Dürfen Lehrer genau überwachen, was ihre Schüler am PC machen?
Ich möchte gleich erwähnen, dass es mir jetzt nicht darum geht, dass ich mir irgendwelche Dinge am PC ansehe, die in der Schule nichts verloren haben. Konkret geht es um folgendes: Wir mussten in der Berufsschule zwei Briefe nach Önorm verfassen, dazu haben wir die Vorlage, wie der Brief aussehen soll sowie das Logo des Unternehmens bekommen. Ich war an diesem Schultag gedanklich ziemlich abwesend und daher nicht unbedingt produktiv, denn ich habe nur einen Brief in dieser Stunde geschafft. Eine Klassenkollegin, die die Önorm in der ersten Klasse nicht gelernt hat, weil sie erst später eingestiegen ist, hat sich bemüht, alles richtig zu machen, denn es war der Erste Brief, den sie nach Önorm verfassen musste. Unsere unterlagen waren am Schulserver gesichert, wo jede(r) einen Ordner mit seinen Unterlagen hat. Die Stunde ging dem Ende zu und wir hatten beide erst einen Brief verfasst, allerdings jeder einen anderen, deswegen habe ich, meinen Brief in ihren Ordner kopiert und ihren in meinen Ordner kopiert, um sicherzustellen, dass wir keine schlechten Noten bekommen.
Ich spreche hier übrigens nicht von einem Test oder einer Klassenarbeit oder ähnlichem, sondern vom ganz normalen "bring es dir selbst bei"-Unterricht in der Berufsschule. Wir müssen uns alles selbst ausarbeiten und die Lehrer sehen sich das bloß an und sagen, was falsch ist. Dadurch entsteht quasi die Mitarbeitsnote.
Von einem Moment auf den anderen ist unsere Lehrerin (wie üblich) komplett ausgerastet und hat gemeint, sie hätte uns die ganze Stunde beobachtet und unsere Ordner offen gehabt um zu sehen, was wir sichern. Dann hat sie sich berechtigter Weise darüber aufgeregt, dass wir die Briefe kopiert haben. Dann hat sie allerdings gemeint, dass wegen UNS beiden die ganze Klasse jetzt keine Vorlagen und Logos mehr bekommt, sondern wir alles selbst machen müssen und hat die Klasse mehrmals explizit dazu aufgefordert, sich "bei uns zu bedanken" und "das mit uns zu klären." Gestern hat sie weiter gemeint, dass die jetzt auch die Schularbeit anders gestalten, die Benotung ändern und uns keinerlei Unterlagen mehr zur Verfügung stellen wird. Leider war ich gestern nicht in der Berufsschule, da ich an einem Wettbewerb für die besten Lehrlinge teilgenommen habe und konnte daher als Schülervertreter nicht einschreiten.
Dementsprechend begeistert ist unsere Klasse.
Ich werde so und so mit unserer Schulleiterin sprechen, weil sie nicht die ganze Klasse für eine kleine Schummelei von zwei Personen derart heftig bestrafen kann. Meine Hoffnung zusätzlich ist nur, dass gesetzlich irgendwo geregelt ist, ob Lehrer ihre Schüler derart ausspionieren dürfen, oder nicht. Kennt sich da jemand aus?
Vielen Dank schon vorab!
LG
Philipp
15 Antworten
weil sie nicht die ganze Klasse für eine kleine Schummelei von zwei Personen derart heftig bestrafen kann
Das ist allerdings richtig.
ob Lehrer ihre Schüler derart ausspionieren dürfen
Das ist keine Spionage, sondern eine vollkommen normale Überprüfung der Arbeitsergebnisse. Ein Lehrer darf das nicht nur, sondern soll es sogar. Denn beurteilt werden nicht nur die Ergebnisse, sondern auch das komplette Verhalten im Unterricht. Und dazu ist es notwendig, auch den "Arbeitsprozess" intensiv zu betrachten.
