Wie viele Geschlechter gibt es?
Meiner Meinung gibt es 2
60 Stimmen
7 Antworten
es gibt mehr als 2 Geschlechter, egal auf welcher Ebene man Geschlecht definiert.
Biologische Geschlechter gibt es 3, weiblich, männlich & intergeschlechtlich.
Geschlechtsidentitäten gibt es unzählig viele, da jede Person anders ist und auch jede Person anders empfindet & ihr Geschlecht identifizieren kann durch eine solche Geschlechtsidentität.
Wenn du mich also fragst, wie viele Geschlechter es gibt, würde ich sagen mehr als drei, da biologisches Geschlecht, bzw. in der Realität die, bei der Geburt vorhandenen Geschlechtsteile im gesellschaftlichen Sinn für mich nicht wirklich relevant sind. Wenn ich mit einer Person spreche, dann rede ich mit der Person & ihrer eigenen Persönlichkeit und spreche nicht mit ihren Genitalien. Ich sage also, dass die Geschlechtsidentität das Geschlecht definiert, wenn man nach "Geschlecht" einer Person fragt.
Inter ist ein Sammelbegriff für Syndrome. Das nächste Mal bitte bei Tatsachen bleiben.
In der Biologie sind Geschlechter das entscheidende Tool bei der geschlechtlichen (sexuellen) Fortpflanzung zum Zwecke der Rekombination von Erbinformationen mittels der Verschmelzung von Keimzellen (Gameten). Diese Rekombination führt zu einer hohen genetischen Diversität und ist die Triebfeder der Evolution. Ohne die geschlechtliche Fortpflanzung / Geschlechter bestünde unsere Biosphäre wahrscheinlich nur aus Algen, Bakterien, Schleimpilzen etc.
Die geschlechtliche Fortpflanzung lässt sich in zwei Subtypen unterteilen. Bei der Isogamie haben die Keimzellen die gleiche Gestalt. Die Geschlechter werden bei solchen Organismen (meist einzelligen Eukaryoten) als + und - bezeichnet. Bei salopp formuliert "höher entwickelten" Organismen wie z.B. uns Menschen liegt hingegen eine Anisogamie vor. Dabei verschmelzen kleine Keimzellen (Spermien) des männlichen Geschlechts mit großen nährstoffreichen Keimzellen (Eizellen) des weiblichen Geschlechts. Diese objektiv beobachtbare Realität ist ein Faktum und die Basis des daraus abgeleiteten Naturgesetzes der allgemein bipolaren Zweigeschlechtlichkeit.
Wichtig ist ein Bewusstsein dafür, dass Geschlechtsdeterminierungsmechanismen (z.B. Geschlechtschromosomen) sowie mit dem Geschlecht assoziierte Merkmale wie Geschlechtsorgane/Genitalien, Hormone usw. nicht mit dem übergeordneten Geschlechtsbegriff verwechselt werden dürfen! Diese Aspekte der Physiologie (biologische Prozesse) und Morphologie/Anatomie, die mit dem Geschlecht in Zusammenhang stehen, sind artübergreifend divers und können sogar innerartlich (z.B. aufgrund von Anomalien) variieren. Die möglichen Varianten innerhalb der beiden Geschlechter sind der biologischen Forschung schon lange bewusst und vor allem für die anthropozentrische Humanmedizin wichtig (Thema: "Intersexualität"). Die übergeordnete Definition des Geschlechts wird durch solche Erkenntnisse aber nicht dekonstruiert. Denn die Gameten variieren niemals! Es gibt keinen dritten Keimzellentyp und es gibt auch kein Spektrum mit Spermium auf der einen und Eizelle auf der anderen Seite mit unendlich vielen funktionalen Zwischenstufen.
Somit kommt man in der Biologie auf das Ergebnis: Zwei!
