Wie Ukraines Präsident Selensky sich vorstellt, den Krieg mit Russland beenden zu können (sein sog. "Siegesplan"). Als wie realistisch erscheint er uns?

7 Antworten

Dieser Siegesplan ist insofern ein "Friedensplan", weil er wohl feststellt, dass wenn die Souveränität der Ukraine wieder hergestellt ist, die Ukraine kein Interesse mehr an der Fortsetzung des Krieges hat.

Dass die Wiederherstellung der vollen Souveränität der Ukraine das Kriegsziel Selenskyjs ist, ist allerdings nichts neues. Das hat er zuvor schon gelegentlich bekannt gegeben. Ist diese wiederhergestellt, würde das die Ukraine als Sieg betrachten.

Formal handelt es sich demnach um ein Strategiepapier, denn es werden die strategischen Ziele sowie die Wege und Voraussetzungen zu deren Erreichung genannt. Man könnte das Papier auch als Argumentationsgrundlage gegenüber den Unterstützern der Ukraine bezeichnen, mit dem denen die Begründungen dafür geliefert werden, warum sie welche Waffen liefern und freischalten sollen und welche unterstützenden politischen Maßnahmen sich Selenskyi wünscht.

Dieses Papier ist sicherlich auch im Hinblick auf die geplante zweite internationale Ukrainekonferenz als schlaues politisch-taktisches Manöver zu verstehen, zu der ja laut Selenskyj auch Russland eingeladen werden soll. Was diesen Punkt betrifft, also geschicktes politisches und mediales Verhalten, ist Selenskyj sowieso bei weitem Putin überlegen. Das bestätigt mal wieder meine schon öfters genannte Erkenntnis:

Die Ukraine hat einen Clown gewählt und einen Präsidenten bekommen. Russland hat einen Präsidenten gewählt und einen Clown bekommen.

Russland wird an dieser Konferenz nicht teilnehmen, wenn das Papier Selenskyjs als Diskussionsgrundlage dienen soll. Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, teilte am Samstag in Moskau mit, dass Russland nur dann teilnehmen werde, wenn die Diskussionsgrundlage die von Putin im Juni genannten "geopolitischen Realitäten" wären. Zur Erinnerung: diese "geopolitischen Realitäten" bestanden darin, dass die Ukraine die vollständige Kapitulation akzeptiert und ihre Souveränität aufgibt, sprich von Russland einverleibt wird.

Also insgesamt gibt es nichts neues wie seit über 2 Jahren gehabt. Beide Seiten streben den militärischen Sieg als Grundlage für einen Frieden an.

Als wie realistisch erscheint er uns?

Da sich der Krieg bereits seit einiger Zeit in der Phase der gegenseitigen Erschöpfung befindet, hängt die Realisierung des Planes ganz davon ab, welcher Seite zuerst die Ressourcen ausgehen. Die Russen zehren noch von den Restbeständen in den Lagern aus Sowjetbeständen. Die eigene Fertigung sowie die Lieferungen aus Iran und Nordkorea können jedenfalls den Verschleiß an Munition und Material nicht kompensieren, sondern die vollständige Erschöpfung nur hinauszögern. Bei der Ukraine kommt es darauf an, wie lange und wie intensiv sie ihre Verbündeten zu Lieferungen anhalten können.


grtgrt 
Beitragsersteller
 24.09.2024, 09:04

Man lese https://www.faz.net/aktuell/politik/ukraine/friedensgespraeche-russland-will-nicht-mit-der-ukraine-reden-110001422.html

Es ist eine gefährliche Illusion, dass man mit Zugeständnissen an Wladimir Putin Gesprächen und damit einem Ende des Grauens näher käme. Das Gegenteil ist der Fall: Für ihn wäre das eine Ermutigung, seine Politik der Gewalt fortzusetzen. Der Krieg ist das Lebenselixier seiner Herrschaft.

