Arbeitsalltag im Einzelhandel - wie am besten damit umgehen?
Moin. Ich brauche bitte mal einen Rat.
Ich arbeite seit 2 1/2 Jahren im Lebensmittel Einzelhandel und habe tagtäglich mit Kunden zutun. An sich kein Problem für mich, da eigentlich gerne unter Menschen bin.
Aber irgendwie geht das in letzter Zeit ziemlich zurück dass ich am liebsten alles hinschmeißen und mir irgendwas im Büro oder so suchen würde. Dafür bin ich zum Beispiel eigentlich gar nicht und verstehe mich ja an und für sich auch gut mit dem Großteil meiner Kollegen. Problem ist da eher die Kundschaft.
Der Laden ist nämlich in einem Viertel, wo die Leute etwas beleidigender und aggressiver sind. Zwar hat man überwiegend Laufkundschaft, da eine Hauptstraße um die Ecke ist, wo viele nach der Arbeit mit dem Auto einkaufen kommen, aber größtenteils kommen die Kunden aus dem Viertel. Und in letzter Zeit ist es mit dem Verhalten sehr schlimm geworden dass ich mittlerweile tatsächlich auch Angst habe zur Arbeit zu gehen, mich aber nicht traue deswegen zum Arzt zu gehen.
Ich werde nämlich tagtäglich von irgendwelchen Kunden beleidigt, zum Beispiel weil ich angeblich unfreundlich bin, weil den Kunden irgendwas nicht passt. Bedroht werde ich auch hin und wieder und weiß langsam nicht mehr weiter.
Mir ist auch aufgefallen dass die älteren Kollegen grundsätzlich respektvoller behandelt werden, als die jüngeren. Ich zum Beispiel bin 24, sehe aber etwas jünger aus. Oft bekomme ich zu hören dass ich eine billige Aushilfskraft sei (obwohl ich Vollzeit arbeite), zum Beispiel wenn ich eine PLU für einen Artikel brauche und zum Regal gehe oder einem Kollegen über das Headset anfunke, der nicht in der Liste ist, oder ein Artikel nicht durch die Kasse geht. Die meisten Kunden gehen dann davon aus dass ich unfähig bin und zeigen mir das dann auch mit verschiedenen Sprüchen.
Es gibt auch Kunden, die schauen mich von Anfang an grimmig an, sind genervt, sprechen kein Wort mit mir und sagen dann am Ende dass ich unfreundlich bin. Oder welche die ihre Laune an mir rauslassen, pöbeln und mir an den Kopf knallen dass ich keine Erziehung bekommen habe und respektlos gegenüber Erwachsenen bin. Und das nur weil ich den Kunden in solchen Momenten ignoriere, wenn sie pöbeln.
Am Ende bin ich die Schuldige, wenn ich kontern würde und sich der Kunde beschwert. Das habe ich nämlich anfangs gemacht. Kunden die mir blöd gekommen sind, bin ich auch blöd gekommen. In Hoffnung dass sie merken dass ich deren Verhalten widerspiegele und sich vielleicht entschuldigen. Aber Pustekuchen. Am Ende hat Chef davon Wind bekommen und seitdem hat er mich durchgehend auf dem Kieker und wartet nur darauf bis ich Fehler mache.
Mit dem Chef kann man allgemein nicht wirklich reden, wenn man ein Problem hat, da er größtenteils schlechte Laune hat, wir Mitarbeiter sie abbekommen, kritisiert und seine Worte immer wieder sind „Der Kunde ist König.“ - „Man muss eine harte Schale haben und es über sich ergehen lassen.“ Und das sagt er zu jedem.
Aber ich kann mir das alles ja nicht weiter gefallen lassen - oder muss ich das? Ich merke nämlich auch dass das langsam auf meine Psyche übergeht und mir selbst privat nur noch Gedanken über die Arbeit mache, was ich falsch mache und wie ich es den Kunden recht machen kann. Ich brauche einen Rat.
6 Antworten
Der beste "Trick" im Umgang mit Kunden: Lächeln! Immer. Auch dann, wenn du dich nicht danach fühlst. Im Zweifel ganz bewusst Mundwinkel hoch ziehen! Und dann die Menschen, die dich gerade ansprechen, mit diesem Lächeln anschauen. In dem Moment mit absolutem Tunnelblick - du siehst und hörst nur diese Person!
