FSJ oder Ausbildung im Rettungsdienst?

4 Antworten

Von Experte Rollerfreake bestätigt

Hi,

im Grunde genommen kommen ja mehrere Varianten für den Einstieg in den Rettungsdienst infrage.

Es hängt durchaus von den Zielen und den eigenen Voraussetzungen ab, welche am besten geeignet ist.

1) Ein FSJ auf der Rettungswache

Wirklich sinnvoll ist ein Freiwilligendienst im Rettungsdienst - egal, ob FSJ oder BFD - eigentlich nur dann, wenn man die Form des Freiwilligendienstes an sich braucht, z.B. für den Erwerb des fachpraktischen Teils der Fachhochschulreife oder zum "Punktesammeln" für's Studium.

Ansonsten sind zumindest die Konditionen ein Grund, es sich mit der Variante zweimal zu überlegen - im Endeffekt bekommt man zwar eine rettungsdienstliche Qualifikation bezahlt (das kann auch "nur" der Rettungshelfer sein), man arbeitet aber de facto wie eine Vollzeitkraft...nur für ein Fünftel des regulären Gehalts.

"Sicher" ist der Platz eben auch nur für 12 Monate, mit Verlängerung 18 Monate - danach ist der Freiwilligendienst rum.

Vorteilhaft kann sein: FSJler laufen meist außerhalb der regulären Planstellen und man kriegt tendenziell auch dann noch einen Platz, wenn die Planstellen voll sind.

Eine Weiterbeschäftigung als Rettungshelfer kann man durchaus als schwierig bezeichnen.

2)Die Ausbildung zu RS (Rettungssanitäter) und anschließend jobben im RD

Die Ausbildung als Selbstzahler kann man natürlich machen - hier steht dem RS grundsätzlich nichts im Wege.

Ob man eine Jobgarantie hat, kommt auf den jeweiligen Bedarf vor Ort an. Dieser kann bei Rettungssanitätern deutlich stärker schwanken und ist meist nicht derart ausgeprägt wie bei Notfallsanitätern.

Dementsprechend reicht die Bandbreite von "unbefristeter Vertrag" über "Zeitvertrag über 1 oder 2 Jahre" bis zu "nichts".

Unter der Voraussetzung, dass man eine Stelle bekommt, rechnet sich diese Variante schon nach wenigen Monaten gegenüber einem FSJ.

Teilweise übernehmen auch Arbeitgeber - bei entsprechender Personalnot - die Lehrgangskosten gegen Verpflichtung oder Rückzahlung; das müsste man erfragen. Ansonsten kommt unter Umständen auch eine Förderung über das Jobcenter infrage.

Fazit

Wenn es nicht unbedingt das FSJ sein muss, rate ich eher zu Variante 2 - mit vorheriger Anfrage bei potentiellen Arbeitgebern und/oder Jobcenter zwecks finanzieller Unterstützung oder Kostenübernahme der Ausbildung.

LG

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Notfallsanitäter, Blogger, Medizinstudent

DieJosi03 
Beitragsersteller
 19.03.2022, 15:32

Oh super, vielen Dank für deine Antwort, hat mir sehr weitergeholfen

Von Experte iwaniwanowitsch bestätigt

Das Risiko, keine Stelle zu bekommen, hast du in beiden Fällen.

Im einen Fall investierst du ein Jahr Zeit, in dem du nur ein Taschengeld bekommst. Und in letzterem Fall investierst du eine Stange Geld.

Bei vielen Rettungsdiensten werden keine FSJ-Stellen angeboten oder es wird dort nicht standardmäßig der RS gemacht. Da muss man sich eben im Einzelnen erkundigen.

Manche Rettungsdienste suchen so händeringend auch RS, dass sie jemandem eine Jobzusage geben, für den Fall dass er den RS auf eigene Kappe macht. Auch das kann man im Einzelnen erfragen (das werden wahrscheinlich solche Rettungsdienste sein, die auch sonst schon überall Stellenanzeigen schalten).

Schaue, welche Möglichkeiten es in deiner Gegend gibt (evtl. geht ein Weg sowieso nicht). Wenn es beide Möglichkeiten gibt, überlege dir bei welcher Option es dir weniger wehtut, wenn du es anfängst und es dann schief geht.

1.) Im FSJ wird nicht immer zum Rettungssanitäter ausgebildet sondern zum Teil auch "nur" zum Rettungshelfer, wobei man dann innerhalb von zwei Jahren zum Rettungssanitäter weitermachen kann und sich den teuersten Teil der Rettungssanitäter- Ausbildung, den Grundlehrgang, schoneinmal gespart hat. Vorteil von einem FSJ ist, man erhält auf jeden Fall eine rettungsdienstliche Qualifikation auf Kosten des Trägers und sammelt auf jeden Fall auch schon mehrmonatige Berufserfahrung. Nachteil vom FSJ ist aber klar, dass man 12 Monate in Vollzeit tätig ist und dafür anstelle einer richtigen Vergütung lediglich ein "Taschengeld" in Höhe von circa 500€ monatlich erhält.

2.) Der klare Nachteil, die Qualifikation als Rettungssanitäter selbstständig zu erwerben, sind die Kosten in Höhe von insgesamt runden 1.500€ und man sammelt eben keine Berufserfahrung sondern man hat ersteinmal "nur" die Qualifikation als "Rettungssanitäter*in". Vorteil davon: man ist danach auf jeden Fall flexibler und kann sich eine Vollzeit-, Teilzeit oder nebenberufliche Anstellung im Rettungsdienst suchen, bei der man anstelle des "Taschengeldes" eine richtige Vergütung erhält. Um vollwertig im Rettungsdienst einsetzbar zu sein, bedarf es jedoch noch einer Fahrerlaubnis der Klasse C1, da moderne Rettungswagen über 3.500 Kg zulässige Gesamtmasse aufweisen und somit mit der Fahrerlaubnis der Klasse B nicht gefahren werden dürfen. Die Klasse C1 muss ebenfalls auf eigene Kosten erworben werden.