Hamburger02  24.09.2024, 09:23
@grtgrt

Das brauche ich nicht zu lesen, das ist mir eh schon klar.

grtgrt 
Beitragsersteller
 22.09.2024, 11:53

Die alles entscheidene Frage scheint mir zu sein, was man sich unter einem "militärischen Sieg" denn eigentlich vorzustellen hat. Zu einem wirklich gerechten, dauerhaft stabilem Frieden kann er sicher nicht führen.

Was hier gebraucht wird ist ein Sieg gültigen Völkerrechts, den möglichst viele Mitglieder der UN mit zu garantieren bereit sind.

Ich fürchte sehr, dass Selenskys Plan schon alleine deswegen keinen Aussicht auf Erfolg hat, da er ihn einen "Siegesplan" nennt (statt einen Plan hin zu gerechtem, stabil durchs Völkerrecht garantiertem Frieden).

Würden Sie mir da zustimmen?

Hamburger02  22.09.2024, 12:11
@grtgrt
Ich fürchte sehr, dass Selenskys Plan schon alleine deswegen keinen Aussicht auf Erfolg hat, da er ihn einen "Siegesplan" nennt (statt einen Plan hin zu gerechtem, stabil durchs Völkerrecht garantiertem Frieden).
Würden Sie mir da zustimmen?

Nein. Im Prinzip geht es doch allen darum, dass die Ukraine gewinnt. Das sagt bloß keiner so deutlich wie Selenskyj. Die westlichen Politiker wollen keine schlafenden Hunde wecken und formulieren deshalb zurückhaltender "Russland darf nicht gewinnen", was aber im Prinzip genau das selbe ist. In beiden Fällen ist gemeint, dass die Russen aus der Ukraine rausfliegen und die Ukraine anschließend frei ist, mit wem sie sich verbündet und wo sie eintritt.

grtgrt 
Beitragsersteller
 22.09.2024, 12:27
@Hamburger02

Aus meiner Sicht geht es vor allem darum, dass Russland sein verbrecherisches Handeln auf Dauer unmöglich gemacht wird und der Ukraine Gerechtigkeit widerfährt.

Von einem "Siegesplan" zu sprechen und gleichzeitig davon, dass Russland an der Diskussion diesen Planes mit teilhaben sollte, scheint mir nicht kompatibel zu sein.

Hamburger02  22.09.2024, 13:55
@grtgrt
Aus meiner Sicht geht es vor allem darum, dass Russland sein verbrecherisches Handeln auf Dauer unmöglich gemacht wird und der Ukraine Gerechtigkeit widerfährt.

Und was ist das anderes als Rückgabe der besetzten Gebiete, Reparationen und Beitritt zur Nato und EU?

Von einem "Siegesplan" zu sprechen und gleichzeitig davon, dass Russland an der Diskussion diesen Planes mit teilhaben sollte, scheint mir nicht kompatibel zu sein.

Der Siegesplan richtet sich an die Unterstützer und die Welt. Auf Russland braucht da nicht sonderlich Rücksicht genommen zu werden, weil die auf ihren Maximalforderungen bestehen, egal wie das Kind getauft wird.

grtgrt 
Beitragsersteller
 22.09.2024, 14:29
@Hamburger02
egal wie das Kind getauft wird.

ist es garantiert nicht, da es ja auch zahlreiche Staaten (in Südamerika, Afrika und Asien) gibt, die sich weder dem durch Russland und China, noch dem durch die USA geführten Teil der Weltbevölkerung zuordnen wollen.

Ihre Mitarbeit kann man nur gewinnen mit dem Argument, dass Frieden zwischen Staaten nur herrschen kann, wo Völkerrecht akzeptiert wird.

Ihre Mitarbeit ist zudem besonders wichtig, da vor allem sie als (den Ukraine-Konflikt betreffend) unparteisch urteilend wahrgenommen werden.

