Gedanken, wenn ihr Beinamputierten seht?

16 Antworten

Lieber flulp,

ich sage Dir nicht, welche Gedanken ich h ä t t e, sondern welche Gedanken ich tatsächlich h a b e, wenn ich beinamputierte Menschen treffe:

Der eine, Axel, ist der Schwager einer mütterlichen Freundin, den ich schon mein ganzes Leben als beinamputierten Menschen kenne. Er hat einst, in seiner Jugend, beide Unterschenkel unterhalb des Knies durch einen Zugunfall verloren und trägt seit einer Jugend erfolgreich Prothesen. Dadurch, dass er sich bis zum heutigen Tag mit seinen beiden Prothesen so gut wie ein Gesunder fortbewegen kann, nehme ich ihn schon seit ewigen Zeiten als völlig gesunden Menschen wahr, auch wenn er mir immer wieder von seinen verschiedenen Problemen berichtet hat, die mir als Außenstehendem gar nicht aufgefallen sind und ich immer voller Bewunderung auf ihn eingegangen bin, wenn er über seine Gesundheit und seine Behinderung berichtete.

Die Andere ist eine Frau mittleren Alrers, die ebenfalls, wie auch Axel, in unserem Städtle wohnt und die Ehefrau unseres Schreibwarenhändlers ist und vor einigen Jahren einen schlimmen Autounfall hatte und genauso, wie Axel, beide Unterschenkel verlor. Sie arbeitet heute wieder im Geschäft und ist voll guter Dinge. Allerdings bewegt sie sich nicht ganz so selbstverständlich und leicht voran wie Axel, was wahrscheinlich damit zusammenhängt, dass sie nicht so viel trainiert hat und dies immer noch tut, wie Alex, aber bei ihr sieht man, dass sie das große Glück hat, dass die medizinische Wissenschaft diesbezüglich inzwischen auf einem hohen Stand ist, von dem sie voll profitieren kann, sodass ich es wie ein Wunder empfinde, dass sie inzwischen wieder mobil ist und sich ohne fremde Hilfe fortbewegen kann!

Und dann habe ich neulich bei den Paralympics zufällig den Paraolympic-Olympia-sieger im Fernsehen gesehen, der mit seinen beiden beinamputierten Unterschenkeln ab dem Knie den Sieg über den Sprint davontrug. Der junge Mann, ein Deutscher, leider habe ich seinen Namen vergessen, machte auf mich alles, nur keinen behinderten Eindruck und ich dachte voller Anerkennungg, dass er das Glück hat, in einer Zeit zu leben, die so tolle künstliche Beine herstellen kann, dass es einem beinamputierten Menschen möglich ist, ein vollkommen normales Leben zu führen und sogar Olympiasieger zu werden!

Wenn ich nun einen erst 15-jährigen beinamputierten Jungen sähe, so würde ich dasselbe denken und ihn zunächst beobachten, wie gut er mit seinen Prothesen läuft. Und wenn ich feststellte, dass er sich genauso gut wie ein gesunder Jugendlicher fortbewegete, würde ich ihn bestimmt ansprechen und ihm sagen, wie sehr ich mich über seine guten Prothesen freue, würde fragen, wie es ihm damit gehe und würde ihm von dem Paraolympiasieger im Sprint berichten und ihm sagen, dass ihm, schon aufgrund seines Alters, diesbezüglich und in sportlicher Hinsicht alle Türen offen stehen! Zuletzt würde ich ihm wünschen, alle Möglichkeiten, die ihm als behindertem jungen Menschen in dieser Hinsicht geboten würden, zu nutzen, um gesundheitlich stets in bester Verfassung zu sein! Und ich würde ihm noch sagen dass ich immer wieder an ihn denken werde und ihm durch den Äther gute Gedanken schicken werde, die ihn unterstützen, lieber flulp Und dass ich mich gefreut habe, ihn im Leben getroffen zu haben! Und ihm alles Glück wünschen!

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Ich mag Menschen!

Von Experte DianaValesko bestätigt

Ich würde nichts negatives denken im Sinne von bspw. - krass, der trägt eine Beinprothese - oder so . Ich finde die Schicksalsschläge dahinter oft heftig und es berührt mich. Gleichzeitig habe ich einen großen Respekt davor, wenn ich sehe oder höre, wie Betroffene damit umgehen. Auch die Paralympics begeistern mich, bei der krassen, tollen Leistung, die da erbracht wird.

