Deutsches Schulsystem, was sollte/muss geändert werden?

19 Antworten

Ich bin für eine völlige bundesweite Neustrukturierung der Sekundarstufe II.

Das neugestaltete Abitur erreicht man dann nach 12 Schuljahren und es entspricht in etwa der heutigen Fachhochschulreife (FHR) in Hessen. Das heisst, man kann damit alle Studiengänge. die man heutzutage in Hessen mit FHR studieren kann auch bundesweit studieren. Also z.B. alle auch alle Bachelorstudiengänge an Universitäten, wie heute schon in Hessen. Die bisherigen Fachoberschulen und Höheren Berufsfachschulen führen alle zum neuartigen Abitur und die Fachhochschulreife incl. der Praktikaregelungen wird abgeschafft. Die Praktika regeln dann künftig die Hochschulen.

Weiterhein die Einführung eines neuen Abschlusses Universitätsreife. Das sollte dann per N.C. so gesteuert werden; dass nur ca. 12 % eines Alterjahrgangs diesen Abschluss erreichen kann, also eine Auswahl unter den Bewerbern des neugestalteten Abiturs. Mit der Universitätsreife in einem zusätzlichen Jahr kann man dann all das studieren, was man in Hessen derzeit ausschliesslich mit Abitur studieren kann (Medizin, Jura, Lehramt etc.).

Ferner wäre ich für die Einführung eines Online-Gymnasium an dem man Fächer nacharbeiten kann aber auch offiziell belegen kann und in diesem Zusammenhang für eine Überarbeitung der Versetzungbestimmungen nach neuesten pädagogischen Erkenntnissen.

Die Ganztagsschulen sollten weiter ausgebaut werden und die Schüler dann Nachmittags von Fachkräften aus dem sozialpädogischen Bereich betreut werden. Dazu sollte eigens ein neuer Studiengang/Beruf geschaffen werden.

Das Berufsbeamtentum für Lehrer sollte ganz abgeschafft werden und eine wesentlich strengere, permanente Überprüfung der Unterrichtsqualität eingerichtet werden. Der Lehrereinstieg für qualifizierte Fachwissenschaftler sollte wesentlich erleichtert werden und die Bezahlung sollte sich an den Durchschnittswerten der Industrie orientieren.

Sinnvoll wären kleinere Klassen, 10-15 Schüler maximal. Wesentliche Vorteile wären:

  • Ein Lehrer könnte die einzelnen Schüler näher kennenlernen und somit auch deren Leistung genauer bewerten
  • Dadurch, dass ein Lehrer die Schüler besser einschätzen könnte, ließen sich auch Probleme schneller und leichter erkennen
  • Es wäre einfacher alle miteinzubeziehen. Jeder wäre gefordert. Das bedeutet auch: Einzelne Schüler, besonders schüchterne, gingen nicht in der Masse unter, und weniger Leistungsbereite könnten sich nicht mehr so gut verstecken.
  • Weniger Schüler bedeuten weniger potentielle Ablenkung
  • Es gäbe unter den Schülern ein intensiveres soziales Miteinander (zumindest wären die Voraussetzungen dafür günstiger)
  • Aus diesen Punkten ergibt sich natürlich insgesamt eine andere Atmosphäre

Texte als Ersatz für Zensuren sehe ich persönlich kritisch. Ich denke, dass sich da schnell bestimmte Standardformulierungen (wie in Arbeitszeugnissen) durchsetzen würden. Man hätte also wertende Textbausteine statt Noten, keine große Veränderung. Ein Text ist zwar ausführlicher und beinhaltet Details, aber bei dieser Bewertung wäre die angesprochene Klassengröße wieder ein Problem - man kann 30 Schüler nicht gut genug kennenlernen. "Stärken und Schwächen" können von einer reinen Leistungsbewertung auch sehr schnell abweichen und man driftet auf eine persönliche Ebene ab. Dabei soll eigentlich gerade die subjektive Einschätzung eine geringstmögliche Rolle spielen (was sich aber natürlich auch bei der Vergabe von Noten nicht vermeiden lässt). Und zum Druck: Der herrscht sowieso, wenn Leistung auf irgendeine Weise bewertet wird.
Schulnoten / Leistungsbewertungen ließen sich auch generell nicht so einfach abschaffen, da man in diesem System Vergleichsmöglichkeiten braucht. Das Abitur (und oft eben auch ein bestmmter Schnitt) ist relevant, wenn man studieren möchte, auch für eine Ausbildung oder einen Job, sofern keine Aufnahmetests o.Ä. ausschlaggebend sind. Schulnoten und Noten im Studium können auch in Bezug aufs Ausland von Bedeutung sein, denk nur mal an das Bachelor-/Master-System.

Hausaufgaben werden gegeben, damit man selbst arbeitet. Betreuung durch Eltern oder (Nachhilfe)Lehrer ist da nicht prinzipiell vorgesehen.

