Allpass vs Tiefpass?
Hallo zusammen,
bei uns in der Vorlesung sind Allpässe leider etwas kurz gekommen, dennoch würde ich sie gerne verstehen. Wie man die Verstärkung verschiedener OpAmps berechnet ist mir klar, allerdings verstehe ich nicht warum diese Schaltung bei hohen Frequenzen als invertierender Verstärker arbeitet und bei niedrigen Frequenzen als nicht invertierender. Kann das jemand erklären?
Zudem ist mir der Unterschied im Phasengang zwischen einem Tiefpass erster Ordnung und einem Allpass erster Ordnung nicht bewusst. Ein Tiefpass erster Ordnung hat ja bei seiner Grenzfrequenz eine Phasenverschiebung 45 Grad. Wie ist die Grenzfrequenz beim Allpass definiert und was ist der Unterschied zum Tiefpass, abgesehen davon, dass sich der Allpass nicht auf den Amplitudenfrequenzgang auswirkt?
Vielen Dank im Voraus
LG
Lukas
2 Antworten
Hallo Lukas,
ein Allpass-Filter beeinflusst nur die Phase, nicht die Amplitude. Er verschiebt die Phase um bis zu 180 Grad, abhängig von der Frequenz. Bei niedrigen Frequenzen ist die Phase nahezu 0 Grad, bei hohen Frequenzen fast -180 Grad. Die Grenzfrequenz ist dort, wo die Phasenverschiebung -90 Grad beträgt.
Ein Tiefpass-Filter lässt niedrige Frequenzen durch und schwächt hohe ab. Bei der Grenzfrequenz verschiebt er die Phase um 45 Grad und halbiert die Amplitude (3 dB Abfall).
Der Hauptunterschied: Ein Tiefpass ändert sowohl Amplitude als auch Phase, ein Allpass nur die Phase.
LG, [Abdul]
Man geht am besten von der Übertragunbgsfunktion aus. Da beide Eingänge das gleiche Eingangssignal kriegen, besteht die Ausgangsspannung aus der Überlagerung beider Anteile am Ausgang - also kann man auch die Teil-Übertragunbgsfunktionen überlagern.
H1=-R1/R1=-1
H2=[1/(1+sT)]*(1+R1/R1)=2/(1+sT) mit T=RC.
Also H(s)=[2/(1+sT)] - 1=[2-(1+sT)]/(1+sT)=(1-sT)/(1+sT)=1*e^jphi.
Mit phi=arctan(-wT)-arctan(wT)=-2arctan(wT)
Damit durchläuft die Phase (bei konstantem Betrag) den Bereich von 0 Grad bis -180 Grad. Die Grenzfrequenz ist definiert bei w=1/T mit phi_o=-90 Grad.
Zu Deiner Frage: Bei der Frequenz w=0 entfällt die Wirkung des Kondensators und auch der Widerstand R hat keinen Einfluss mehr (es fließt ja kein Strom durch R).
Die Verstärkung ist dann V=+1.
Anschauliche Erklärung (ohne lange Rechnung) : Am nicht-inv. Eingang liegt die Eingangsspannung, die (bei idealem OP) auch am inv. Eingang liegt. Damit fließt auch kein Strom durch R1 und auch am Ausgang liegt der Wert der Eing.Spannung.
Umgekehrt liegt der nicht-inv. Eingnag bei unendlich großer Frequenz auf Masse und die Schaltung arbeitet wie der klassische invertierende Verstärker.
Der Allpass zweiten Grades ist etwas komplizierter im Aufbau Es gibt dabei mehrere Schaltungsvarianten. Ein Allpass dritter Ordung entsteht durch die Reihenschaltung zweier Stufen erster bzw. zweiter Ordung (wird aber praktisch nie benötigt).
Beim Allpass 2. Grades läft die Phase von Null Grad bis -360 Grad - allerdings mit einem Verlauf, der durch die Pol- und Nullstellengüte Qz bzw. Qp einstellbar ist.
Ach - und noch was: Wenn man den RC-Tiefpass durch einen CR-Hochpass vor dem nicht-inv. Eingang ersetzt, erhält man auch einen Allpass, bei dem allerdings die Phase bei -180 Grad beginnt und bei steigender Frequenz gegn Null geht.
Vielen Dank. Weisst du denn wie die Schaltung funktioniert? Wie wäre denn die Phasenverschiebung bei einem Allpass dritter Ordnung?