Finnen, haben sie die Wuzeln in der Türkei?
Mein Vorfahren stammen ursprünglich aus Finnland. Ich habe festgestellt, dass es im Türkischen sehr viele Lehnwörter gibt. Väterlicherseits sind alle Schwarzhaarig und haben braune Augen, wie jene meiner besten Freunde aus der Türkei. Ebenso ähneln sich viele Wörter sich dem Finnischen. Auch die Grammatik scheint ähnel zu sein. Da wir Finnen vorwiegend Dunkelhaarig sind und nicht wie die üblichen Skandinavier blond, frage ich mich, ob die Finnen ausgewanderte Türken sind. Leider fand ich dazu nichts im Internet, außer die Bestätigung der Sprache. Gerne würde ich mehr über die Historik erfahren.
11 Antworten
Die Verwandtschaft zwischen Turksprachen und finno-ugrischen Sprachen ist nur sehr entfernt. Beide Sprachgruppen benutzen eine agglutinierende Grammatik, das ist aber nur eine typologische Ähnlichkeit.
Lexikalisch gesehen sind beide Sprachfamilien sehr weit entfernt. Auch Finnisch und Ungarisch haben nur eine relativ kleine Schnittmenge an gemeinsamen Wortstämmen. Es gibt dort aber regelmäßige Lautverschiebungen, und zum Teil gute Entsprechungen (wie bei veri/vér).
Ungarisch hat einen Satz an turksprachigen Lehnwörtern, dies resultiert aus Sprachkontakten von Magyaren und verschiedenen Turkvölkern. Zum Beispiel Ungarisch "tenger" (Meer) von proto-Turk "tengir".
Finnisch hat mehr nordgermanische (z.B. schwedische) oder baltische Lehnwörter. Zum Beispiel "meri" (Meer), was auch dem deutschen Wort ähnelt. Die nähere Verwandtschaft des Finnischen und Estnischen liegt (sprachlich gesehen) in Russland, es gibt dort z.B. die Sprachen Mari und Udmurtisch.
https://de.wikipedia.org/wiki/Buranowskije_Babuschki
Die "Großmütter aus Buranowo" traten beim Eurovision Song Contest 2012 mit einem Lied in Englisch und Udmurtisch auf. Auch die Sprachen der Sami ("Lappen") gehören zur finnischen Gruppe.
"Blut" in den drei Sprachen Finnisch/Ungarisch/Türkisch: veri/vér/kan
(Türkisch weicht hier deutlich ab)
Ja, es gibt dunkelhaarige Finnen und Esten. Allerdings gibt es ja auch recht viele blonde Leute (um die Ostsee herum gibt es mehr Blonde als in den Gebieten, die von der Ostsee weiter entfernt sind). Weltweit gesehen dominieren dunkle Haarfarben ohnehin (nicht nur bei Turkvölkern).
Der Wortstamm "Finn-" ist nicht finnischen Ursprungs (ihr sagt ja "Suomi" und "suomalainen" usw.), sondern indogermanischen Ursprungs. Aus dem Gälischen kommt der Vorname "Finn" (oder "Finnegan"), Isländer haben manchmal den Vornamen "Finnbogi". Es gibt die "Saga vom starken Finnbogi", und auch die ehemalige Präsidentin ist eine Tochter eines Finnbogi: Vigdís Finnbogadóttir.
https://de.wikipedia.org/wiki/Vigd%C3%ADs_Finnbogad%C3%B3ttir
Finnisch (und Samisch) haben auch Sprachen wie Schwedisch ein Stück mitgeformt. Die Verneinung "ej" (finnisch "ei") existiert neben der anderen Form "inte". Schwedisch hat z.B. ein paar agglutinierte Formen, die andere germanische Sprachen nicht haben.
Auch das Wort für "Bruder" passt in Finnisch und Ungarisch, beides ist von "Blut" abgeleitet (vom selben Blut).
veli (Finnisch), fivér (Ungarisch); kardeş (Türkisch, wieder abweichend)
In der Hymne der (Nord-)Sami heißt es auf Sámegiella:
eai leat vieljain varat vardán
(nie der Brüder Blut vergossen)
"veljien verit" wäre das wohl im Finnischen
Nicht nur Schwedisch hat agglutinierende Formen, auch Dänisch, Norwegisch, isländisch und Färöisisch. Die bestimmten Formen (-(e)n, -(e)t) werden angeklebt und der Plural dazu (en tidning, tidningar, tidningarna) und bei Verbformen wird die Entsprechung der deutschen Vorsilbe ge- auch ans Wort angefügt. Im Englischen ebenfalls. Das Schwedische hat aber definitiv das Finnische beeinflußt. Die Schweden besiedelten aber fast nur die Küste. Und Kivi fing seine "Sieben Brüder" noch auf Schwedisch an. Finnisch ist allerdings eine finno-ugrische Sprache. Wenn man es genau nimmt, dann hat das Deutsche auch 12 Fälle (der, die, das und Nominativ, Dativ, Genitiv, Akussativ = 3x4).