Weitere Informationen über die Evolution der Zweigeschlechtlichkeit findest du in jedem seriösen Biologiebuch, in dem die sexuelle Reproduktion thematisiert wird und z.B. in diesem lesenswerten Open Access Artikel: Biological sex is binary, even though there is a rainbow of sex roles
Soziale Geschlechter (Gender)Du hast deine Frage im Bereich der "Gender Studies" gestellt. Damit verlässt du leider das Parkett der an rationalen Beobachtungen der materiellen Welt orientierten Naturwissenschaften und betrittst den Bereich der Sozial- und Geisteswissenschaften. In diesem Forschungszweig wird die Haltung gegenüber Fakten höher bewertet als die Fakten an sich. Biologische Tatsachen werden im Kontext des gesellschaftlichen Miteinanders betrachtet und interpretiert. Also nicht naturalistisch, sondern anthropozentrisch. Dort kommt man z.B. aufgrund des Phänomens der sogenannten "Intersexualität" (fachlich korrekt: Pseudohermaphroditismus) zu dem Glauben, dass es mehr als zwei Geschlechter oder geschlechtliche Zwischenformen gäbe. Weil die Mechanismen und Ausprägungen der beiden Geschlechter durchaus variieren können, wird die Binarität generell infrage gestellt. Dabei gibt es lediglich Anomalien, bei denen z.B. ein biologisch männliches Individuum mit einem augenscheinlich weiblichen Phänotyp geboren wird. Das ist aber kein drittes Geschlecht und auch keine Zwischenform, sondern bloß eine Variante des männlichen Pseudohermaphroditismus.
Die biologische Funktion der Geschlechter, deren Evolution und die übergeordnete Definition, welche für alle anisogametischen Organismen gilt, werden in den Gender Studies ausgeblendet und einzig und allein der Mensch in den Mittelpunkt gerückt. Auf Basis dieser "Forschung" wird dann die Hypothese aufgebaut, dass es entweder gar keine Geschlechter gäbe oder so viele, wie es Menschen auf dem Planeten gibt. Beides ist aus biologischer Sicht absurd. Anders als die klare Definition des Geschlechts in der Biologie können die Gender Studies keine allgemeingültige und in sich logische Definition für "Geschlecht" liefern.
Persönliche MeinungIch nehme die "Gender Studies" als Pseudowissenschaft war, die mit ähnlichen Methoden die Biologie angreift, wie Kreationisten mit ihrem "Intelligent Design". Darüber hinaus haben politische Aktivisten dieses Thema für sich erkannt, um zu argumentieren, dass das Konzept "Geschlecht" ein indifferentes soziales Konstrukt sei, selbst "die Wissenschaft" nicht mehr an die Binarität glaube und deshalb auch ein Wechsel von einem Geschlecht in ein anderes möglich sei, weil die Übergänge angeblich fließend seien. Das sind sie aber nicht! Entweder der eigene Körper ist darauf ausgerichtet, Spermien zu produzieren oder Eizellen. Wie die Genitalien aussehen, wie die Chromosomen beschaffen sind oder welche psychischen Besonderheiten vorliegen, ändert daran nichts.
Wie man mit Betroffenen von "Intersexualität" und Transsexualität umgehen sollte, ist eine gesellschaftlich hoch relevante Frage. Diese Frage ist aber von der Frage nach der Anzahl der Geschlechter losgelöst. Menschen mittels Biologie zu diskriminieren, finde ich falsch. Die Biologie jedoch aufgrund von subjektiver Gefühle von Minderheiten anzugreifen und falsch darzustellen, ebenfalls!
FazitZwei Geschlechter, mit einer bunten Strauß an Ausprägungen. Und das ist gut so!
Sehr guter Beitrag! Hoffe mal, du wirst vom Hate der Woke-Bubble verschont...
womöglich gibt es in der Basis Formation nur EIN Geschlecht, das sich dann in mehrere Teile aufgliedern kann. Was die Wissenschaft noch in den nächsten Jahren zur DNA in Variation von Lebewesen (das ist ja im Computer Jargon gesprochen die Benutzersoftware) rausfinden wird, ist schwer zu sagen .
ich find den Beitrag von mayahuel weiter unten sehr informativ und die Graphik Bildquelle: https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/medgen-2023-2039/html
Davon halte ich nicht viel, da werden 4 Methoden der Bestimmung des Geschlechts als einzelne Varianten des Geschlechts angesehen und bei dem Begriff Mutter und Geschlecht einiges an relevanten Infos weggelassen, wieso es doppeldeutigkeit gibt.
Auch wird von einem Spektrum mit Männlich und Weiblich als extrem gesprochen, in der Grafik steht aber typisch männlich und typisch weiblich an den Enden, während die linke Hälfte als Männlich und die rechte Hälfte als Weiblich dargestellt wird.
