Aristoteles: Welche Leidenschaft hat keine Mitte?

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Ja, es gibt solche Leidenschaften nach der Ethik des Aristoteles.

Aristoteles versteht ethische Tugend als (richtige) Mitte, die zwischen einem Zuviel (ὑπεϱβολή [hyperbole]; Übertreibung/Übermaß) und einem Zuwenig (έλλειψις [elleipsis]; Zurückbleiben/Mangel) liegt.

Die Tugenden/Vortrefflichkeiten des Charakters haben einen Bezug zu Leidenschaften und diese sind mit Lust und Schmerz verbunden (Aristoteles, Nikomachische Ethik 2, 2; 2, 4; 2, 5).

Die Mitte (μεσότης [mesotes[) bei Aristoteles ist eine innere Haltung/Einstellung (ἕξις [hexis]; lateinisch: habitus); denkbar ist, sie als eine Verhaltensdisposition zu bezeichnen). Sie findet und wählt bei den Leidenschaften und Handlungen das Mittlere. Die Mitte bzw. das Mittlere ist nicht einfach Mittelmäßigkeit, sondern es geht um das für jemand in einer Lage Angemessene. Was dies ist, kann durch Vernunft/richtige Überlegung ermittelt werden.

Nach der von Aristoteles vertretenen Ethik gibt es Leidenschaften (πάθη [pathe]; Singular: πάθος [pathos]), die keine (richtige) Mitte haben. Aristoteles, Nikomachische Ethik 2, 6, 1107 a 8 – 13 nennt als Beispiele für Leidenschaften, bei denen keine richtige Mitte möglich ist, Schadenfreude (ἐπιχαιρεκακία), Unverschämtheit/Schamlosigkeit (ἀναισχυντία) und Neid (φθόνος). Sie sind in sich schlecht.

Bei vielen Leidenschaften gibt es aber nach der von Aristoteles dargelegten Auffassung Zuviel, Zuwenig und (richtige) Mitte, so z. B. (Aristoteles, Nikomachische Ethik 2, 5, 1106 b) bei Angst/Furcht (φόβος) und Mut/Zuversicht (θάρσος), Begierde (ἐπιθυμία), Zorn (ὀργή) und Mitleid/Erbarmen (ἔλεος).

Keine Leidenschaft hat eine Mitte (es heißt nicht umsonst Leiden...).

Mitte bedeutet gleichgewicht. Dabei bedeutet Mitte nicht unbedingt gleich viel von allem, sondern so viel wie man braucht (maß halten)

Das Problem ist, wenn du aber etwas leidenschaftlich machst, dann willst du immer mehr und mehr.

p.s.:

Upss du wolltest es auf Aristoteles Lehr beziehen, habe es wohl irgendwie übersehen, aber vielleicht hilft es dir dennoch.

Hm,- du hast dir doch die Antwort schon selber gegeben: die Mitte liegt in der Fähigkeit, Leidenschaft und Vernunft gleichwertig zu verbinden. Dann sind beide 2 Seiten derselben Medaille, die man >Leben< nennt weil es einerseits lebendig ist ohne andererseits dabei sich (oder anderes Leben) zu zerstören. ;-)

Gruß

Ich glaube da hast du etwas gründlich falsch verstanden. Leidenschaften haben keine Mitte. Schon gar keine "richtige Mitte"! Leidenschaften schaffen, wie das Wort sagt, Leiden.