Sogar die heute auf dem Staatsgebiet der Türkei lebenden Türken haben ihre Wurzeln nicht dort, sondern in Zentralasien, in etwa dem östlichen Kasachstan und Turkmenistan. zumindest die gesamten Küstengebiete der heutigen Türkei (auch an der Schwarzmeerküste) waren vom heutigen Griechenland aus besiedelt worden. Die Turkvölker wanderten erst nach der Zeitenwende dorthin aus und verdrängten die griechischstämmigen Einwohner, das bis ins 20. Jahrhundert hinein (vgl. Smyrna - Izmir). Und auch die Finnen (wie auch Magyaren/Ungarn und Esten) stammen ursprünglich aus Zentralasien, allerdings aus Gebieten nordwestlich der Siedlungsräume der Turkvölker. Quelle: Geschichtsatlas.
Ja da erstens beide von altaische völkerstämme sind und zum anderen im jahr 1200 reger austausch herrschte zwischen finnland und den arabern.
Beide völker haben den selben hintergrund und sich mehrfach geschichtlich / kulturell vermischt und auch ein kuwaitischer diplomat hat vorfahren in finnland.
Es gibt sogar ein film der sich damit beschäftigt: https://de.wikipedia.org/wiki/Der_13te_Krieger
Das ist ein weiterverbreiteter Irrtum, Finnen sind keine Skandinavier. Wohl eher Balten, da gleiche Sprachenfamilie.
Nach Wiki: Skandinavien
ist ein Teil Nordeuropas, der je nach Definitionsweise unterschiedliche Länder umfasst, darunter in jedem Fall Norwegen und Schweden auf der Skandinavischen Halbinsel, daneben im Regelfall auch Dänemark.
Aus geschichtlicher Sicht und in sprachlich-kultureller Hinsicht setzt sich Skandinavien im engeren Sinne aus Schweden, Norwegen und Dänemark zusammen.
Nordgermanen eben!
Finnen sind definitiv kein Turkvolk.
Danke, das weiss ich, dass wir eigentlich ursprünglich keine Skandinavier sind, weshalb ich ja die Frage stelle. Ich denke Sie haben meine Frage wohl nicht verstanden :-(
Finnen sind definitiv kein Turkvolk. Das ist die Antwort. Wohl übersehen.
Finnisch ist keine indogermanische Sprache (wie z.B. die baltischen, slavischen oder germanischen Sprachen), und auch keine Turksprache (wie Türkisch, Tatar oder Uighurisch) und auch keine altaische Sprache (eine hypothetische Familie, die die Turksprachen mit Mongolisch, Tungusisch und anderen zusammenfassen will), sondern eine uralische Sprache. Dazu gehören außer Estnisch auch noch ungarisch und die samoyedischen Sprachen Sibiriens.
Die uralischen Sprachen und die Turksprachen haben eine relativ ähnliche Grammatik: Sie sind agglutinierend, können also ein Wort mit mehreren Suffixen modifizieren, und sie kennen Vokalharmonie; einige der Suffixe sidn einander sogar ähnlich. Schon im 19. Jahrhundert kam die These auf, die beiden könnten miteinander verwandt sein. Aber je genauer man hinsieht, umso schwieriger wird es, weil kein gemeinsam ererbtes Vokabular gefunden werden kann. Heute glaubt das eigentlich niemand mehr.
Die uralischen Sprachen sind vermutlich etwas jünger als die indogermanischen, und die Sprecher dieser beiden Sprachfamilien hatten immer wieder Kontakt miteinander. So gibt es im Finnischen ein Wort mesi für „Honig“ (vgl. deutsch Met), oder porsas für „Schwein“ (vgl. deutsch Ferkel, oder offensichtlicher italienisch porco). Manche haben sogar vermutet, daß uralisch und indogermanisch aus einer gemeinsamen, noch älteren Wurzel kommen, aber das ist immer eine Minderheitenmeinung geblieben.
Manche der uralischen Sprachen (Ungarisch, und die näher mit Finnisch verwandten Sprachen Rußlands wie Komi, Mordvins und Mari) haben in jüngerer Zeit mit ihren turksprachigen Nachbarn einiges an Vokabular ausgetauscht, aber ich habe noch nicht gehört, daß das auch für Finnisch zutrifft (welche Nachbarn könnten das überhaupt sein? Die Karäer wohl nicht, und die Tataren sind weit weg).
Kiitos vastauksestasi. Danke für deine Antwort. :)
Ja, typologisch ist die türkische Grammatik ähnlich. Aber die Endungen sind verschieden. Auch die Reihenfolge ist anders.
talo, talossa, talossanne (Finnisch) (Haus/im Haus/in eurem Haus)
-ssa- ("in") kommt vor -nne ("euer")
evler, evleriniz, evlerinizde (Türkisch)
-iniz- ("euer") kommt vor -de ("in")
Agglutinierende Sprachen sind außerhalb unserer Sprachfamilie ohnehin häufig. Auch Mongolisch, Tungusisch (und Koreanisch) agglutinieren (in gewisser Weise kann man das auch vom Japanischen sagen, dort gibt es aber nur Partikel), ohne dass hier immer eine enge genetische Verwandtschaft vorliegen würde.
Stimmt, und man könnte noch hinzufügen, daß Vokalharmonie und Agglutination sowieso oft Hand in Hand gehen.
(Danke für die Beispiele, Finnisch kann ich überhaupt nicht, und im Türkischen reicht es für das, was Du geschrieben hast, aber für nicht allzu viel mehr)
Min „ähnliche Formen“ meinte ich z.B. Genetiv auf -n oder -m- für die erste Person Singular. Aber besonders viel sagt das ja auch nicht aus, letzteres findet man ja auch im Indogermanischen und sogar im Etruskischen.
Dankeschön :-)