Man muss das ganze sehen und bedenken wie es dazu kam, bspw. Fehlentwicklung der Organe aufgrund einer Hormonstörung, die wiederum durch einen Defekt verursacht wurde...
ich find den Beitrag von mayahuel weiter unten sehr informativ und die Graphik
Ich finde diesen Beitrag äußerst desinformativ. Und das kann ich fachlich begründen: Leitautor des verlinkten Papers ist zunächst einmal ein Soziologe, kein Genetiker! Der Artikel eines Soziologen in einer Fachzeitschrift über Humangenetik ist vergleichbar mit einem Artikel über Herzchirurgie in The Lancet... der von einem Elektriker geschrieben wurde. Das Modell bzw. die Modelle, die in dem Artikel vorgeschlagen werden, werden von ernsthaften Akteuren aus der Biologie ignoriert. Das Problem ist nämlich, dass die Autoren die untergeordneten Prozesse und Ausprägungen, die mit dem Geschlecht der Spezies Homo sapiens assoziiert werden, als (angebliche) Definitionsgrundlage nehmen, um damit die Binarität zu dekonstruieren. Das ist aber bereits ein völlig falscher Ansatz, denn auf Basis von Prozessen und Ausprägungen definiert die Biologie das Geschlecht gar nicht, sondern auf Basis der Keimzellenproduktion, auf die ein Organismus ausgerichtet ist. Die Autoren kritisieren diesen Fokus auf die Keimzellen (Gameten) und den Bezug zur Evolution. Dabei stellte bereits Theodosius Dobzhansky im Jahr 1973 klar:
Nichts in der Biologie ergibt Sinn außer im Licht der Evolution betrachtet.
Und dieser Grundsatz ist auch heute noch vollumfänglich gültig. Nur weil Soziologen meinen, es wäre Zeit die Binarität aufzubrechen, sieht die biologische Forschung dafür noch lange keinen Anlass.
Bei der gezeigten Grafik beziehen sich die Autoren auf einen Übersichtsartikel von Claire Ainsworth in nature. In diesem Artikel wird die Binarität keineswegs infrage gestellt, sondern lediglich ein Überblick über die Varianten der Geschlechtsentwicklung geliefert und korrekt argumentiert, dass die Ausprägungen (!) der beiden Geschlechter nicht immer eindeutig binär sind. Aktivisten des progressiven Zeitgeistes nutzten das und legten der Autorin in den Mund, sie würde die Binarität als solche infrage stellen, was sie schließlich auf Nachfrage dazu veranlasste, auf Twitter/X klarzustellen, dass es nur zwei Geschlechter gibt – diese jedoch mit einem Kontinuum an Ausprägungen vorliegen.
Habe den Beitrag von mayahuel gelesen und bei mir sind sofort alle Alarmglocken angesprungen. Ich habe den Artikel schon einmal in einer Diskussion mit ihr kritisiert, mit den Worten:
In der gesamten Studie finde ich außer Gonadendysgenesie und bisschen Geschwafel nichts, was auf die universell definierenden Eigenschaft aller Männchen und Weibchen aller Taxa hinweist: Sie besitzen die Funktion, Spermien (oder Po[l]len) bzw. Eizellen zu produzieren.
Mayahuel konnte keine vernünftige Erklärung aufbringen, ohne ihr Argument zu verteidigen, außer der Aussage, Definitionen seien keine Naturkonstanten.
Das zeigt schon, dass Leute ihres Schlages kein Interesse am Lernen, sondern am Verbreiten ihrer Hypothesen haben. Was man allein daran sieht, dass Mayahuel die Frechheit besitzt zu behaupten, das biologische Geschlecht würde breit definiert sein (genitales Geschlecht, chromosomales Geschlecht, gonoduktales Geschlecht), was alles weder in neuerer Biologie, noch neueren Medizin, jemals als Geschlecht angesehen wurde.
Die Lüge von einem mehrheitlich definierten biologischen Geschlecht ist lediglich dem Zwecke dienlich, die geschlechtliche Binarität im Sinne der Ideologie aufzubrechen.