Das sorgt dafür, dass dein Gegenüber gleich eine erste Runde entwaffnet ist und in den allermeisten Fällen gar nicht erst genervt oder anderweitig negativ mit dir spricht.
In den Fällen, wo das dann doch mal vorkommt, sollte dein erster Satz immer sein "Ich verstehe, dass Sie das stört, das tut mir leid.". Völlig egal, ob das Problem des Kunden aus deiner Sicht wirklich eins ist, völlig egal, ob du was dafür kannst oder nicht - Verständnis und Bedauern ausdrücken ist auch wieder so ein ganz großer Aspekt der Entwaffnung!
Mit dieser Vorgehensweise sparst du dir locker 99% der Konflikte und unschönen Situationen. Und du wirst sehr viel seltener von den Kunden negative Kommentare oder so bekommen.
Das 1%, was dann immer noch bleibt, ist der Anteil, der nun mal leider in Berufen mit Kundenkontakt dazu gehört. Um hiermit besser umgehen zu können, kannst du mit deinem Chef mal über die Möglichkeit für Weiterbildungen zum Umgang mit schwierigen Kunden sprechen.
Mach dir aber vor allem bewusst, dass die wenigsten Kunden wirklich dich als Person meinen, sondern maximal die Rolle, die du in deinem Beruf hast. Diese Erkenntnis kann dabei helfen, eine unsichtbare Schutzmauer um sich herum aufzubauen, in die du ganz bewusst die Kunden nicht rein lässt. Nicht zu verwechseln mit unnahbarem oder abweisendem Verhalten! Aber eben eine Schutzmauer, an der Beleidigungen abprallen, weil sie ja nicht dich als Mensch, sondern maximal dich als Mitarbeiterin des Ladens, mit dem sie gerade unzufrieden sind, meinen.
am liebsten alles hinschmeißen und mir irgendwas im Büro oder so suchen würde
Nur ein ganz kleiner Einwand von jemandem, der „im Büro oder so“ arbeitet: Auch dort hat man Kunden, und die einzigen Unterschiede sind, dass die Leute einen eher am Telefon oder per E-Mail anmachen und dass man derartige Erlebnisse seltener hat, weil man insgesamt weniger Kunden hat als die Laufkundschaft im Einzelhandel. Im Endeffekt läuft es aber auf dasselbe hinaus wie das, was du beschreibst. Ich finde es auch krass, kann dir allerdings auch versichern, dass dies kein rein deutsches Problem ist, sondern überall auf der Welt zu finden ist. Ich finde dein „Spiegeln“ des Verhaltens übrigens gut, ich mache das auch so. Wenn jemand der Meinung ist, ich sei unfähig, darf er sich gerne an einen der anderen Kollegen wenden, tschüss. Wenn jemand zu ausfallend wurde, habe ich schon unkommentiert den Hörer aufgelegt. Und wenn jemand schlechte Sprache verwendet, tue ich das auch. Manchmal bringt es etwas… Andererseits muss man aber auch sagen, dass die Leute ganz häufig selbst auch unter Druck oder Stress stehen, dass man selbst in der Rolle des Kunden eventuell auch schon mal nicht ganz vorbildlich reagiert hat und dass das außerdem auch ein bisschen damit zusammen hängt, dass trotzdem einfach immer noch sehr viele Leute diese Jobs machen….
Alles soll reibungslos laufen, was unrealistisch ist.
Wie sehr kannst du dir selbst Schwächen und Fehler erlauben?
Bei Hindernissen und gewissen Auffälligkeiten wird gepöbelt.
Du versuchst an mehr Respekt zu kommen, weil du unter all den fiesen Anmachen verständlicherweise leidest.
Wenn man diesen täglich schutzlos ausgeliefert ist, wünscht man sich natürlich etwas mehr Harmonie und Respekt.
Aber ich kann mir das alles ja nicht weiter gefallen lassen
Warum nicht?
Was würde deiner Ansicht nach dann passieren?
Ich merke nämlich auch dass das langsam auf meine Psyche übergeht
Ja klar, was uns so intensiv begegnet, hat natürlich Einfluss.
Aber!:
Ohne Respekt vor der Wahrheit verliert sich auch der Respekt vor den Mitmenschen.Oliver Huq
was ich falsch mache
An deiner Stelle würde ich innerlich und mental daran arbeiten, all die Fisematente unpersönlich zu nehmen.
Du siehst ja, wie falsch sie mit ihren Aussagen liegen. Sie kennen dich nicht. Sie haben nur selbst in sich diese negativen Gedanken, die du abbekommst. Wozu solltest du das ernst nehmen?
Und das nur weil ich den Kunden in solchen Momenten ignoriere, wenn sie pöbeln.
Finde ich ne gute Möglichkeit für dich.
Die Kunden aber merken dann, dass du bei ihrem Spiel nicht mit machst und dass ihre Negativität bei ihnen selbst bleibt, obwohl sie sie eigentlich los werden wollten. Das passt ihnen dann auch nicht. So provozieren sie weiter. Sie wollen ja Streit und Schuldige, um eigene Negativität loszuwerden. Eben, weil es sich schlecht damit lebt.
und wie ich es den Kunden recht machen kann.
Darin sehe ich nicht die Ursache, somit auch keine Lösung.
Eigentlich geht es doch dir schlecht dabei. Uns allen ginge es wohl schlecht dabei. Wer schon will häufig blöd angemacht werden?
Dann ginge es doch vielmehr darum, dass du es dir recht machst, oder?
Du brauchst doch einen Rat, oder?
Darf das sein?
was ich falsch mache
An deiner Stelle würde ich mir weiter Gedanken über das Thema Respekt, Rücksicht machen.
Wann und wo immer bist du rücksichtsvoll, wann rücksichtslos dir selbst ggü?
Da können einem erst mal ein paar Dinge dazu einfallen, andere erst mit der Zeit.
Respekt kann man so gut wie nie einfordern.
Das kannst du bestätigen, weil du erfreulicherweise schon ausprobiert hast.
Was bleibt einem dann noch?
Respekt muss man sich verdienen. Wie denkst du darüber? Hast du Respekt verdient? Welche deiner negativen Gedanken über dich stören dabei? Oder glaubst du eher was falsch zu machen und dir Respekt erst noch verdienen zu müssen, etwa, indem du noch mehr Leistung bringst oder anderes?
Wie ging man in deiner Kindheit in Sachen Respekt in deiner Familie um?
Wie sehr kannst du dich berücksichtigen, egal wann und wo immer?
Wieviel Rücksicht lässt du dir selbst zukommen?
Gibt es Lebensbereiche oder Bedürfnisse von dir, die du mehr berücksichtigen solltest?
Also du siehst schon, alles rund um Rücksicht.
Sich selbst sollte man dabei keinesfalls auslassen. Nicht aber, um sich selbst Schuld zu geben, sondern Missstände bei sich selbst aufzudecken, um sie selbst zu ändern, weil sich dann alles ändert. Nur deswegen!
Du könntest auch dich ansprechende Artikel oder Videos im Internet dazu finden und dich damit auseinandersetzen, um etwas zu verändern oder zu üben.
Aber ich kann mir das alles ja nicht weiter gefallen lassen - oder muss ich das?
Das entscheidest du selbst.
Möchte man etwas ändern, dann ist man im Idealfall immer selbst die Veränderung, die man sich wünscht, weil dies am wirkungsvollsten ist und weil man andere nicht so leicht ändern kann, sich selbst aber immer.
Den höchsten Respekt genießen die Respektlosen.Erhard Horst Bellermann
Kunden die mir blöd gekommen sind, bin ich auch blöd gekommen.
Eigentlich eine gute Strategie, nur, dass du dafür keinen Rückhalt bekommst.
Ich sage zudem, dass du dir selbst auch keinen Rückhalt dafür gibst. Prüfe deine Gedanken dazu, wie du über dich denkst, wenn du dich wehrst und ebenos rübelhaft bist und entgegnest.
Oder willst du so eine Situatione eher vermeiden, weil du womöglich schon schmerzliche Erfahrungen damit gemacht hast?
Hinterfrage dich gerne offen und ehrlich, aber nur, um an Antworten zu kommen, nicht, um dich dafür abzuwerten.
Alle Antworten brächten dich Lösungen näher.
Sehe alles eher als gesunde Herausforderung.
Denke offener und weiter darüber, damit du sie meistern kannst.
Mit dem Chef kann man allgemein nicht wirklich reden, wenn man ein Problem hat, da er größtenteils schlechte Laune hat, wir Mitarbeiter sie abbekommen, kritisiert und seine Worte immer wieder sind „Der Kunde ist König.“ - „Man muss eine harte Schale haben und es über sich ergehen lassen.“ Und das sagt er zu jedem.
Welche Lösung würdest du als Chef deinen Angestellten bieten?
" Hast du Respekt verdient?". Also,sorry die Frage erübrigt sich schon von ganz alleine.Egal wo ich hingehe, schnauze ich keine Mitarbeiter an oder beleidige sie. Man sollte allgemein seinen Mitmenschen respektvoll entgegentreten.
Und sie sitzt dort ja nicht, damit irgendwelche Hirnverbrannten ihre scheiß Laune an ihr auslassen können.
Und welche Lösungen sie als Chef ihren Mitarbeitern anbieten würde, ist mal sowas von uninteressant hier. In ihrem Fall steht der Chef nicht zu seinem Team und das werden auch die Kunden schon gemerkt haben.Deshalb legen sie so ein Verhalten an den Tag, weil sie gemerkt haben dass sie machen können was sie wollen.
Jeder vernünftige Chef hätte dahingehend schonmal was gesagt.Ich hatte gott sei dank noch nie das Problem dass irgendein Chef nicht hinter uns Mitarbeitern stand.
Das tut mir leid! Viele Leute sind selbst unzufrieden und lassen das dann gerne irgendwo ab. In dem Fall beim einkaufen, wenn irgendwas nicht gut oder schnell genug klappt.
Könntest du deinen Chef nach Fortbildungen für dich bezüglich Umgang mit schwierigen Kunden bitten? Das würde wahrscheinlich auch anderen Mitarbeitern deiner Filiale helfen!
Oder belege online abends oder am Wochenende Weiterbildungen zum Thema Umgang mit (schwierigen) Kunden. Dann wird es schon besser.🍀🍀
Also erstmal würde ich den Kunden nett begrüßen und ihm ein lächeln schenken, was du bestimmt auch machst :)
So, wenn er dann unfreundlich ist, einfach mal direkt und bestimmend sagen, "reden sie anständig mit mir, das tue ich auch mit Ihnen!" Ich sage das dann in einem härteren Tonfall (nicht laut, aber bestimmend). Hat meistens immer geholfen.
Wenn du zu hören bekommst dass du "ne billige Aushilfe bist" kannst du ruhig antworten, "nein, billig schon mal gar nicht und ich arbeite Vollzeit.Aber trotzalledem weiss ich nicht jeden Preis oder jede Nr. von über 10.000 Artikeln auswendig. Und woher nehmen Sie sich das Recht so über mich zu urteilen?"
Traurig dass euer Chef nicht hinter euch steht.Harte Schale ja, aber Fussabtreter brauchst du nicht spielen. Wenn ein Kunde uns beleidigt, dann springt schnell eine Kollegin ein oder eine Kollegin stellt sich an die Seite zur Verstärkung.
Kannst du evtl.mit deinem Verkaufsleiter reden? Oder dich in eine andere Filiale versetzen lassen? Ich würde das auch mit dem Chef irgendwo nochmal ansprechen.Weil das ist totaler Blödsinn.Du sitzt da nicht um der Fussabtreter zu sein
Mich hat ein Kunde (Ausländer) mal als Nazi beschimpft weil ich in den Einkaufswagen geschaut habe.Ich (bin selber ne Ausländerin, habe überhaupt keine deutschen Wurzeln), bin aufgestanden, habe meine Vertretungskraft gerufen und gesagt, "ich bediene keinen der mich ohne Gründe beleidigt und dann noch mit so einem Nazi-scheiss.Meine Familie ist damals von den Nazis angegriffen worden, ich hab 4 Nationalitäten, keine davon deutsch, ich kann dem gleich mal Nazi zeigen.So ein Spruch geht gar nicht, den kassier ich nicht mehr ab." und bin nach hinten gegangen, meine Kollegin (türkisch, genau wie der Kunde) hat dem Kunden klipp und klar gesagt, dass solche Sprüche nicht gehen und dass sie grad eine "Ausländerin" als Nazi betitelt haben, was schon peinlich ist.
Wenn es irgendwem nicht passt, soll er mich doch kündigen.Bin dann sehr auf die Begründung gespannt.Evtl. klärt man den Rest auch vor Gericht.
Versuche mal dahingehend ein Bisschen "Druck" auf deinen Chef auszuüben, denn wenn du nicht mehr da bist, dann muss er dort vorne sitzen und sich beleidigen lassen....