,,Früher war alles besser"- Total nachvollziehbar?

7 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Ja so gesehen natürlich schon.
Das erwähne ich ja auch gerne bei solchen Debatten (etwa bei "in der DDR war es gar nicht so schlecht"). Das Leben hängt ja nicht allein vom politischen System ab, sondern ist vor allem auch durch Gesundheit und Alter bestimmt.

Jemand, der an die DDR zurückdenkt, meint damit womöglich gar nicht das politische System, sondern seine Jugendzeit, seine erste Freundin, und alle Erlebnisse im familiären Umfeld. Und all das kann ja schön gewesen sein (auch wenn das System sehr bescheiden war).

Und mir geht das ja auch so: alle Erlebnisse von frühester Kindheit bis etwa 15 Jahren hatten praktisch nichts mit dem politischen System zu tun. Das war mir damals ziemlich egal.

Ich kann schon verstehen, wenn man sagt "manches war früher besser." - dennoch muss man eben dazu sagen, was man genau damit meint.

Jain. Ich bin ein älterer Mensch und habe immer im Jetzt gelebt. Ergo habe ich immer den Moment genossen und tu das nach wie vor. Ich will die alten Zeiten nicht zurück, bestenfalls das glückliche Gefühl des Augenblicks. Es ist mir aber bewusst, dass einige aus meiner Generation (Jahrgang '60) wehmütig werden, wenn sie an deren Vergangenheit zurück denken, deshalb halte ich meine Empfindung nicht für repräsentativ.

meinen sie nicht damit eigentlich das ihr Leben einfach früher unbeschwerter war?

Ja und Nein, alte Menschen meinen damit tatsächlich die gesellschaftlichen Zustände, die sie besser fanden, als die, in denen sie jetzt leben.

Sie sind mit diesen früheren Lebensumständen aufgewachsen. Sie stellten für sie Selbstverständlichkeiten dar, die sie nicht nur als gegeben akzeptierten, sondern mit denen zurechtzukommen sie gelernt hatten. Änderungen, die erst im Laufe des späteren Erwachsenenlebens eintreten, entsprechen nicht mehr ihren Vorstellungen und wurden von nachfolgenden Generationen initiiert und von den Älteren kritisch oder negativ gesehen. Also JA, ihr Leben war damals unbeschwerter, weil sie mit den damaligen Verhältnissen besser zurechtkamen. NEIN, es geht nicht nur um die Bequemlichkeiten und Freuden der Jugend.

So normal ist das nicht. Wenn man älter wird, hat man weniger Unsicherheiten zu ertragen. Und ich persönlich habe, je mehr der Lebensstandard anstieg, Sorge gehabt, wie es der Generation gehen wird, in der nicht immer mehr Luxus möglich ist.

Es ist sehr leicht, sich an Bequemlichkeiten zu gewöhnen, und ziemlich schwierig, sich dann wieder einzuschränken.

Deshalb ist es gut, dass es in den jüngeren Generationen einen größeren Anteil von Vegetariern und Veganern gibt.

Freilich ist das nicht das einzige, wo man sich umgewöhnen muss. Und das kann ich schon versichern: Wenn man nur noch im Bett liegt und für alles auf Handreichungen anderer angewiesen ist, ist es sehr hart. Norbert Blüm hat darüber berichtet: "Im März 2020 berichtete Blüm in einem Gastbeitrag in der Zeit, dass er im Jahr zuvor nach einer Sepsis ins Koma gefallen war und seither von der Schulter abwärts gelähmt sei.[13][14] " (Wikipedia)


Fontanefan  30.05.2024, 19:18

"Meine Lähmung verändert die Proportionen. Aus Bagatellen werden Problemfälle. Mich reizt gerade unter dem linken Auge ein Jucken. Früher hätte ich mit einem Handstrich den Juckreiz beseitigt. Heute kann meine Hand das nicht. Und so muss ich geduldig ausharren, bis der Reiz aufgibt." (Blüm in der ZEIT, 11.3.2020)

0

Ich bin schon älter, sehe es aber nicht dass früher alles besser war. Früher war vieles anders.

Zum Zahnarzt wie vor 50 Jahren möchte ich nicht gehen müssen, auf Operationen mit offenem Bauchschnitt kann ich auch verzichten. Da ist mir die heutige Zeit lieber. Das war jetzt nur ein Beispiel.