Was Claire Ainsworth angeht, so hat sie auf die Frage, ob Geschlecht ein Spektrum sei auf Twitter/X selbst klargestellt, dass Geschlecht binär ist, Geschlechtsmerkmale in Anatomie und Physiologie hingegen nicht:
No, not at all. Two sexes, with a continuum of variation in anatomy/physiology.
Ich habe den Artikel schon einmal in einer Diskussion mit ihr kritisiert
Ich ebenfalls… mehrere Male (zuletzt hier). Ich bin es mittlerweile aber überdrüssig, eine Diskussion zu starten, weil immer wieder derselbe Ablauf kommt und es dermaßen anstrengend ist, die dekontextualisierten Zitate im Detail aufzudröseln. Selbst das absolut eindeutige Statement von Claire Ainsworth wird dabei regelmäßig umgedeutet, um die Binarität gegenüber den vielleicht noch mitlesenden "Ungläubigen der Gender-Religion" noch irgendwie zu dekonstruieren. Es ist, wie mit Kreationisten oder Flacherdlern zu debattieren. 🥱
Absolut! Ich habe Mayahuel damals denselben Artikel verlinkt, den du in deiner Antwort verlinkt hast (Biological sex is binary, even though there is a rainbow of sex roles). Mayahuel hat damals einen Nebensatz des Artikels zitiert:
Leading science journals have been adopting this relativist view
und gedacht, sie hätte mich Schachmatt gesetzt. Für die, die eine Übersetzung brauchen, ihr zitierter Satz bedeutet:
Führende wissenschaftliche Zeitschriften haben sich diese relativistische Sichtweise zu eigen gemacht
Dahinter kam dann dieser Emoji: 😎.
Aber nach ihrem zitierten Satz kam ein Komma und dann stand da:
thereby opposing fundamental biological facts.
(Zu deutsch: und widerspricht damit grundlegenden biologischen Tatsachen.)
Alleine das Rosinenpicken in diesem Artikel beweist doch, dass sie und die Masse ihres Schlages nur gebetsmühlenartig das wiederholen, was sie auswendig gelernt haben. Die Biologie dahinter wird vollständig ignoriert. Ich habe schon mit Kreationisten, Kommunisten, Neonazis, Flacherdlern usw diskutiert, aber kein Klientel war so anstrengend und so ignorant wie das der Genderszene.
Vor allem wird nur mit Autorität argumentiert - Zeitungen, Wissenschaftler etc werden zitiert (meist scheinzitiert, also ohne Kontext), um den eigenen Standpunkt zu untermauern. Selbständig kann der eigene Standpunkt dieser Szene aber nicht gefestigt werden. Das Problem ist, dass ich durch meinen Beruf viel reisen muss und deshalb oftmals nicht die Zeit finde, die Zitate zu überprüfen oder wissenschaftliche Artikel zu lesen. Und wenn ich doch die Zeit finde und es tue und den Artikel widerlegen kann (was bei Mayahuel immer vorkommt), wird meine Argumentation ignoriert, und lediglich ein weiterer Artikel zitiert oder verlinkt. Da geht es nicht um Meinung sagen, sondern um Ideologie festigen, und das mit Quanität statt Qualität.
Dabei sind wir mit Hunderten neuen Artbeschreibungen, die allesamt von der Zweigeschlechtlichkeit ausgehen, sogar in Sachen Quantität im Vorteil. Aber solange öffentlich-rechtliche Medien, Schulbehörden und Hochschulen diese Ideologie regelrecht hoffieren, wird sich an der Vehemenz der Gegenseite nichts ändern... jedenfalls nicht zum Positiven.
Hab eben deine Diskussion mit Mayahuel gelesen. Ziemlich fruchtlose Diskussion, wobei mir aufgefallen ist, dass sie ständig Phrasen scheinzitiert hat, aber dir einmal, als du das Wort 'biologisch' dazugeschrieben hast, Unehrlichkeit vorwarf - obwohl es eine Diskussion auf biologischer Grundlagen war. Außerdem sagte sie dir, einem Molekularbiologen und mir (zwar Meteorologin, hab aber auch Biologie studiert) wir hätten keine Ahnung, sowie auch Onesimus (er ist Gynäkologe).
Ich hätte so gerne eine Livedebatte im Fernsehen mit ihr, sie würde völlig ausgelacht werden und alle, die lachen, als Nazis, Terfs, Transfeinde, alte weiße Männer, rechtsradikale Kräfte postulieren.
