Federgabel = Kraftverlust?

2 Antworten

Auf einer ebenen, längeren Asphaltstrecke ist der Unterschied marginal bis nicht messbar. Beim normalen Treten im Reisetempo federt eine ordentlich eingestellte Federgabel nicht mit, d.h. es wird keine Energie für die Federbewegung aufgewandt. Der einzige Nachteil kommt von modellabhängig ca. 1 - 1,5 kg Mehrgewicht (entsprechend ca. 1% des Gesamtsystems), die Beschleunigungen etwas verlangsamen - bei konstantem Tempo aber auch wieder egal sind.

Dass an sportlichen MTBs die Federgabeln oft blockierbar sind, hat den Hintergrund dass der marginale Unterschied bei Sprintduellen tatsächlich zwischen Sieg und Niederlage entscheiden kann. Die knallen da >1000 W auf die Pedale. Und wenn die Federgabel dann "offen" ist, wippt sie um den halben Federweg auf und ab. Dadurch werden im krassesten Fall so 1% der Antriebsenergie aufgrund von Reibung in Wärme umgesetzt. Das ist aber ein komplett anderer Usecase als bei Otto Normalradsportler.

Selbiges gilt übrigens auch bei Hinterradfederungen. Ich weiß nicht, wie der liebe Vierfarbeimer auf seinem Fahrrad herumhüpft, aber wenn ich konstantes Tempo auf Asphalt fahre, macht meine Hinterradfederung genau gar nichts und dementsprechend geht da auch keine Antriebsenergie verloren. Und wenn, wäre es eben auch nur das Bisschen Reibung im Federelement, das einen verschwindend geringen Teil der Tretenergie in Wärme umwandelt.

Im Gelände (ab Graspiste) ist man gefedert dann tatsächlich schneller als ungefedert. Auch, wenn der Fahrer eines ungefederten Fahrrades das Gefühl hat, schneller zu fahren.

Der Kraftverlust durch eine Federgabel ist nicht so groß, wie der durch einen gefederten Hinterbau.

Man spürt den "Energie Verlust" deutlich, der durch ein Full Suspension Rad auftritt, indem man viel Energie in die Feder tritt, die dort verpufft und nicht durch den Antrieb auf die Strasse geleitet wird. Seriöse Zahlen dazu habe ich noch nicht gesehen. Aber ich würde den Energie Verlust schon zwischen 5 und 10 % einschätzen.

Den "Energie Verlust" durch eine Federgabel würde ich auf unter 1 oder 2% einschätzen. Die negative Auswirkung einer Federgabel ist, dass sie das Lenkverhalten eines Rades schwammig macht. Deshalb fahre ich lieber ohne Federgabel. Man sollte sich überlegen, ob man eine Federgabel wirklich braucht und haben will.


corod 
Beitragsersteller
 26.05.2022, 15:43

Vielen Dank für diese detaillierte Antwort!

RedPanther  26.05.2022, 16:56
Man spürt den "Energie Verlust" deutlich, der durch ein Full Suspension Rad auftritt, indem man viel Energie in die Feder tritt, die dort verpufft und nicht durch den Antrieb auf die Strasse geleitet wird.

Hmmm... und wohin sollte die Energie denn dann gehen? Die Energie, die man in die Pedale tritt, kann ja nicht einfach aufhören zu existieren.

RedPanther  26.05.2022, 18:40
@vierfarbeimer

Eine Feder speichert dann Energie, wenn sie komprimiert wird. Würde die Feder kontinuierlich Energie aufnehmen, würde man beim Treten immer tiefer in die Federung sinken. Das habe ich bisher bei keinem vollgefederten Fahrrad beobachtet (außer bei undichtem Luftdämpfer).

Die Dämpfung einschließlich der Gleichtbuchsen und Hinterbaulager haben ein Wenig Reibung, an der ein Teil der Bewegungsenergie in Wärme umgewandelt wird. Tatsächlich wird der Dämpfer ein Bisschen warm, wenn man eine längere Abfahrt mit viel Federbewegungen macht. Aber wenn der Hinterbau so mies ausgelegt bzw. der Dämpfer so mies eingestellt ist, dass es beim Treten spürbar wippt, ist es trotzdem noch so wenig Bewegung, dass sich zumindest mit der Hand keine Erwärmung nachvollziehen lässt.

Kann man auch nachrechnen: Wenn ich eine Stunde lang 100 W trete und davon 5% am Dämpfer in Reibungswärme umgesetzt werden, ist das eine Wärmemenge von 18 kJ, die in den Dämpfer geht. Ein Dämpfer wiegt meinetwegen 350 g und ich postuliere mal die Vereinfachung, das sei alles Aluminium mit einer spez. Wärmekapazität von knapp 900 J/kgK. Demnach müsste sich der Dämpfer um ca. 65 Kelvin erwärmen. Das würde man spüren ;)