Du täuschst mit jemand anderen die Erbringung einer Leistung vor und schwafelst hier dann wegen der Lernkontrolle von "ausspionieren"...?
Ja.
Die Lehrerin darf eure Leistungserbringung "ausspionieren".
Wenn die Lehrerin meint, sie müsse jetzt die Unterrichtsvorlagen hin zu mehr Eigenständigkeit und Eigenleistung abändern, sehe ich darin keinerlei "Bestrafung" der ganzen Klasse.
Ich sehe allerdings auch keine Notwendigkeit dafür, z.B. kein gemeinsames Firmenlogo mehr für alle vorzugeben.
Hallo,
deine Fragen beziehen sich im Endeffekt, ob das "Ausspionieren" und die Kollektivstrafe gerechtfertigt sind.
Zum Thema "Ausspionieren":
Es liegt hier keine Straftat oder ein zivilrechtlicher Verstoß vor. Natürlich muss der Lehrkörper darauf achten, wie die Arbeiten erledigt werden.
Du sagst selbst, dass du an dem Tag nicht produktiv warst und die Arbeit eines anderen kopiert hast, um keine schlechte Note zu bekommen. Dies ist ein versuchter "Betrug" (nicht im strafrechtlichen Sinn). Deine Lehrerin ist verpflichtet, genau das zu verhindern. Dafür muss sie kontrollieren, wie ihr arbeitet.
Somit ist der einzige mögliche Tatbestand
§ 202a StGBAusspähen von Daten
(1) Wer unbefugt sich oder einem anderen Zugang zu Daten, die nicht für ihn bestimmt und die gegen unberechtigten Zugang besonders gesichert sind, unter Überwindung der Zugangssicherung verschafft, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
1. Sie hat sich die Daten nicht unbefugt verschafft, sie muss die Kontrolle durchführen.
2. Die Daten sind wie du sagst für jeden einsehrbar, also ist der Zugang nicht "besonders gesichert".
Auch
§ 202 StGBVerletzung des Briefgeheimnisses
(1) Wer unbefugt
1.einen verschlossenen Brief oder ein anderes verschlossenes Schriftstück, die nicht zu seiner Kenntnis bestimmt sind, öffnet oder
2.sich vom Inhalt eines solchen Schriftstücks ohne Öffnung des Verschlusses unter Anwendung
technischer Mittel Kenntnis verschafft,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in §206 mit Strafe bedroht ist.
kann nicht vorliegen, da das Schriftstück ja speziell erstellt wurde, damit ein Lehrer davon Kenntnis nimmt. Das würde aber auch nur dann greifen, wenn der Brief ausgedruckt und weitergegeben wird. Für Daten greift lediglich der Paragraph 202a StGB.
Zum Thema Kollektivstrafe:
Kollektivstrafen sind verboten, da ohne Schuld keine Strafe erfolgen kann.
Ich seh hier jedoch keine Strafe. Eine Strafe wäre eine Disziplinarmaßnahme, wie z.B. Nachsitzen. In diesem Fall stellt sie jedoch nur weniger Unterrichtsmaterialien zur Verfügung, das heißt, sie ändert ihre Unterrichtsmethode. Dies ist legitim, da jeder Lehrkörper über seine Didaktik und Methodik selbst entscheiden kann.
Mathematisch gesprochen besteht die "Bestrafung" nicht darin, dass sie euch einen Nachteil zukommen lasst, sondern sie gewährt euch nur keinen von ihr gewährten Vorteil mehr. Und das ist in Ordnung.
Jedoch (das ist aber nur meine subjektive Meinung) halte ich das Vorgehen für dumm. Der Arbeitsfluss wird mit Vorlagen und Logos wesentlich besser sein und ihr müsst lernen einen Brief zu schreiben, nicht ein dämliches Logo zu erstellen... das heißt die Zielsetzung des Unterrichts wird von der Lehrerin selbst unterwandert. Wie gesagt, rechtlich in Ordnung, aber einfach nur dumm.
