Warum ist die LGBT-Community so vulgär geworden?
Hallo,
als schwuler Mann, der fest daran glaubt, dass Homo- und Transsexuelle für ihre Rechte eintreten sollten, fällt es mir zunehmend schwer, mich mit der aktuellen LGBT-Community zu identifizieren. Je mehr ich mich damit auseinandersetze, desto weniger sehe ich mich als Teil dieser Gemeinschaft, sowohl ideologisch als auch moralisch.
Mir ist bewusst geworden, dass die Community immer häufiger durch vulgäres und provokantes Verhalten auffällt. Das zeigt sich jedes Jahr bei Veranstaltungen wie dem CSD oder der Pride Parade, die oft von exzessivem Saufen und Fetisch geprägt sind. Die öffentliche Zurschaustellung von Fetischen und Nacktheit wird von einigen dabei als integraler Bestandteil der Pride verteidigt. Man hört oft: „Kink und Pride schließen sich nicht aus, sondern gehören zusammen“. Für mich klingt das eher nach Exhibitionismus.
Auch die Auftritte sogenannter „queerer“ Künstler scheinen hauptsächlich auf Provokation abzuzielen, sei es durch sexuelle Inhalte oder anderweitig obszöne Darstellungen. Die politischen Forderungen der Community sind in meinen Augen ebenfalls zunehmend absurd. Frauen werden als „Nicht-Männer“ bezeichnet, Lesben als „Nicht-Männer, die Nicht-Männer lieben“, und jeder kann als Transperson gelten, wenn er sich nicht mit traditionellen Geschlechterrollen identifiziert oder als Kind gerne rosa trägt. Das hat nichts mehr mit der ursprünglichen Bedeutung von Geschlechtsdysphorie zu tun.
Mit meinen 23 Jahren finde ich es traurig, dass solche Menschen den öffentlichen Diskurs dominieren und sich in ihren liberalen Blasen abkapseln können. Ich lebe im Ruhrgebiet und erlebe täglich, wie sich die Menschen hier zunehmend distanziert gegenüber Homosexuellen verhalten. Wie konnte es soweit kommen?
Zusammenfassung/TL;DR:
Ich bin schwul und unterstütze die Rechte von Homo- und Transsexuellen, aber ich kann mich nicht mehr mit der aktuellen LGBTQ+-Community identifizieren. Die Community fällt immer mehr durch vulgäres und provokantes Verhalten auf, besonders bei Veranstaltungen wie CSD oder Pride. Die politischen Forderungen sind oft absurd und verzerren die ursprünglichen Anliegen. Es macht mich traurig, dass diese lauten Minderheiten den Diskurs dominieren und die Akzeptanz für Homosexuelle im Alltag, darunter leidet.
9 Antworten
![](https://images.gutefrage.net/media/user/docdespair/1666032794335_nmmslarge__0_0_240_240_01491cf2ae66a3cd00ab6dfcdc2fe76b.jpg?v=1666032794000)
Da verallgemeinerst du aber extrem. Du schließt von ein paar Fällen auf manchen CSDs auf alle LGBT-Menschen und das finde ich vorsichtig gesagt sehr abenteuerlich und realitätsfremd. Man sieht auch so viele LGBT-Menschen, die du in nichts von Heteros unterscheiden könntest. Und auch jede Menge queere Künstler/innen, die gar nicht obszön sind.
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Es gibt keine einheitliche LGBT-Bewegung. Und Provokationen kann ich da auch kaum erkennen. Also, wer sich dadurch noch provoziert fühlt, hat wohl lang hinter dem Mond gewohnt. Und bei der Loveparade, Folsom Street, wo Heteros dominieren, und dem Oktoberfest siehst du auch nichts wirklich Provokativeres. Oder auf Mallorca am Ballermann. Aber weil es LGBT-Menschen sind, kann man sie natürlich wieder gut mit dem Vorwand in die Pfanne hauen. Die meisten CSDs sind Straßenfeste mit Einkehr, wo viele Familien hingehen. Wo soll da der Skandal sein?
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Es gibt keine einheitliche LGBT-Bewegung.
Wenn es keine "einheitliche" LGBT-Bewegung gibt, sollte man eben nicht mit Sammelbegriffen um sich werfen, sich nicht als "Community" bezeichnen und keine einheitliche Pride-Flagge nutzen. Sonst wird man logischerweise auch als einheitliche Bewegung wahrgenommen.
Und bei der Loveparade, Folsom Street, wo Heteros dominieren, und dem Oktoberfest siehst du auch nichts wirklich Provokativeres.
Es gibt durchaus sehr viele Menschen die sich an extremen Oktoberfestbesuchern stören. Das kann ich dir aus eigener Erfahrung versichern.
Bloß warum projizieren die wenigsten ihren Ärger auf die Allgemeinheit der Oktoberfestbesucher?
Weil sich Oktoberfestbesucher nicht vorgeben, gemeinsam für etwas zu kämpfen, sich nicht als Community bezeichnen und sich auch keine Flagge ausgedacht haben, die sie repräsentiert.
Und warum wird das Verhalten beim Oktoberfest meist nur als nervig und befremdlich, aber nicht als "provokativ" empfunden?
Weil der provokative Aspekt bei Pride-Veranstaltungen sich daraus ergibt, dass Leute sich so dermaßen unpassend aufführen, während sie gleichzeitig angeben, sie würden im Namen von "LGBTQ-Personen" für deren Rechte und Akzeptanz demonstrieren.
