Ding an sich und Erscheinung
Was meinte Kant mit dem "Ding an sich" und was ist eigentlich eine Erscheinung? Wie kann ich das in den Zusammenhang mit der kopernikanischen Wende setzen?
Vielen Dank!
2 Antworten
Die Erscheinung, das sind die Dinge (die weltlichen Phänomene), wie wir sie mittels der Anschauungsformen (Raum und Zeit) und der Kategorien (z. B. Kausalität) unserer Vernunft sehen. Die Dinge an sich dagegen sind die Dinge, wie sie unabhängig von Raum und Zeit und Kausalität existieren. Da aber die genannten Anschauungsformen und Kategorien (nach Kants Auffassung) Bestandteile unserer erkennenden Vernunft sind, können wir die „Dinge an sich“ nicht erkennen. Wir haben sozusagen ständig die Brille der Anschauungsformen und der Kategorien auf. – Die Kopernikanische Wende bedeutet in Bezug auf die Erscheinungen und die Dinge an sich: Wir sehen, wie die Sonne und auch die Planeten sich um die Erde drehen. Im Mittelalter hielt man das für die Wahrheit, sozusagen für ein „Ding an sich“. Seit Kopernikus und Kepler wissen wir aber, dass das nicht die Wahrheit ist, sondern nur so scheint (eine Erscheinung ist). Vor allem durch die Phasen der Venus erkennen wir mit Hilfe eines Fernrohrs, dass sich dieser Planet um die Sonne dreht.
Die "Welt an sich" ist die Gesamtheit der Welt und die von uns über Sinneninputs "erfahrene und mit Verstand erschlossene Welt" ist nur ein Ausschnitt davon, weil unsere Augen z.B. nur das sehen, was wir "normal" zum Überleben brauchen. Im Mittelalter gehörten z.B. Viren und Mikroorganismen noch zur nicht erkennbaren "Welt an sich", weil sie die Fähigkeiten unserer Augen noch nicht mit Mikroskopen ausweiten konnten. So konnten sie nicht ahnen, dass Viren und Mikroorganismen Ursache von Krankheiten sein konnten. D.h. die "Welt an sich" oder auf das Einzelne bezogen das "Ding an sich" ist immer größer als unsere jeweilige Erkenntnis davon, weil wir nicht wissen, was in Zukunft noch alles entdeckt wird. Die "kopernikanische Wende" ist ein Bild von Kant dafür, dass ihm die Lekture von David Humes Ausführungen über das menschliche Erkennen die Augen geöffnet hat, um dann seine Kritik der reinen Vernunft schreiben zu können. Kopernikus konnte die Wende vom geo- zum heliozentrischen Weltbild auch nur machen, und Keppler hat es dann ja erst richtig begründet, weil Beobachtungen durch die neu erfundenen Fernrohre zeigten, dass die Theorien des geozentrischen Weltbildes nicht stimmen konnten.