Ich kann dir gern erzählen, was sich wahrscheinlich bei deinem Anblick gedanklich und emotional in mir abspielt.

Ich habe sofort einen ganz leichten Druck in der Herzgegend und denke "Schei☆☆e. Das Leben ist einfach nicht fair". Dann beobachte ich dich aus den Augenwinkeln und sehe, wie selbstverständlich und sicher du dich bewegst. Dann kommt zu meinem Mitleid/Mitgefühl noch Bewunderung hinzu. Ich bin dann auch immer ein kleines Stück weit auf dich konzentriert, falls du irgendeine kleine Hilfestellung benötigst. Dann bin ich da. Aber ansonsten sehe ich dich als normalen Jungen, der es aber schwerer hat, als andere Jungen in seinem Alter.

Ich werde dir mein Mitleid (es macht wirklich für den Moment auch etwas mit mir) und mein Mitgefühl (ich kenne die Schwierigkeiten, mit denen ein Mensch mit Behinderung zu kämpfen hat), nicht zeigen. Mein Vater ist seit frühester Kindheit durch eine Durchfallerkrankung, an der er mit zwei Jahren fast gestorben wäre und die auf seine Sehnerven geschlagen ist, mit fortschreitender Erblindung belastet und war auch auf einer Sehbehindertenschule. Er hat trotz der Erschwernisse sein Leben - Beruf, Ehemann, Vater, Freunde, Aktivitäten und Sport - gemeistert. Er hat niemals geklagt, sondern gemacht. So, wie andere Menschen mit Behinderung kein Mitleid wollen, so wollte auch er es niemals. Also bekam er es von uns auch nie. Er war immer ein normaler Mann mit Handicap. Irgendwann war es ganz normal und dadurch, dass er so selbstverständlich damit umgegangen ist und wir ebenfalls selbstverständlich damit umgangen sind und darauf eingespielt waren, haben wir diesen Umstand nicht in jedem Moment besonders wahrgenommen.

Am Ende, wenn du dann deiner Wege weitergezogen bist, denke ich mir wahrscheinlich, was man von dir lernen kann:

1. Gesundheit ist das höchste Gut. Wer es anders weiß, der kennt den Wert.

2. Mit einem starken Geist kann man über sich hinaus wachsen.

3. Die Chancen, ein gutes und glückliches Leben zu führen, hat ein jeder trotz der Behinderung. Leben ist immer auch, was wir selbst daraus machen.

P.S.: Mein Onkel hat auch eine Beinprothese (oberhalb des Knies) seit dem jungen Erwachsenenalter. Als Kind fand ich das hochspannend. Er schlief bei uns im Wohnzimmer auf der Couch und ich habe mir sein damals noch Holzbein, das er abgeschnallt hatte, geliehen und bin damit unbemerkt auf den Hof zum Spielen gegangen, 😀

Einerseits denke ich vielleicht darüber nach, wie es dazu gekommen ist. Unfall oder Krankheit? Natürlich kann ich das nicht klären, da ich ja auch nicht fragen würde.

Ansonsten finde ich es gut, wenn jemand mit Prothesen auch kurze Hosen trägt.


HarryXXX  05.09.2024, 22:26

Kurze Hosen sind da einfach zweckmäßig. Es braucht halt ein gewisses Selbstbewußtsein.

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Scheiße gelaufen, vor allem mit 2 Prothesen. Aber wer mit zwei Prothesen halbwegs gut laufen kann - Respekt. Vor allem mit Oberschenkelprothese und deren spezieller Elektro-Mechanik.


flulp105 
Beitragsersteller
 05.09.2024, 22:11

Och jo, doof gelaufen, aber kann man nix machen, wa?

Würd aber behaupten dass ich sogar ganz passabel laufen kann :D. Auch wenn's mit zwei echten knien sicher einfacher wär

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HarryXXX  05.09.2024, 22:24
@flulp105

Stimmt. Da muss man dann durch. Was das tatsächlich bedeutet, kann wohl nur ein ebenfalls Betroffener wirklich einschätzen. Ein fehlendes Körperteil ist kein Spaß, auch wenn wir hin und wieder mal drüber Witze reissen. Weiterhin Kopf hoch und alles Gute.

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