Dieses Diskrepanz zwischen sich unmöglichem Verhalten und dem Anspruch eine Demo sein zu wollen, lässt die Veranstaltung unseriös, lächerlich und provokant wirken und das wirft leider nicht nur ein schlechtes Licht auf alle anwesenden, sondern leider auch auf alle nicht anwesenden homo-/bisexuellen und transgeschlechichen Menschen.
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Das war früher auch schon so. Viele Leute haben gesagt, daß man sie so kaum ernst nehmen kann und trotzdem haben sie sich mit ihren Rechten durchgesetzt. Das gehört anscheinend irgendwie dazu.
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Ich bin nicht vulgär, weder geworden noch gewesen.
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Ich konnte noch nie etwas mit dieser Community anfangen.
Disclaimer: Wenn ich im Folgenden über "die Community" spreche, beziehe ich mich auf die LGBTQ/Queer-Community, wie sie sich aus meiner Sicht nach außen präsentiert, bzw. auf das Bild, das sie meiner Meinung nach vermittelt. Ich beziehe mich NICHT auf jede einzelne Person, die sich als Teil dieser Community sieht, und möchte niemanden persönlich angreifen.
Sie leben irgendwie in ihrer ideologischen Bubble, und diese wurde im Laufe der Zeit immer radikaler und problematischer, weil ständig nur gegenseitig die eigenen Meinungen und Sichtweisen bestätigt werden und diese dadurch zunehmend extremer werden. Gleichzeitig werden Meinungen von Außen immer stärker abblockt und direkt als feindselig abgestempelt.
Reflektiertes und differenziertes Denken wird sich gewissermaßen gegenseitig abtrainiert, ohne es zu merken. Das ist gefährlich, denn durch ihr problematisches, lautstarkes und medienwirksames Auftreten schaden sie nicht nur dem Image ihrer eigenen Community, sondern auch dem gesellschaftlichen Bild aller Menschen, welche sie durch ihre Sammelbegriffe, Flaggen und Repräsentationsansprüche öffentlich in einen Topf werfen.
Zudem lenken sie mit alldem den Fokus völlig unnötigerweise auf das, was uns von heterosexuellen Menschen unterscheidet, statt diese nebensächlichen Details in den Hintergrund treten zu lassen. Sie spalten uns ab und treiben uns auseinander. Sie ziehen künstlich eine Linie zwischen LGBTQ/Queer und Hetero/Straight.
Pride-Veranstaltungen sind zu einem provokanten und hypersexualisierten Fetischfest verkommen. Diese Veranstaltung hat absolut nichts mehr mit einer ernstzunehmenden Demo zu tun und zieht stattdessen alles und jeden ins Lächerliche, was angeblich von dieser sinnlosen Pride-Flagge repräsentiert wird.
Ich werde jedenfalls nicht dadurch repräsentiert. Weder bin ich Teil einer Community noch eines unsinnigen Sammelbegriffs, noch brauche ich eine Flagge für meine Sexualität.
Wir sind alle individuelle Menschen und Sexualität braucht kein Regenbogen-Branding.
Zusammenfassung/TL;DR:
Ich sehe das ziemlich ähnlich wie du.
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Hier noch ein Video zu dem Thema, das ich ganz interessant finde:
![](https://images.gutefrage.net/media/default/user/8_nmmslarge.png?v=1551279448000)
Mir als cis-Mann gehen die Trans-Frauen, die Feministinnen beschimpfen, wenn sie Trans-Frauen nicht als überzeugende Feministinnen ansehen, auch auf den Nerv.
Insofern danke ich für deinen Beitrag.
Aber Klappern gehört leider zum Geschäft. Selbst bei dem jahrhundertelangen Kampf von Frauen um Gleichberechtigung gab es peinliche Angriffe von Frauen auf Männer. Aber in der Französischen Revolution hatte die Forderung nach Menschenrechten für Frauen noch auf die Guillotine geführt. Dagegen waren manche peinlichen Übergriffe von Blaustrümpfen nun wirklich harmlos.
Doch nochmals Dank, denn auch "ich kann mich nicht (mehr) mit der aktuellen LGBTQ+-Community identifizieren". Ich denke, wenn man sie nicht so ganz ernst nimmt, verliert die Dauerberieselung mit LGBTQ+-Forderungen den provokativen Charakter.
Freuen wir uns doch über die schönen Ergebnisse, die der Kampf um Gleichberechtigung erbracht hat. Und dass er noch nicht abgeschlossen ist, ist ja auch richtig. Demnächst wird dann auch wieder sachlicher argumentiert, so wie im Parlamentarischen Rat, wo die "Mütter des Grundgesetzes" zu Recht darauf hinwiesen, dass "Gleichheit vor dem Gesetz" angesichts der vorhandenen Gesetze eben nicht Gleichberechtigung bedeutete.
Das stimmt. Aber in der Frage geht es ja nicht im Allgemeinen um homo-/bisexuelle und transgeschlechtliche Menschen, sondern explizit um die LGBTQ-Community/Bewegung, in welcher öffentlich provokatives, vulgäres und sexualisiertes Verhalten entweder ausgelebt, befürwortet oder zumindest akzeptiert und heruntergespielt wird.