Da zu dem Plan offenbar noch keine näheren Details öffentlich gemacht wurden, dürfte es schwer fallen, zum jetzigen Zeitpunkt zu beurteilen, wie realistisch die jeweiligen Inhalte sein werden. Da müsste man erst mehr darüber erfahren, bevor man als kleiner "Normalo" eine passende Einschätzung abgeben kann.

Zudem erscheint es fraglich, ob sich die Gegenseite (also Putin) auf Grundlage eines solchen Planes auf Verhandlungen einlassen wird, egal, für wie gut umsetzbar der gehalten wird. Wenn der Plan Russlands Interessen völlig entgegensteht, wird Putin sich vermutlich quer stellen.


Anonymer1Alfred  22.09.2024, 02:23

Da darfst du aber nicht vergessen, dass es sich um einen Kriegsplan handelt, und nicht um einen Friedensvertrag.

Wenn Putin der Kriegsplan von Selensky nicht gefällt, kann er ja sowieso nichts dagegen tun, außer zu meckern.

Anonymer1Alfred  22.09.2024, 09:32
@smartguy92

Ja, ganz zu schweigen, ob Putin den Kriegsplan überhaupt je zu Gesicht bekommen würde: Denn selbst der beste Kriegsplan würde nutzlos werden, wenn der Gegner ihn zu Gesicht bekäme...

Man sollte das vielleicht erst dann diskutieren, wenn der Plan auch vollständig bekannt ist.

Natürlich ist es realistisch, dass die Ukraine ihr völkerrechtswidrig von Russland besetztes Gebiet befreit, wenn die Unterstützer das dafür notwenige Material zur Verfügung stellen.

Ohne Sicherheitsgarantien kann man als Nachbarland eines solchen Aggressors nicht in Frieden und Freiheit leben. Die NATO-Mitgliedschaft der Ukraine sollte daher die geopolitische Konsequenz aus Putins kriegerischem Imperialismus sein.


Anonymer1Alfred  22.09.2024, 02:28

Der Plan ist doch eigentlich schon mehr oder weniger bekannt: Da die Ukraine weniger Soldaten hat, führt sie einen Guerillakrieg gegen Russland.

Selensky hat dies eben in einem Plan nur konkretisiert,

  • wie und wo genau sie da vorgehen,
  • wieviel Waffen und Munition es bräuchte,
  • und wie lang das halt etwa dauern würde;

Aber eine vollumfängliche Veröffentlichung sollte man nicht erwarten, schließlich sollen die Russen sich darauf ja nicht vorbereiten können. Sonst wär das Alles für die Katz.

Er hofft soviel russisches Territorium zu erobern, was er bei den Verhandlungen gegen die besetzten Gebiete austauschen kann.


grtgrt 
Beitragsersteller
 21.09.2024, 19:24

Deutlich wichtiger dürfte sein, wie entschieden die westlichen Verbündeten der Ukraine Selenskys Plan zu unterstützen bereit sind. Das beginnt schon mit der von ihm gewünschten NATO-Einladung.

titzi4  21.09.2024, 19:27
@grtgrt

Ukraine - jetzt - im Kriegszustand - NATO-Land ?? Soll wohl ein Witz sein.

grtgrt 
Beitragsersteller
 21.09.2024, 20:18
@titzi4

Es geht jetzt einfach nur darum, der Ukraine zu versprechen, dass sie sofort nach Kriegsende als Mitglied der NATO willkommen sein wird.

Das sollte auch im Interesse der NATO sein, denn keines ihrer bisherigen Mitglieder (die USA ausgenommen) hat auch nur annähernd so viel Potential wie die Ukraine, sich im Falle eines nächsten Ost/West-Konfliktes Russland erfolgreich entgegen zu stellen.

Ich denke eher, dass wenn er wirklich glaubt all dies zu bekommen, es langsam Zeit wird, sich professionelle psychologische Hilfe zu suchen.


titzi4  21.09.2024, 19:30

Genau so