Freund helfen, Tod zu verarbeiten?
Liebe Community,
Wie ich selbst schon um Hilfe gebeten habe (in einer Frage vor einigen Tagen hier), brauche ich nun erneut eure Hilfe. Es geht um den tödlichen Unfall unseres 17-jährigen Freundes. Wer möchte, kann sich die Frage angucken, falls Hintergrundinfos relevant sind. Allerdings geht es dieses Mal um einen sehr guten Freund von ihm (auch guter Freund von mir), dem es deshalb noch schlecht geht.
Wir hatten ja jetzt unsere Seminarfahrt und da hat man‘s ihm gut angemerkt (der gestorbene Freund wäre ja auch mit uns mitgefahren). Er hat am letzten Abend ca. 4h draußen mit einem Mädchen darüber gesprochen, mit dem er gut befreundet ist. Das finde ich auch super, dass er mit wem darüber spricht. Er hat aber selbst danach zu mir gesagt, dass er noch lange nicht fertig ist. Ich war noch für ihn wach, damit er nicht allein ist und schlafen geht. Dann hab ich noch kurz vorm Einschlafen zu ihm gesagt, dass ich es gut bzw. wichtig finde, dass er mit jemandem darüber spricht und ich auch finde, dass das Mädchen eine gute Person dafür ist und hab noch gesagt, dass das alles schon wieder wird, aber Zeit braucht.
Nun sehe ich ihn ja morgen in der Schule wieder. Was kann ich für ihn tun? Ich würde gerne mehr sagen, aber ich fühle mich selbst so unerfahren, um etwas zu sagen… Ich meine mich selbst belastet das immer noch und vor anderen tue ich gerne mal auf Unterstützer, aber innerlich bin ich deshalb gebrochen…
Und wie stellt man sowas an? Ziehe ich ihn einfach mal für einen Spaziergang raus und rede mit ihm?
Ich danke euch herzlich.
3 Antworten
Wichtig ist, dass Du ihm signalisierst, dass Du für ihn da bist - und ansprechbar bist. Deine Idee mit dem Spaziergang finde ich gut. Du könntest ihm auch vorschlagen, dass Ihr etwas zu zweit unternehmt, vielleicht auch jeweils an festen Nachmittagen in der Woche. Wenn er nicht darüber reden will, sei einfach trotzdem da und verbringe Zeit mit ihm, denn irgendwann öffnet er sich dann schon. Nicht zu sehr in ihn dringen, nicht auffordern, sich zu äußern ("nun sprich doch mal darüber"), sondern einfach Bereitschaft zeigen, für ihn da zu sein. Es gibt kein Patentrezept, was Du ihm in dieser Situation sagen kannst, denn bei solchen Tiefschlägen ist fast alles, was man sagen kann, banal. Deshalb: lieber nicht viel reden, eher zuhören - oder einfach nur zeigen, dass Du zuhören willst. Ich glaube, wenn Dein Freund merkt, dass Du Dich um ihn kümmerst, dann hilft ihm das schon viel. Ich finde es großartig, dass Du etwas für ihn tun willst, gerade da Du selbst ja auch sehr angegriffen bist. Es ist gut, wenn er auf Deine Freundschaft zählen kann. Und auch Du selbst kannst das Ereignis besser verarbeiten, wenn Du aktiv damit umgehst - und sei es nur, indem Du mit diesem Freund Zeit verbringst. Das ist ein Trauma, das einen viele Jahre beschäftigt. Offen damit umzugehen scheint mir das Beste. Viel Erfolg! Mit Deiner Einstellung bist Du ganz bestimmt auf dem richtigen Weg.
Das kann ich gut nachfühlen. Ein Cousin von mir ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Den Wunsch, die Zeit zurückzudrehen, hatte ich da auch (und alle in der Familie). Sehr gut, wenn Ihr im Freundeskreis gemeinsam etwas macht. "Forever Young" immer mal wieder für ihn zu singen, wäre vielleicht auch keine schlechte Idee.
Wir haben schon die Idee gehabt, „Forever Young“, „See you again“ und „Jar of hearts“ für ihn bei der Abientlassung abspielen zu lassen. Mal schauen, was unser Jahrgangsleiter dazu sagt. Danke dir :)
Menschen, die so intensiv auf den Tod reagieren, haben sich wahrscheinlich mit dem eigenen Tod noch nicht auseinandergesetzt. Tod und teilweise auch Geburt sind in unserer Gesellschaft teilweise ein Tabuthema.
Mein Vater hatte Krebs. Sein Sterben, das ich als Jugendlicher hautnah mitbekam, dauerte etwa 3 Jahre.
Ich selbst hatte die Diagnose "lymphatische Leukämie". Allerdings bin ich eine "Spontanheilung".
Pro Jahr bin ich momentan etwa auf drei Beerdigungen. Die nächste findet wohl nächste Woche statt. Die Freunde sterben langsam weg. Der Tod wird einem vertraut.
Die Angst vor dem Tod sollte der Erkenntnis weichen, dass der Tod ein Teil des Lebens ist.
Du hast da geschrieben, " ich fühle mich selbst so unerfahren," Das wird auch so bleiben, weil jeder Tot einer Person, eine andere Lücke hinterlässt. Da gibt´s keine Gewohnheit. Das ist bei jedem anders.
Ich finde wirklich gut, das Du ihm zeigst, das Du für ihn da bist, in jeder Form. Aber loslassen muss er schon selber, den Verlust akzeptieren. Das Endgültige!
Hast Du möglicherweise Fotos von euch zusammen oder alleine? Alte Bilder von früher ? Menschen sind nicht spurlos verschwunden nach ihrem Tot. Fotos und Erinnerungen helfen ungemein bei der Bewältigung von Trauer. Die positiven Eindrücke von den Fotos machen es leichter, abzuschließen.
Möglicherweise wird deinem Freund oder auch euch beiden damit geholfen.
Dir alles Gute und deinem Freund!
Ich hab mir schon gemeinsame Fotos angeguckt. Jedes Mal: „Scheiße, er hat das Leben so geliebt und wir hatten so viel Spaß zusammen… warum musste er gehen?“ Ich meine, ich kann ihm nichts mehr sagen, er ist WEG. Das zu begreifen hat dauert, obwohl es banal klingen mag.
Danke dir, wie sehr man sich nur wünscht, die Zeit zurückdrehen zu können und ihm sagen könnte, an dem Tag nicht Motorrad zu fahren… Aber naja, es ist vorbei. Es gab in der Unterkunft Karaoke Abende und wir haben extra für ihn „Forever Young“ gesungen. Das war sehr schön…