Was die Fächervielfalt betrifft: Eine breite Allgemeinbildung halte ich für wichtig. Wissen ist Macht, vor allem Macht über das eigene Leben. Man wird unabhängiger, schon wenn man Lesen und Schreiben lernt. Je mehr man weiß (und Techniken lernt, sich selbst Wissen anzueignen), desto weniger ist man genötigt zu glauben, was andere erzählen. Man kann sich selbst ein Bild machen, und mit größerem Wissen wird dieses Bild umfassender. [Natürlich ersetzt Bildung nicht Intelligenz, und Bildung allein feit nicht dagegen, auch mal auf irgendeinen Salbader reinzufallen.]
Aber die Art, wie Schülern der Stoff nahegebracht wird, ist in meinen Augen nicht optimal. Man kann nicht besonders gut lernen, wenn man an einem Tag acht verschiedene Fächer hat, die ganze Woche wieder und wieder immer nur Häppchen, Rumswitchen, das eine Thema noch nicht ganz verdaut, schon geht man über zum nächsten. Blockunterricht hielte ich für sinnvoller.

Das mit den Pflichtfächern ist so eine Sache. Ich bin zwar für Allgemeinbildung, kann aber verstehen und kenne es von mir selbst, dass man nunmal bestimmte Interessen hat und manche Fächer sinnlos findet. Außerdem kannst du oder Herr X oder sonst wer unter dem Begriff "Allgemeinbildung" etwas ganz anderes verstehen als ich. Die Frage, was für alle wichtig ist und was jedem selbst überlassen werden sollte, ist nicht leicht zu beantworten. Man muss ja auch bedenken, dass die Leistungen in diesem System vergleichbar bleiben müssen und daher grundsätzlich nur bedingt auf die individuellen Interessen eingegangen werden kann. Alle sollen möglichst einheitlich gebildet werden.
So einheitlich ist es aber nun auch wieder nicht, es gibt ja Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern. Gleiches Schulsystem und doch keine Gleichheit. Das Abi in BaWü sollte aber nicht "mehr wert" sein als das Abi in einem anderen Bundesland.


scopie  18.02.2014, 02:49

Ich halte mich jetzt kurz.

Die Lehrerausbildung könnte gerade in Bezug auf Pädagogik und (Fach)Didaktik besser sein. Lernen kann so viel Spaß machen, so aufregend und spannend sein, aber schlechte Lehrer sind wie Wasser für das innere Feuer.

Auch Inklusion ist ein problematisches Thema, es besteht mehr Handlungsbedarf als "Wir machen das jetzt einfach mal". Da man sich über das Für und Wider und Wie und Warum leicht informieren kann, erwähne ich es nur.

Der Stoff sollte auch mal überarbeitet und ausgemistet werden, auch wenn man da ja wieder bei der Frage ist, was braucht man und was nicht. Das ist zwar eine schwierigere Frage, aber eine sehr relevante. Ich habe das Gefühl, man kümmert sich lieber um Strukturen als um Inhalte, das kann nicht sein.

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Das man nach auch nur aufs Gymi kommt, wenn man die Noten dafür hat.. In manchen Bundesländern entscheiden ja die Eltern auf welche Schule das Kind geht. Jeder 3. rennt somit aufs Gymnasium und ich finde das Abi so schon lang an Wert verloren hat ;)

Ich wohne seit 7 Jahren in der Schweiz, bin Deutsche. Hier kommen nur die in die Oberstufe, also ich rede jetzt vom Gymnasium (Maturitätsschule), welche nach der 9/10 Klasse die Note 5.0 (2.0 ist das in DE) erreichen. Also zumindest ist das hier in Bern so, finde es auch besser !

Ich würde die Lehrer stärker kontrollieren, in dem man in jedem Quartal ein unangekündigtes Audit durch führt, zusätzlich sollten in regelmäßigen Abständen die Unterrichte verdeckt mit geschnitten werden um zu kontrollieren ob die Unterrichtsqualität auch in Abwesenheit der Auditoren weiterhin hoch bleibt. Die Ergebnisse werden dann ausgewertet und mit dem Lehrer besprochen. Des weiteren sollten die Schüler halbjährig Evaluationsbögen ausfüllen welche dann von der Schulleitung ausgewertet werden. Außerdem sollte der zusammengefasste Notendurchschnitt welchen die Schüler beim jeweiligen Lehrer erzielen öffentlich einsehbar sein um die Eltern vor schlechten Schulen zu schützen. Außerdem sollten keine weiteren Lehrer mehr verbeamtet werden, dadurch könnten sich die Schulen derer Lehrer leichter entledigen welche dauerhaft durch Schlechtleistung auffallen.

Alles in allem geht es darum kontinuierlich Daten zu sammeln, diese auszuwerten und den Lehrern und Schülern entsprechendes Feedback zu geben, um die Prozessqualität so hoch wie möglich zu halten und Störfaktoren heraus zu selektieren. Das ganze sollte mit viel Transparenz erfolgen, damit Eltern, Schüler, Lehrer und Schulleitung gleich sehen woran sie sind.