Hier mal etwas sehr amüsantes, das die Ideologie von Mayahuel unterstreicht - nämlich, dass sie nichts zulässt, was nicht in ihr Weltbild passt:
Korrekt. Man möchte ja die Gefühle von Minderheiten schützen, weil sich eine Minderheit aus der Minderheit durch Fakten verletzt fühlt. Deshalb hier meine drei Lebensweisheiten, nach denen ich lebe:
- Facts don't care about your feelings.
- I don't care if I offend you.
- I'm not sorry for speaking the truth.
Die kurze Antwort: Geschlecht ist ein mehrdimensionales Spektrum mit den 2 Extrembereichen männlich und weiblich.
Lange Antwort: Geschlecht ist ein mehrdimensionales Konzept, wie Mutter.
Es gibt eine 1) biologische Mutter, eine 2) juristische Mutter (Adoption), eine 3) soziale Mutter (Mutterrolle), eine 4) psychische Mutter (hält sich für eine Mutter) und eine 5) theologische Mutter (Mutter Oberin).
Man unterscheidet zwischen Sex (biologisches Geschlecht) und Gender (psychisches und soziales Geschlecht). Davon abgeleitet gibt es Gender Expression (Geschlechterrolle/Geschlechterausdruck).
Das biologische Geschlecht besteht aus einem 1) chromosomalen, 2) genitalen, 3) gonoduktalen und 4) gonadalen Geschlecht.
Und es gibt ein 5) soziales, 6) juristisches und 7) psychisches Geschlecht.
Sex (biologisches Geschlecht)
Das biologische Geschlecht ist ein Spektrum (Bandbreite, Kontinuum) mit männlich und weiblich als Extreme an den beiden Rändern in dieser Grafik (ganz oben das chromosomale, dann das gonadale und das genitale Geschlecht abgebildet.)
Bildquelle: https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/medgen-2023-2039/html
Aus der Zeitschrift Medizinische Genetik: das binäre Modell widerspricht den neuesten Erkenntnissen in Biologie und Humanmedizin.
Research in this context needs to acknowledge that a binary model of only two mutually exclusive sexes is in conflict with both old and recent findings in biology, medicine and the humanities.
This binary model is based on presumptions that cannot accommodate the dynamics and complexity of the phenomena of sex development and expression, or the diversity of experiences of sex, gender and their meanings.
https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/medgen-2023-2039/html
Das Geschlecht ist somit nicht scharf abgrenzbar und vielschichtig. Männlich und weiblich sind zwei Extrembereiche in einer Bandbreite.
Unser Geschlecht steht in den Genen geschrieben, lässt sich einer Person eindeutig zuordnen und verändert sich während unseres Lebens auch nicht. Auf der einen Seite die Frau, auf der anderen der Mann - Prinzessin oder Ritter. Dazwischen? Der Burggraben vielleicht. Auf jeden Fall gähnende Leere, Niemandsland.
So einfach hätten es gerne manche Menschen. Das Lieblingsargument ist dabei häufig die Wissenschaft, genauer gesagt die Biologie.
Dabei sieht der breite wissenschaftliche Konsens mittlerweile anders aus: Geschlecht ist ein Spektrum. Wenn man bei dem Bild bleiben möchte, sind Mann und Frau zwar an den gegenüberliegenden Enden, dazwischen ist aber ganz schön was los.
Eindeutig uneindeutig: Die GenetikXX-Chromosomen = weiblicher Mensch, XY-Chromosomen = männlicher Mensch. So entsteht Geschlecht, lernen wir in der Schule. Bei Menschen mit XX-Chromosomen bilden sich im Mutterleib normalerweise eine Vulva, Gebärmutter und Eierstöcke aus. Bei XY entstehen Penis und Hoden.
Klar sind die Geschlechtschromosomen wichtig, ganz so einfach entsteht Geschlecht aber nicht.
So gibt es zum Beispiel Menschen, die äußerlich aussehen wie Frauen, in ihren Zellen aber die "männlichen" Geschlechtschromosomen XY tragen und umgekehrt. Wie kann das sein?
