Rassismus auch in der Pflege?
Laut unserer Klinikverwaltung sollen Million Menschen mit Migrationshintergrund im deutschen Gesundheitssystem arbeiten. Das ist ein Viertel aller Beschäftigten. Sie sind entweder selbst zugewandert oder haben eine familiäre Einwanderungsgeschichte. Es geht also um rund eine Million Menschen, die in Deutschland alte Menschen pflegen, Operationen durchführen oder soagra als Arzt Medikamente verschreiben, die aber wegen ihres Aussehens, Namens oder Akzents potenziell rassistischen Übergriffen ausgesetzt sind.
Im Gesundheitswesen arbeiten überdurchschnittlich viele Menschen mit Migrationshintergrund. Wegen des Fachkräftemangels wird dieser Anteil wahrscheinlich noch weiter steigen, Deutschland wirbt auch gezielt Fachkräfte im Ausland an. Trotzdem gibt es kaum Studien und nur wenige Medienberichte über Rassismus gegen medizinisches Personal.
Auch unserer älteste Tochter (Meine Frau ist ursprünglich aus West-Namibia, Niederlandisch) sieht man ihre Herkunft an:
Bei ihrem Praktikum in der Alterspflege kam es oft zu Situationen, in denen sie uns fast den Tränen nahe berichtete, dass die Pflegebedürftigen sie beispielsweise als „Scheiß-Ausländer“ beschimpfen oder meinten "Nein, sie brauchen mir nicht die Windel zu wechseln. Würden Sie bitte ihre deutsche Kollegin rufen".
Das tut mir schon weh, gerade wenn es Deine Familie betrifft.
Wenn Du die Augen zumachst und mit unserer Tochter sprichst merkst Du keinerlei Dialekt, denn sie ist ja hier geboren und in Deutschland aufgewachsen. Nur ihr Aussehen unterscheidet sie 🤷♂️
Habt Ihr auch solche Erfahrungen gemacht, vielleicht sogar selber als etwas dunkelhäutige Person oder als Person, die wegen ihrem Aussehen oder Herkunft abgelehnt wurde ?
11 Antworten
Bei uns in der Einrichtung gab es jetzt eine harte Diskussion deswegen.
Wir haben einen neuen, türkischen Pfleger, drei Bewohnerinnen wollten sich von ihm nicht pflegen lassen, wobei es bei einem deutschen Pfleger kein Problem ist.
Nach sensiblen Gesprächen mit den Betroffenen, nach ihren Gedanken, Gefühlen und Befürchtungen war klar, das südländische Aussehen führt zu Verunsicherung, teilweise auch zu Angst.
Alle drei sind weit über achtzig und finden es befremdlich und fühlen sich unwohl. Teilweise vermute ich das die Kommunikation auch nicht gut klappt, nicht wegen mangelnder Deutschkenntnisse sondern weil der Smalltalk komplett ausbleibt.
Natürlich kam im Team das Thema Rassismus auf den Tisch, ich halte das für Blödsinn. Ich denke wenn die Bewohner den Pfleger erst besser kennen wird sich das geben. Das hängt aber auch auch von ihm ab, wer stumm wie ein Fisch ist, muss an seiner Fähigkeit zur Kommunikation arbeiten.
Die beliebteste Pflegekraft auf unserer Station singt zB Volkslieder mit den Bewohnern wenn sie geduscht werden, alle finden das klasse
Vor dreißig Jahren hatten wir mal einen "Fall", dass sich eine alte Frau nicht von unserem sehr dunkelhäutigen indischen Kollegen pflegen lassen wollte. Wie sich herausstellte, war sie 1945 von dunkelhäutigen französischen Soldaten (aus Frankreichs Kolonien) mehrfach vergewaltigt worden. Aber ansonsten sind gerade unsere Kollegen mit afrikanischem Migrationshintergrund besonders beliebt bei den Pflegebedürftigen.
in SÄMTLICHEN berufen, firmen, behörden, vereinen, verbänden usw. gibt es menschen mit dem IQ eines besenstiels, die ihren rassismus so offen rauslassen.
eine art "lerneffekt" würde nur eintreten, wenn man so einem menschen die ihm zustehende dienstleistung rigoros verweigert, aber das ist gerade für menschen in pflegeberufen so gut wie undenkbar.
da hilft nur ein dickes fell oder intelligente/schlagfertige reaktionen. schließlich ist ein/e krankenpfleger/in in einer art "machtposition" gegenüber dem patienten, der auf das handeln des pflegepersonals angewiesen ist.
schließlich hat es das personal in der hand, ob man grob oder sorgfältig, schnell oder erst nach wartezeit, freundlich oder mürrisch/patzig auf patienten einwirkt, ohne die notwendige versorgung zu vernachlässigen.
Danke Dir, genau das haben wir dann auch Zuhause besprochen - aber leider verstehen die nur die Wenigsten 😨
Auch wenn es nicht deine eigentliche Frage beantwortet: Dass deiner Tochter so was passiert, tut mir leid. Aber man muss da auch bedenken, dass pflegebedürftige Menschen nicht mehr grundsätzlich "bei Verstand sind" und noch dazu oftmals aus einer anderen Generation kommen ("vom alten Schlag sind"). Auch wenn es einem zusetzt, solche Angriffe sollte man nicht persönlich nehmen und sich eine dicke Haut zulegen.
Alte Menschen ändern sich nicht mehr, oft kommen ihre negativen Seiten vermehrt zum Vorschein.
Wie sie bei solchen Angriffen reagieren kann: Wenn sie diese Arbeit beim Klienten nicht ausführt, dann kommt halt niemand. Dann liegt er oder sie in der Sch... Er oder sie sollte eigentlich froh sein, dass es Ausländer gibt, welche diese Arbeit machen. Anscheinend sind sich die Deutschen zu schade dafür, diese Arbeit zu machen (stimmt zwar so nicht unbedingt, kann aber helfen, Lästermäulen das Maul zu stopfen).
Und sie sollte das in der Supervision ansprechen, wenn es eine gibt, oder mindestens dem Vorgesetzten melden. Auch wenn diese nicht unbedingt etwas machen können. Aber dann muss sie nicht alleine damit fertig werden.
Recht herzlichen Dank für Deine Meinung und den Lösungsansatz 👍💕
Rassismus ist leider ein Problem in vielen Ländern und immer ein Schuss ins eigene Knie. Man müsste davon ausgehen, dass dank der wissenschaftlichen Erkenntnisse mehr Aufklärung folgt und rassistische Propaganda weniger werden würde. Paradoxerweise erkennen wir derzeit aber, dass eben rassistische Ideologien und Propaganda wieder vermehrt stattfinden. Schwierige Situationen und damit umzugehen, ist echt nicht immer einfach.