Buddhist: andere erwarten schlechtes gewissen?

10 Antworten

Du hast durch Deine Handlung eine schlechte Ursache gesetzt - Nun ist Deine Aufgabe, mindestens eine GUTE Ursache zu setzen, um die schlechte zu kompensieren - DAS kannst Du Deiner Freundin mitteilen und sie fragen, ob sie eine Idee für Dich hätte, welche positive Handlung für Dich infrage käme;)

....Ich stelle mir vor, dass das auch bei ihr viel besser ankäme als a) scheinbare Gleichmut b) sinnloses Leiden.

Ich glaube, sie hat sich nicht aufgeregt, weil es dich nicht so sehr störte sondern weil du einfach viel zu spät gekommen bist. Das hat ja nichts mit deiner Religion zu tun sondern ist einfach unhöflich. Da ist eine ärgerliche Reaktion deines Gegenüber verständlich und als entspannter Buddist solltest du das einfach akzeptieren und nicht allzu viel darüber grübeln, denn das zeigt, das du auch nicht ganz entspannt bist 😉

Das geht auch ohne Buddhismus! Ich praktiziere es schon seit ich denken kann:

Ändere das, was Du ändern kannst und akzeptiere das, was Du nicht ändern kannst. Und lerne, beides voneinander zu unterscheiden.

Und mit dem Spruch musst Du Dich nicht über Deine Fehler aufregen: Sie passieren nun mal - wie Dein falsches Ticket.

Sich nicht über etwas aufzuregen, gehört zur Persönlichkeit - nicht zum Glauben.

Wechsel die Perspektive und nutze diese Erfahrung als Spiegel:

Was ist dieses Ich das ein Problem hat?


HerrNovember 
Beitragsersteller
 29.08.2020, 19:41

Habe ich bereits. Aber sie leider. Das kann überwunden werden.

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  • dass ich mich weniger bis gar nicht aufrege

Ja, das kann bereits ein Erfolg deiner Bemühungen sein und wäre zu begrüssen. (Das ist aber jetzt kein Monopol des Buddhismus sondern kann auch auf anderen Wegen erreicht werden).

Deine Wirkung auf andere Menschen hängt nicht nur von dir alleine ab, sondern auch vom - sagen wir mal - "Charakter/Temperament" des/der anderen. Einen "Hitzkopf", der bereits beim Anblick einer Fliege an der Wand ausflippt, brauchst du nicht zum Maßstab zu nehmen. Andere - verständigere - Menschen dagegen werden für deine ruhige und ausgeglichene Reaktion dankbar sein und positiv partizipieren.

Nun gut, wir haben in dem von dir gebrachten Beispiel nichts weltbewegendes, aber doch eine typische Alltagssituation vorliegen. Du könntest dir dazu folgendes überlegen:

  • Du hast durch ein gedankenloses (weiter unten mehr dazu) vorgehen jemanden vor den Kopf gestoßen. In unserem Bereich ist so eine Verspätung erst mal eine derbe Unhöflichkeit.
  • Es wäre dir schon zumutbar gewesen, dich vorher über die Gültigkeit deines Tickets zu informieren.
  • Die meisten Menschen verfügen heute über ein Mobiltelefon, mittels dessen du rechtzeitig eine Nachricht hättest senden können.
  • Eine stocknüchterne Entschuldigung/Erklärung hätte ausgereicht, wenn Buddha persönlich auf dich hätte warten müssen - aber ein Mensch, der dir zudem noch gefühlsmäßig nahe steht, hat schon andere Erwartungen. Man muß nicht heucheln, um Worte und Gesten des Bedauerns vorzubringen, unterstrichen werden kann dies mit dem Vorschlag einer netten Entschädigung (um das Wort "Strafe" zu vermeiden).

Zurück zur Frage/Aussage:

  • aber ich muss doch starke Emotion zeigen, dass sie mir glaubt, dass ich es nicht auf die leichte Schulter nehmen. Daran erkennt man ja, ob einem andere nicht egal sind, wenn sie Zeichen von Leid tragen.

Ich meine, jeder verständige Mensch sollte keine übertriebene Reaktion fordern. Niemand erwartet, daß du dir einen Finger abhackst oder "Harakiri" begehst.

Zum Schluß möchte ich aber doch zugeben, daß das von dir beispielhaft aufgeführte Problem in der Tat quasi eine Gratwanderung sein kann bzw. ist. In einer "Ellbogengesellschaft" wird häufig erwartet, daß man knallhart reagiert und es wird einem schnell unterstellt, daß man "gemeinsame Werte/Interessen" nicht ausreichend vertritt.

Im Interesse eines gedeihlichen Zusammenlebens mußt du also die unterschiedlich möglichen Reaktionen/Erwartungen Betroffener bedenken. Das geht auch ohne daß du ihnen etwas vorspielst.


HerrNovember 
Beitragsersteller
 29.08.2020, 19:37

Vielen Dank. Das war eine gute Antwort.

Ich muss erwähnen, dass ich sobald ich es merkte sie natürlich sofort angerufen habe.

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satian  30.08.2020, 09:37
@HerrNovember

Vielen Dank für deine anerkennenden Worte sowie die Ergänzung, die anzeigt, daß ich dir (natürlich unbeabsichtigt) eine Unterlassung vorgeworfen bzw. unterstellt habe. 

Ich möchte diese Antwort aber auch noch für ein paar Ergänzungen nutzen, auf die ich durch eine andere Antwort auf deine Frage angestoßen wurde. Der Beitrag von mendrup ist zwar eine ausgezeichnete Analyse, berücksichtigt meines Erachtens aber nicht ausreichend, daß wir (zumindest ich und du) noch nicht perfekt sind sondern uns erst auf dem Weg zu dem hehren Ziel bemühen. 

Deiner Frage konnte ich nicht entnehmen, daß du deiner Freundin etwas vorspielen wolltest. In (aller)letzter Hinsicht kann man es zwar wirklich egozentrisch und selbstsüchtig nennen, aber schließlich sind wir doch nur bemühte "Normalos" im Gegensatz zu ordinierten Mönchen und Nonnen, die vielleicht schon kurz vor dem Erwachen stehen. Auch Buddha wußte über diese Gegebenheit Bescheid und hat deshalb sogar seinen Ordensangehörigen zahlreiche Anweisungen auferlegt, die den Umgangserwartungen der (noch nicht erwachten) Bevölkerung entgegenkommen. Du kannst mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, daß – würde Buddha heute noch leben – der Vinaya Pitaka die deutsche Steuergesetzgebung bei weitem in den Schatten stellen würde. 

Ansonsten: Gelassenheit, Gleichgültigkeit u. ä. können rein sprachlich sehr konträr aufgefasst werden. Man muß schon ziemlich tief in die Lehre des Erwachten eingedrungen sein, um unsere Sicht zu verstehen. Ich glaube, daß du trotz mancher noch vorliegender Unsicherheiten schon auf dem richtigen Weg bist. Erwarte nicht, daß mit einer theoretischen Einsicht gleich eine komplette Umstellung deiner Gewohnheiten erfolgt.

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