Ein Gen, das auf dem kurzen Arm des Y-Chromosoms liegt und SRY heißt, entscheidet (neben anderen Mitspielern), ob sich bei einem Embryo Hoden ausbilden oder nicht. Wenn dieses Gen z.B. durch eine Mutation nicht abgelesen wird, also sozusagen stumm bleibt, entstehen trotz XY-Chromosomen keine Hoden.
Andererseits können bei Menschen mit XX-Chromosomen Hoden wachsen, wenn das Gen (vermutlich bei der Zellteilung) auf das X-Chromosom überspringt und abgelesen wird.
Wie sinnvoll ist es also, das Geschlecht nach der Geburt, so wie es momentan meistens gemacht wird, allein an den äußerlich sichtbaren Geschlechtsmerkmalen festzumachen?
Nichts ist in Stein gemeißeltNatürlich vorkommende Abweichungen in den Geschlechtschromosomen sind vielseitig. Das kann auch Auswirkungen auf die sichtbaren Geschlechtsmerkmale, also die Genitalien haben. Auch hier gibt es mehrere Abstufungen zwischen dem voll ausgebildeten Penis und dem äußerlich sichtbaren Teil der Klitoris.
Personen, die sich nicht eindeutig zu einem der binären Geschlechter zuordnen (lassen), bezeichnen sich als intersexuell bzw inter*. Die Vereinten Nationen schätzen, dass 1,7% der Weltbevölkerung dazugehören. Vergleichbar ist die Zahl also mit der von rothaarigen Menschen auf der Welt.
Seit 2018 können sich diese Menschen in Deutschland als "divers" in das Geburtenregister eintragen lassen, bzw Neugeborene als "divers" eingetragen werden. Auch in anderen Ländern, wie Australien, Bangladesh und Indien wird eine weitere Geschlechtszugehörigkeit anerkannt.
Übrigens: Das Geschlecht kann sich über das Leben auch verändern, genauer gesagt die Geschlechtsdrüsen. Das fanden chinesische Forschende in einer Studie an Mäusen heraus.
Verantwortlich dafür seien die Gene DMRT1 und FOXL2, die normalerweise in einer Art Yin-und-Yang-Beziehung
die Entwicklung von Eierstöcken und Hoden ausbalancieren. Kommt es zu einer Veränderung in diesen Genen, können sich die Geschlechtsdrüsen auch in ausgewachsenen Säugetieren noch vom einen ins andere Extrem wandeln.
Die wechselhafte Symphonie der HormoneTestosteron: Das Männerhormon! Östrogene und Progesteron: Die Frauenhormone! So einfach ist es auch hier wieder nicht.
Sowohl Männer als auch Frauen und gender-diverse Personen haben alle diese Sexualhormone in ihrem Körper. Progesteron- und Östradiollevel (das wirksamste natürliche Östrogen) unterscheiden sich bei Erwachsenen im Schnitt kaum zwischen den beiden Geschlechtern.
Suche man nach einer Binarität in den Hormonleveln, müsse man eher die beiden Geschlechter "schwanger" und "nicht schwanger" unterscheiden, heißt es in einer Übersichtsstudie
zu anerkannten Geschlechtsmerkmalen, verfasst von amerikanischen Psychologinnen. Denn lediglich schwangere Frauen fallen im Vergleich zu allen anderen Menschen in Sachen Östradiol und Progesteron weit aus dem Rahmen.
Kinder kann man vor der Pubertät im Bezug auf Geschlecht nicht unterscheiden, wenn man sich ihre Sexualhormone anschaut. Erst in der Pubertät schwenken vor allem die Testosteronlevel auseinander, so dass Männer im Schnitt mehr Testosteron besitzen, als Frauen.
Aber auch dieser Unterschied wurde nach neueren Erkenntnissen lange überschätzt - durch ein Versäumnis der Forschung, da Testosteron klischeehaft nur in Männern und Östrogene nur in Frauen untersucht wurden.
Heute wird gezielt an der hormonellen Überlappung der Geschlechter geforscht. Dabei wurde auch entdeckt, dass die Hormonlevel zu einem bemerkenswerten Teil von äußeren Faktoren abhängen und nicht, wie bis dahin angenommen, rein genetisch vorbestimmt sind.
Werdende Väter beispielsweise haben über die Zeit der Schwangerschaft ihrer Partnerin weniger Testosteron. Die vermeintlich weiblichen Hormone Östradiol und Progesteron werden hingegen vermehrt gebildet, wenn Personen um Dominanz konkurrieren - ein Verhalten, das klischeehaft als männlich gilt.
Welches Geschlecht hat dein Gehirn?Aber Frauen ticken doch ganz anders als Männer, da muss doch was im Gehirn anders sein! Stimmt. Es gibt natürlich durchschnittliche Unterschiede zwischen den Hirnen von Männern und Frauen. Das von Männern ist im Schnitt größer. Einzelne Hirnregionen unterscheiden sich ebenfalls in Durchschnittsgröße, Dichte der Verknüpfungen und Art und Anzahl der Rezeptoren.
Allerdings können Forschende auch hier nicht das männliche oder das weibliche Gehirn genau ausmachen. Jedes Gehirn ist ziemlich einzigartig und ähnelt in seinen einzelnen Teilen eher einem Geschlechter-Mosaik.
So beschreiben es zumindest Forschende von der Universität Tel-Aviv in einer Studie.
Ein Viertel bis die Hälfte der untersuchten 1400 Gehirne zeigten diesen geschlechtlichen Flickenteppich. Auch im Kopf bleibt es also kompliziert.
Da gilt übrigens auch für die Gehirne von Transpersonen, die ebenfalls gezielter untersucht werden: Vergleicht man manche Merkmale wie zum Beispiel die Größe, liegen Transfrauen zwischen den typischen Zahlen der binären Geschlechter. Im Bezug auf einzelne Hirnregionen sind Transpersonen teilweise näher an ihrem gefühlten Geschlecht, manchmal aber auch nah an ihrem zugewiesenen Geschlecht.
Die Suche nach reiner Binarität der Geschlechtsmerkmale können wir also getrost als ergebnislos abhaken. Jegliches vermeintlich “biologische” Argument dagegen ist schlichtweg unwissenschaftlich.
Das Geschlecht ist so komplex und vielseitig, wie die Person die es trägt, und das ist doch etwas Wunderbares.
Dieser Beitrag ist ursprünglich am 31.03.2021 erschienen und wurde am 02.08.2024 aktualisiert.
Quelle: dw
Die Frage, wie viele Geschlechter es gibt, hängt davon ab, wie man Geschlecht definiert. Die Biologie ist da sehr klar. Sie macht das Geschlecht an der Rolle in der Fortpflanzung fest. Bei der geschlechtlichen Fortpflanzung treffen immer kleine Samenzellen auf wesentlich größere Eizellen. Diejenigen Lebewesen, die die kleinen Samenzellen produzieren, heißen männlich. Und die, die die großen Eizellen produzieren, heißen weiblich. Dabei ist es völlig egal, ob sie den Nachwuchs im Bauch tragen, im Ei ausbrüten oder, wie bei Pflanzen, aus einer Blüte eine Frucht entsteht. Das ist die biologische Definition – nach der gibt es diese zwei Geschlechter und sonst keins
Zwitter sind in der Biologie kein drittes GeschlechtLebewesen, die keine Ei- oder Samenzellen produzieren, haben nach dieser Definition kein drittes, sondern gar kein Geschlecht. Lebewesen wiederum, die beides produzieren – die gibt es vor allem im Reich der Pflanzen – heißen Zwitter. Aber auch sie definieren kein drittes Geschlecht.
X- und Y-Chromosomen sind wichtig, definieren aber nicht das GeschlechtMit diesem biologischen Geschlecht gehen bei vielen Tieren und speziell auch beim Menschen in der Regel andere Merkmale einher. Die Männer haben Penisse und Hoden und bekommen Bärte. Die Frauen haben eine Gebärmutter, eine Vagina und bekommen Brüste. Diese Merkmale sind wiederum in der Regel darauf zurückzuführen, dass die Körperzellen der Männer ein Y-Chromosom haben, die der Frauen dagegen nicht; die haben dafür ein zweites X-Chromosom. Allerdings gilt das nur für Säugetiere – bei anderen Tieren sieht das mit den Chromosomen wieder anders aus. Wichtig ist deshalb: Die Chromosomen bestimmen zwar in der Regel das Geschlecht, aber sie definieren es nicht.