Das ganze hat zwar einen leicht fröstelnden Touch aber, der Lehrerberuf ist zu wichtig für die Entwicklung der Gesellschaft als dass man es sich dort leisten könnte Dilettanten ans Werk zu lassen.


Larinka  16.02.2014, 23:01

Deine Forderungen stimmen nicht mit den Erkenntnissen der besten Schulsysteme überein. In Finnland (Top PISA Ergebnisse) werden Lehrer ganz und gar nicht überprüft, sondern ganz zu Beginn (vor dem Studium) sehr kritisch ausgesucht.

In den USA (nicht besonders erfolgreich in PISA) werden die Lehrer zwar nicht heimlich aufgenommen etc., viele deiner Forderungen sind hier aber längst erfüllt und führen dazu, dass die besten Lehrer den Beruf verlassen.

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BalduinB  14.02.2014, 23:19

"Außerdem sollte der zusammengefasste Notendurchschnitt welchen die Schüler beim jeweiligen Lehrer erzielen öffentlich einsehbar sein um die Eltern vor schlechten Schulen zu schützen. "

Was ist denn Deiner Meinung nach eine schlechte Schule, was ein schlechter Lehrer? Die / derjenige, die / der nur gute Noten verteilt, oder die / der mit den schlechten? Wenn wir die Eltern über die Noten ihrer Sprößlinge entscheiden lassen, können wir die Schulen auch gleich zumachen. Wichtiger und richtiger wäre es vielmehr, die Schulen und die Lehrer vor schlechten Schülern zu schützen.

Wie ich oben schon sagte, Noten müssen über eine Klasse oder eine Schule hinweg grundsätzlich der Normalverteilung (http://de.wikipedia.org/wiki/Normalverteilung) folgen, alles andere ist eine grobe Verzerrung der Realität.

Schlechte Schüler und nicht studierfähige Abiturienten haben wir schon genug, und die werden durch solche Mätzchen, wie von Dir vorgeschlagen, auch nicht besser.

Solche Schüler, Studenten und später Absoventen stellen eine latente Gefahr für unser Land dar, wie wir an unseren Politikern bereits beobachten können.

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Thridtune  15.02.2014, 00:04
@BalduinB

Was ist denn Deiner Meinung nach eine schlechte Schule, was ein schlechter Lehrer? Die / derjenige, die / der nur gute Noten verteilt, oder die / der mit den schlechten? Wenn wir die Eltern über die Noten ihrer Sprößlinge entscheiden lassen, können wir die Schulen auch gleich zumachen.

Die Frage stellt sich gar nicht, wenn die Notenvergabe standardisiert wäre. Wenn die Notenvergabe frei von Ermessungsräumen ist dann ist sie eine Konstante und dann würden öffentlich einsehbare Schnitte, einen ungetrübten Aufschluss über die Qualität des Lehrpersonals geben. Du hast schon recht wenn dann nur gute Noten vergebene werden bringt das nichts. Aber mann kann erkennen ob es "Problemlehrer" gibt. Wenn die Leher A,B und C einen Schnitt von 2 erreichen und Lehrer C nicht über eine 4 hinaus kommt sieht man wo das Problem liegt.

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BalduinB  15.02.2014, 00:53
@Thridtune

Wenn gleich drei Lehrer im Schnitt eine 2 vergeben, dann würde ich das für äußerst bedenklich halten - siehe oben meine Ausführungen zur Normalverteilung. Das würde ja heißen, dass in deren Klassen ausnahmslos exzellente Schüler sitzen.

Für genauso bedenklich halte ich den Lehrer, in dessen Klasse keiner über eine 4 hinauskommt.

Der Unterschied zwischen beiden Fällen ist aber folgender: Dass Lehrer ausschließlich gute Noten vergeben, kommt sehr häufig vor - ich kenne aber keinen einzigen Fall, in dem ein Lehrer nur Noten von 4 und schlechter vergibt. Die "Problemlehrer" sind also die ersten drei Lehrer.

Was die Standardisierung der Notenvergabe angeht, so ist das unbedingt wünschenswert und in manchen Fächern auch leicht zu machen - Mathe wäre da ein Paradebeispiel: Lösung richtig - Lösung falsch. Bei anderen Fächern ist immer ein subjektives Moment dabei und lässt sich auch prinzipiell nicht ganz vermeiden - in Deutsch etwa. Dir gefällt ein Buch gut, mir gefällt es überhaupt nicht; bei einem anderen Buch ist es genau umgekehrt. Nicht anders ist es bei Schulaufsätzen und Lehrern, da kann es allenfalls Näherungswerte geben - wieviele unterschiedliche Gedanken finden sich, o. ä.

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Ich würde den Schulzwang abschaffen. Also den Zwang, zwischen dem 6 und 18. Lebensjahr unbedingt eine Schule besuchen zu müssen.

Gruß Matti