Begriffsklärung asexuell vs. enthaltsam vs. frigide vs. ...?

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Hallo penunsit,

zunächst einmal hat Frigidität mit Gefühlskälte eigentlich gar nichts zu tun. Heutzutage werden die beiden Wörter eben gerne synonym verwendet, was allerdings faktisch falsch ist. Zudem werden die Adjektive frigide bzw. gefühlskalt häufig abwertend gegenüber sexuell nur wenig oder gar nicht aktiven Menschen - gerade etwa uns Asexuellen - benutzt.

frigide (ein ziemlich altes Wort) = Erlerntes: jmd. scheut alles, was mit Sexualität zu tun hat. Auch Händchen halten, Küssen, kurze Kleidung,...Frigidität ist in vielen Fällen anerzogenes, erlerntes Verhalten ("Sowas macht man nicht, das ist was schmutziges")

Auch dies stimmt so nicht. Der Begriff Frigidität bzw. frigide wurde früher auch Geschlechtskälte genannt und bezeichnet das weibliche Pendant zur männlichen Impotenz. Die Frigidität umfasst also sexuelle Dysfunktionen bei der Frau.

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Frigidit%C3%A4t

Enthaltsamkeit beschreibt den freiwilligen oder unfreiwilligen Verzicht auf sexuelle Aktivitäten, obwohl das Grundbedürfnis danach vorhanden ist. Genau dieses Grundbedürfnis ist der Unterschied zur Asexualität...

Die Asexualität steht für eine Veranlagung, bei der ohne eindeutige Ursache besagtes Grundbedürfnis nach sexuellen Aktivitäten gar nicht vorhanden ist oder zumindest keine sexuelle Anziehung/Erregung durch äußere Reize (Menschen, nichtmenschliche Individuen, Objekte...) verspürt wird. Daraus folgt, dass auch kein Verlangen nach Sex mit anderen Personen besteht. Im Grunde ist Asexualität also zusammen mit (anderen) sexuellen Orientierungen wie Hetero-, Homo- und Bisexualität zu nennen, wenngleich Asexualität genau genommen die Abwesenheit einer sexuellen Orientierung bezeichnet.

Für einen Zusammenhang zwischen einer Krankheit, Störung, Dysfunktion oder einem Trauma und Asexualität gibt es keinen Beleg; auch wenn einige Leute gegebenenfalls ihre durch eine körperliche oder psychische Problematik beeinträchtigten Sexualfunktionen oftmals fälschlicherweise als Asexualität bezeichnen. Denn umgekehrt konnte bei Menschen, die sich als asexuell erleben, noch nie etwas diagnostiziert werden, was ihre Asexualität erklären könnte. Daher geht man davon aus, dass Asexualität vollkommen unabhängig von irgendwelchen Ursachen oder Einflüssen bei grob geschätzt jedem 100. Menschen auftritt.

Kurz gesagt: Von anderen Formen der Sexlosigkeit grenzt sich Asexualität insofern ab, dass es sich bei ihr um weder eine freiwillige oder unfreiwillige Entscheidung (beispielsweise zwecks Glaube/Religion, Incel etc.) noch um eine Folge von körperlichen oder psychischen Leiden (auch Frigidität/Impotenz) handelt. Wir Asexuelle sind Menschen, die sich aus Sexualität einfach nichts machen. Uns geht's gut damit, uns fehlt nichts und wir empfinden keinen Leidensdruck unter diesem Umstand.

Liebe Grüße,

Matsi.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Selber asexuell; bewusst seit 2012, inneres CO mit 25 Jahren

enthaltsam = Entscheidung: jmd. verzichtet freiwillig für eine bestimmte Zeit, oder für immer auf Sex. Hat aber trotzdem sexuelles Verlangen. Er/Sie lebt es nur nicht aus.

asexuell = Veranlagung: jmd. hat überhaupt kein Verlangen nach Sex. Er/Sie kann Sex haben, fühlt dabei aber wenig bis nichts oder sogar Ekel.

frigide (ein ziemlich altes Wort) = Erlerntes: jmd. scheut alles, was mit Sexualität zu tun hat. Auch Händchen halten, Küssen, kurze Kleidung,...Frigidität ist in vielen Fällen anerzogenes, erlerntes Verhalten ("Sowas macht man nicht, das ist was schmutziges") Asexualität ist dagegen (wie jede sexuelle Orientierung) etwas, was einfach in einem Menschen drin steckt. Das kriegt man auch mit einer "normalen" (also offeneren Erziehung) nicht weg. Diese Menschen sind halt so und für sie ist das völlig i.O.

Bei älteren ist der Begriff der Asexualität meist nicht so bekannt weil es halt ein Tabuthema war und immernoch für viele unvorstellbar ist.

Es gab aber zu allen Zeiten schon Personen, die kein Verlangen nach Sex haben und wenn sie ihn praktizieren keine Erregung oder nur eine rein körperliche Reaktion ohne Lust empfinden.
Meine Uroma war z.B. asexuell, hatte aber ihre "ehelichen Pflichten" zu erfüllen, als sie eine Verletzung hatte hat sie den Arzt quasi angefleht, ihrem Mann zu erklären, das er nichtmehr mit ihr schlafen dürfe um dem endlich zu entgehen. Das hat sich scheinbar fröhlich weitervererbt an Oma und eine ihrer Schwestern (die wurde Nonne um aus einer Ehe rauszukommen weil halt eheliche Pflichten damals wirklich noch Pflichten waren und Vergewaltigung in der Ehe absolut normal) ) und schließlich auch an mich.
Meine andere Oma wurde in jungen Jahren vergewaltigt, daraus entstand mein Vater, danach hat sie einen sehr lieben Mann geheiratet mit dem sie niemals das Bett geteilt hat, sie konnte es schlicht nicht ertragen - sie waren 51 Jahre zusammen und haben sich sehr geliebt.
Ich bin seit 2009 verheiratet, mein Mann tickt in Sachen Sex so wie ich, deshalb funktioniert das. Liebe ist vorhanden, definitiv. Nicht so eine rosa-Glitzer Liebe sondern einfach dieses tiefe Gefühl, das Leben mit genau dieser Person verbringen zu wollen, egal was kommt.

Neben Asexualität, also einfach kein Verlangen nach Sex, gibts noch Aromantik, also keine Verlangen nach Liebe oder auch kein Empfinden von Liebe (früher wurde beides als Frigidität bezeichnet).

Beides hindert einen nicht daran, Sex zu haben, stellt sich nur die Frage nach dem Sinn. Ich habs versucht weil ich dachte "kaputt" zu sein, hab erst später von den anderen Frauen in der Familie erfahren wie es bei ihnen war. Tja, Einkaufszettel schreiben oder staubsaugen sind ungefähr genauso spannend ;)