du dich selber für dein Singleleben abwertest und nicht davon, dass du dich von der Gesellschaft verabschiedet hast. Die anderen spielen in deinem Denken und Fühlen immer noch eine Rolle, aber vermutlich suchst du nach Wegen, die sozialen Kontakte zu gestalten.

Grundsätzlich kann man drei Beziehungsformen unterscheiden:

  • Die "gestaltenden". Das sind Kontakte, mit denen man was unternimmt. Beispielsweise eine Wandergruppe. Man muss mit den Mitgliedern nicht befreundet sein. Es geht einfach darum, dass jemand mitkommt und man (im Notfall) nicht auf sich gestellt wäre.
  • Die "erlebenden". Hier geht es tatsächlich darum etwas gemeinsam zu erleben, beispielsweise ein Konzert oder eine Reise. In diesen Beziehungen ist das Potenzial für Freundschaften grösser, da man Emotionen miteinander teilt.
  • Die "platonischen". Hier geht es ums Reden. Dass man sich trifft, um sich auszutauschen, um zu berichten, um gemeinsam nachzudenken, um etwas zu besprechen. Das kann beispielsweise eine Literaturgruppe oder ein Philosophisches Café sein. Auch hier müssen nicht zwangsläufig Freundschaften entstehen, da man sich zu einem bestimmten Zweck trifft und Gefühle nicht unbedingt eine Rolle spielen müssen. Aber natürlich kann sich wie bei den "gestaltenden" über ein gemeinsames Interesse ebenfalls eine engere Freundschaft ergeben.

Du müsstest also für dich entscheiden, ob du etwas davon mit jemandem teilen oder es lieber allein erleben möchtest. Wenn du dich bei alledem alleine wohler fühlst, ist das in Ordnung und wenn du jemanden fragen möchtest, dich zu begleiten, auch.

LG


Dan1133 
Beitragsersteller
 25.07.2021, 13:20

Herzlichen Dank.

Dann muss ich erstmal lernen, das Bedürfnis nach Liebe/Annahme, nicht nur aus einer Liebesbeziehung zu ziehen.

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Maslowsche_Bed%C3%BCrfnishierarchie

Natürlich auch Akzeptanz meiner Situation.

Alles Gute.

L.G.

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emilia32  25.07.2021, 13:22
@Dan1133

Ja, das auf jeden Fall. Die Reduktion der Liebe auf das Vorhandensein einer Liebesbeziehung ist problematisch und führt ins Unglück. Wichtiger als alles andere ist die Liebesfähigkeit. Und die muss sich keineswegs auf einen (allenfalls vorhandenen) Partner beschränken.

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Wahrscheinlich wäre es am aussichtsreichsten, in einem entsprechenden Onlineforum eine ebenfalls desillusionierte Asperger-Freundin anzulachen. Die gibt es nämlich ebenfalls.

Und schreiben können Aspies eben besser als reden oder gar nonverbal kommunizieren.

Aber bloß keine falschen Erwartungen. Klärt das vorher, was ihr euch voneinander erhofft.

fühlt es sich für mich an, dass ich Frauen nie gut genug war/bin

Vielleicht schaust du an den falschen Stellen. Es gibt Singlebörsen über Facebook oder zB aspies.de oder online Börsen wie handicap love. AS ist nicht gleich AS. Einige kommen mit NT Partnern besser zurecht andere unter "Gleichgesinnten", wiederum andere wollen gar keine Beziehung. Der Mensch ist zum alleine sein einfach nicht gemacht. Man kann mit einem guten Freundeskreis einiges abfangen aber es ist dennoch nicht dasselbe.

In dem Du das von Deiner Wunschliste streichen tust.
Ich habe kein Asperger Syndrom aber habe genau die gleichen Empfindungen wie du, niemals gut genug zu sein für eine Frau. Bin jetzt 52. Ein Freund von mir (63J) fühlt das gleiche. Und noch ein anderer... Meine Lösung dafür ist: Einfach vor sich hin leben, nichts erwarten, nichts suchen, nichts wünschen. Sich für andere Sachen interessieren.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung