Als Fortgeschrittener Klavierunterricht nehmen?


24.07.2022, 15:02

Um ganz konkret zu werden, ich übe seit etwa einem 3/4 Jahr mit Pause dazwischen Rachmaninoffs 3. Klavierkonzert, das ich inzwischen (unsauber und etwas langsamer) gesamt runterspielen kann. Jetzt nehme ich mir immer wieder verschiedene Stellen vor und verbessere sie langsam und solide. Zum Beispiel nehme ich mir in einer Woche zwei schwierige Seiten speziell vor und übe diese sehr langsam. Diese sind im Unterricht aber schnell runtergespielt und dann heißt es, ich solle weiter spielen. So spiele ich im Unterricht schließlich einen ganzen Satz durch, sodass das was ich in der Woche eigentlich geübt habe nur etwa 10% des Unterrichts ausmacht.

Darum denke ich, dass ich in dem Unterricht zukünftig mehr Mozart und Beethoven spielen sollte und mir für den Rachmaninoff jemanden spezielles suche, sobald ich soweit ich mit dem Selbststudium soweit bin.

4 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Hallo, lieber Mathmaninoff.

Das Problem scheint ein grundlegendes zu sein, welches ich vor vielen Jahren ebenfalls hatte: Im Grunde bist du überengagiert und möchtest Literatur spielen, die eigentlich nicht so recht in dein Zeitpensum passt. Der Unterricht leidet natürlich darunter. Dein Lehrer tut dir einen Gefallen damit, ist aber vermutlich ebenfalls recht planlos in seinem Vorgehen (vielleicht ist er nicht gut?) und macht einfach mit, was du dir so vorstellst. Bei mir führte das damals dazu, dass ich irgendwann die bittere Realität wahrgenommen habe und gesagt habe: Ich höre mit dem Unterricht auf. Es dauerte dann auch eine Weile, bis ich wieder autodiadaktisch zu spielen angefangen habe. Aktuell überlege ich mir wieder einen Lehrer zu suchen. Ich bin so weit fortgeschritten, dass ich weiß was ich tue, aber über die Techniken die ich damals im Unterricht gelernt habe, komme ich natürlich ohne Lehrer auch nicht mehr hinaus... Es hat eben alles seine Vor- und Nachteile.

Noch ein Wort zu deiner Ergänzung, und deswegen mein Verdacht, dass du dir, deine Lebenssituation vor Augen, möglicherweise zu viel vornimmst. Ich muss dir nicht erklären, dass das Werk, das du dir ausgesucht hast, sich in allen Belangen an Hochvirtuosen richtet. Natürlich, wenn die Fähigkeiten da sind, warum nicht auch als Laie sich daran versuchen. Dennoch musst du dir vor Augen halten, dass eben kein Ziel da sein kann. Es sei denn natürlich, du hast ein Orchester in petto (mind. gute Amateure vorausgesetzt, besser Profis), die das dann auch mit dir zur Aufführung bringen. Die Frage bleibt also: Ist das wirklich ein Stück, das man als Laie nebenher zum Hauptberuf erlernen sollte? Und diese Frage wird sich auch dein Lehrer stellen, sich aber vielleicht nicht trauen, dir zu sagen: Finger weg von diesem Unterfangen... (Nicht, dass ich dir das sagen würde, um Gottes Willen.) Oftmals jedoch fängt dann auch die Selbsteinschätzung an zu spinnen. Ich hab mich damals mal in einer ähnlichen Situation an Beethovens letzter Sonate versucht und war auch der Ansicht "Ich komm ganz gut durch" (ähnlich wie du mit deinem Rach3). Als ich dann Jahre später ein Video mit meinem Treiben damals gesehen habe war ich erschüttert und habe mich in Grund und Boden für meine Einschätzung geschämt, heute würde mir das nicht mehr passieren.

Also, was ist zu tun? Überdenke deine Zeit, die du fürs Klavier zu "opfern" bereit bist. Überlege genau, was du wirklich spielen möchtest und warum. Sprich über das Problem ganz exakt mit deinem Lehrer und plane mit ihm gemeinsam das weitere Vorgehen. Es bringt nichts, wenn ihr euch gegenseitig hinter euerm Rücken Gedanken macht. Tacheles beiderseits muss auf den Tisch. Das wird ein hartes Gespräch, vllt für beide nicht angenehm, auch das kenne ich aus Erfahrung. Aber das scheint der einzige Weg.

Alles Gute und viel Erfolg. up

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Mathmaninoff, UserMod Light 
Beitragsersteller
 17.09.2022, 13:41

Ich hatte mir bei der Frage eher Erfahrungsberichte über fortgeschrittene Klavierunterrichte erhofft, darum habe ich mit der Auszeichnung noch gewartet, um die Frage eventuell erneut zu stellen. Seit der Revision meiner Stückauswahl ist der Klavierunterricht nun effizienter, sodass ich diese Frage nicht mehr wiedereinstellen brauche. Deine Antwort mit Deiner persönlichen Erfahrung ist für mich auch wertvoll, obwohl ich lieber ein Positivbeispiel gelesen hätte - ich wünsche Dir in dieser Hinsicht und auch sonst auch alles Gute und viel Erfolg.

upbrunce  24.07.2022, 18:00

(Ach ja, "Selbststudium" mit dem Konzert halte ich für waghalsig, aber du wirst besser wissen, wie du technisch drauf bist...)

Hi, spiele selber seit mehr als 10 Jahren Klavier. Wenn du wirklich was lernen willst, spiele klassischen Stücke. Türkischer Marsch oder Mozart Sonaten sind lehrreich und bringen dich weiter. Mit modernen Stücken kommst du überhaupt nicht weiter. Manchmal drucke ich mir zum Spaß eins aus und übe es für ein paar Tage, aber diese Stücke sind super easy, da die linke Hand immer nur das selbe Spielt.

Wenn du also eine Herausforderung suchst, welche dich verbessert, steig umbedingt auf klassische Stücke (Mozart, Beethoven, Chopin sind gut) um

Woher ich das weiß:Hobby – spiele Klavier seit über einem Jahrzehnt

Mathmaninoff, UserMod Light 
Beitragsersteller
 02.11.2022, 16:46

Ich habe sowieso nur klassische Stücke gespielt, zuvor eher Romantik, jetzt konzentriere ich mich gerade auf Mozart, was mich schon weiterbringt. Auf Chopin brauche ich nicht umsteigen, den habe ich früher exzessiv gespielt. Leichte Pop-Musik spiele ich sowieso nicht, wenn Du das mit moderner Musik meinst. Es gibt aber aus dem 20. und 21. Jahrhundert auch noch gute herausfordernde Musik.

Möglicherweise taugt der Lehrer nicht. Wichtig ist ein Lehrer, der auch eine pädagogische Ausbildung aufweisen kann. Seit die Musiklehrer üblicherweise auch eine pädagogische Ausbildung machen müssen, ist das Niveau des Unterrichts enorm gestiegen. Vielleicht findest Du einen bereits fortgeschrittenen Studenten/eine Studentin der/die IGP Musik studiert oder schon fertig und froh um einen Zuverdienst ist.

Ich spiele selbst nicht Klavier, würde aber zu einem Lehrer gehen und dafür auch Geld zahlen, der mir hilft mich zu verbessern und auf einem höheren Niveau ist als ich, sonst funktioniert das natürlich nicht. ;)