Mfg

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Rettungsdienst🚑, sehr großes Interesse an Notfallmedizin.

DieJosi03 
Beitragsersteller
 19.03.2022, 08:54

Vielen Dank für deine ausführliche Antwort!

Zur ersten Option kann ich folgendes sagen:

Ich hatte letzte Woche ein Vorstellungsgespräch für ein FSJ im Krankentransport/Fahrdienst, wofür man vorher zum Rettungshelfer ausgebildet wird. Von Erfahrungen anderer weiß ich, das dabei grundsätzlich die Chance besteht, nach Ende dieses Jahres in eine Ausbildung zum Notfallsanitäter im Rettungsdienst übernommen zu werden. Das wäre für mich noch ein weiterer Punkt, der mich daran reizt - wenn es diese Option bei dir auch gibt, würde ich mir ggf. eher hierüber gedanken machen. Ein FSJ auf einer Rettungswache nur im Rettungsdienst gibt es hier nicht.

Bei einer selbstständigen Ausbildung zum RS würde ich mir halt die Frage stellen, ob es sich von den Kosten her lohnt. Für eine direkte Ausbildung zum Notfallsanitäter ist die Bewerbungsphase vermutlich überall schon vorbei, zudem die Chancen dafür als Schüler ohne richtige Vorerfahrung meines Wissens nach auch eher schlecht stehen.


RedPanther  19.03.2022, 09:00
Bei einer selbstständigen Ausbildung zum RS würde ich mir halt die Frage stellen, ob es sich von den Kosten her lohnt.

Im Vergleich zu einem FSJ, in dem man den RS kostenlos machen kann? Ja.

Im FSJ bekommt man über 12 Monate ca. 6000 € Taschengeld.

Bei der selbstständigen Ausbildung muss man natürlich erstmal ca. 2000 € investieren und ist ca. 3 Monate ohne Gehalt beschäftigt, aber anschließend kommen 9 Monate lang ca. 1500 € netto auf dem Konto an, also 13.000 €. Man kommt also selbst dann noch besser 'raus, wenn man auch die 1500 € für den C1-Führerschein selbst aufbringt.

iwaniwanowitsch  19.03.2022, 13:21
@RedPanther

ja. als Jahresbetrag. Alles gut, Missverständnis meinerseits. Vergiss meinen Kommentar einfach :D

HamsterKnowHow  19.03.2022, 18:21
@RedPanther

Okay, aus dieser Sicht lohnt sich das - da hast du recht. Stellt sich für mich nur die Frage, ob man als Jugendlicher nach der Schule direkt in der Lage ist, diese Menge an Geld aufzubringen. Den C1 wollte ich tatsächlich aus eigener Tasche machen, nur leider fängt der hier ab ca. 3500€ an.

Das so ein Freiwilligendienst finanziell scheiße ist, muss man ja nicht abstreiten (immerhin eine 40-Stunden Woche und letztendlich die selben Aufgaben wie ein Hauptamtlicher, zumal es beim Bundesfreiwilligendienst hier nur knapp 400€ / Monat gibt) aber ich könnte mir hier als Vorteil definitiv noch vorstellen, das man eben nicht alleine ist sondern man i.d.R. mit anderen Freiwilligendienstleistenden zusammen ist und man zusätzlich vom Anbieter betreut wird. Ist denke ich nochmal was anderes, als auf eigene Faust "mal eben" den RS zu machen.

RedPanther  20.03.2022, 15:38
@HamsterKnowHow

3500 für den C1?! Das ist das, was ich für meinen CE bezahlt habe... Ich hatte sogar eine Fahrschule aufgetrieben, die für "Routinierte Sprinter-Fahrer" die C1-Fahrausbildung nur mit den Pflichtstunden pauschal für 1000 € angeboten hat.

Stellt sich für mich nur die Frage, ob man als Jugendlicher nach der Schule direkt in der Lage ist, diese Menge an Geld aufzubringen.

Die Frage hat sich bei mir in der Oberstufe auch gestellt, als Mitschüler mit eigenen Autos vorfuhren und Weltreisen planten. Scheint für manche machbar zu sein.

Ich habe in meiner eigenen Antwort auf die Ursprungsfrage aber auch darauf hingewiesen, dass man schauen muss welches Risiko man sich eher leisten kann.

HamsterKnowHow  20.03.2022, 19:00
@RedPanther

Naja, wenn man im Dorf wohnt und es nur eine Fahrschule gibt, die C Klasse ausbildet und somit hier quasi eine Monopolstellung besitzt, lässt sich der Preis ganz schnell erklären..

als Mitschüler mit eigenen Autos vorfuhren

Gut, aber prinzipiell ist ein eigenes Auto denke ich erstmal höher von der Priorität als ein selbstbezahlter RS-Lehrgang + C1. Der Lehrgang selbst bringt mir nichts, wenn ich aufgrund entsprechend "dorftypischer Busverbindungen" nicht zur Arbeit komme. Ich mach grad meinen RH-Lehrgang und bin froh über mein eigenes Auto, denn ansonsten würde ichs morgens gar nicht zum Ortsverein schaffen, wo ausgebildet wird :D