Zwecks
Gestern hat sie weiter gemeint, dass die jetzt auch die Schularbeit anders gestalten, die Benotung ändern und uns keinerlei Unterlagen mehr zur Verfügung stellen wird.
auch das ist rechtlich in Ordnung. Der Lehrer ist nicht verpflichtet euch Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Gerade in der Berfufsschule kann erwartet werden, dass die Schüler später benötigtes Fachwissen selbstständig dokumentieren. Wie die Schularbeit gestaltet wird und wie die Benotung erfolgt, liegt auch allein bei der Lehrerin. Sie darf keinen Stoff dranbringen, der nie unterrichtet wurde oder willkührlich beurteilen, aber wenn sie das nicht macht, ist auch hier alles rechtlich in Ordnung.
Den Gang zum Schulleiter will ich dir nicht ausreden, aber ich denke nicht, dass viel dabei rauskommen wird, da die Lehrerin korrekt gehandelt hat. Vielmehr seh ich die Gefahr, dass sie dann auf "stur" schaltet und bei ihren Änderungen bleibt. Eine höhere Erfolgschance für dich/euch sehe ich, nochmal ein klärendes Gespräch mit ihr zu suchen.
Auf jeden Fall: Viel Erfolg:)
Natürlich darf sie, es sind schliesslich öffentliche Computer, die nicht euch gehören. Problematisch wäre es allenfalls, wenn die Briefe anonym abgegeben hätten werden sollen, dann wäre es unzulässig, weil es die Notengebung gefährdet, aber das wäre dann unabhängig von der Computerüberwachung.
Trotzdem frage ich mich sowieso nach dem Sinn dieser Übung. Ich meine, wenn es eine Note gegeben hätte, hättet ihr ja die Briefe abgeben müssen und dann hätte man ja gemerkt, dass sie doppelt sind, denn dann wären ja zweimal ihr Brief und zweimal dein Brief aufgetaucht.
Ausserdem war es keine kleine Schummelei, sondern ein schwerer Betrug, der mit Schulverweis etc. enden kann.
Unzulässig ist allenfalls, dass die ganze Klasse bestraft wird, aber das ist dann wieder eine andere Geschichte.
Gut aber dann verstehe ich immer noch nicht ganz, was das mit dem Austausch gebracht hätte und wenn es nur eine Übung war, wieso sprichst du dann in deiner Frage von Note???
Trotzdem generell ist Überwachung zulässig.
In den meisten Schulen ist sogar Software installiert, worüber der Lehrer in der Lage ist, sich auf die Pc der Schüler zu schalten ohne das diese etwas bemerken, genauso wie der Lehrer die Pc sperren kann.
Was das Speichern bzw. Kopieren der Briefe angeht, darfst Du nicht vergessen, dass unter Eigenschaften der Datei der Urheber verfasst ist. Wenn ihr also Profile nutzt, dann steht dort der Profilname drin. Damit kann deine Lehrerin leicht erkennen, wer der Urheber der Datei ist.
Im Grunde habt ihr 2 dafür zu büßen aber auf keinen Fall die gesamte Klasse, das sollte in einem Gespräch geklärt werden. Für dich ist das natürlich eine besonders doofe Situation, da Du als Schülervertreter auch eine Vorbildfunktion hast.
Danke für deine Antwort!
Besonders erwähnt gehört hier, dass es sich um keinen Test oder dergleichen handelt, sondern um den "bring es dir selbst bei"-Unterricht in der Berufsschule. Die Lehrerin ist nur dazu da um uns zu sagen, was falsch ist, wir müssen uns um alles andere selbst kümmern.
Die Briefe waren übrigens genau vorgeschrieben, das heißt, es waren auch keine Namen von uns erwähnt, sondern ein komplett vorgegebener Text, als reine Übung.