Intersexualität hat die verschiedensten AusprägungenNun hab ich bereits in drei Sätzen hintereinander den Ausdruck "in der Regel" verwendet – denn es gibt da auch viele Ausnahmen. Es gibt Menschen mit einem Y-Chromosom, die trotzdem weibliche Genitalien haben, weil ihnen ein bestimmter Rezeptor fehlt und ihre Zellen auf die männlichen Hormone nicht reagieren. Es gibt Menschen, die gleichzeitig Eierstock- und Hodengewebe haben. Das sind nur zwei von vielen Beispielen für intersexuelle Menschen, bei denen der Satz: "Männer haben …" oder "Frauen haben …" so nicht zutrifft.
Ob man für jede Art von Intersexualität ein eigenes physiologisches Geschlecht definiert oder sagt, das sind Ausprägungen, die sich irgendwo zwischen den zwei Geschlechtern bewegt, ist letztlich eine begriffliche Frage, keine wissenschaftliche.
Sex und Gender: Es kommt nicht nur auf das biologische Geschlecht anVor allem aber: Die biologischen Begriffe sind nicht die einzigen, auf die es ankommt. Biologisch gibt es zwei Geschlechter – männlich und weiblich. Das ist oft, aber eben nicht zwingend identisch mit dem, was wir als "Mann" oder "Frau" bezeichnen. Die biologische Definition hängt nur von der Keimzellenproduktion ab – produziere ich Ei- oder Samenzellen? Wenn wir im Alltag aber von Männern oder Frauen reden, meinen wir viel mehr damit. Es fängt an bei: Welche Chromosomen hat die Person? Welche Genitalien sind bei ihr ausgeprägt? Hat sie einen Penis oder eine Klitoris?
Sobald wir diese Fragen heranziehen, um zu sagen, ob jemand ein "Mann" oder eine "Frau" ist, haben wir uns schon von der biologischen Lehrbuchdefinition entfernt. Wenn wir dann noch fragen: Wie verhält sich die Person? Oder eben: Als was fühlt sie sich selbst? – dann reden wir nicht mehr über das biologische Geschlecht – englisch: Sex – sondern über Geschlechter im sozial-kulturellen Kontext, kurz: Gender. Wie viele Geschlechter es im Sinne von "Gender" gibt – darüber zu diskutieren ist ziemlich müßig, weil es sich kaum an eindeutigen objektiven Merkmalen festmachen lässt.
Biologische Definition hilft beim Umgang mit Transidentität nicht weiterAnders gesagt: Festzustellen, dass es nur zwei biologische Geschlechter gibt, hilft überhaupt nicht weiter, um politisch-gesellschaftliche Entscheidungen zu treffen, etwa wie wir mit den verschiedenen Formen von Transidentität umgehen, also mit Menschen, die bei der Geburt als "weiblich" erkannt wurden, sich selbst aber als Junge oder Mann fühlen. Ab welchem Alter und unter welchen Voraussetzungen sollen junge Menschen das Recht haben dürfen, auch körperlich ein anderes Geschlecht anzunehmen als das, das ihnen zugeschrieben wurde? Welche Freiheiten sollte jemand haben, offiziell seinen Geschlechtseintrag bei den Behörden zu ändern?
Bei den Antworten auf diese Fragen kommt es nicht darauf an, wie die Biologie Geschlecht definiert und ob jemand Ei- oder Samenzellen produziert, sondern auf ganz andere Fragen – etwa um das Abwägen von Risiken und Chancen für die jeweilige Person.
Nehmen wir die Diskussion um den Geschlechtseintrag: Warum genau definieren wir bei der Geburt, ob jemand männlich oder weiblich ist? Früher war das recht klar: Männer durften wählen, Frauen nicht. Männer mussten zum Bund, Frauen nicht. Wozu aber dient der Geschlechtereintrag heute? Der Statistik? Um zu klären, auf welches Klo die Person später geht? Um zu entscheiden, ob jemand in einer Frauenmannschaft mitspielen darf? Oder auf Platz 1 oder 2 der Grünen Landesliste stehen darf? Je nachdem, worum es geht, könnten unterschiedliche Geschlechterdefinition maßgeblich sein. Die Behörden kennen aber nur eine: männlich, weiblich und "divers" – für alle, die sich nicht eindeutig zuordnen können oder wollen.
Biologische Definition beantwortet nicht die gesellschaftlichen FragenDass es zwei Geschlechter gibt, ist eine biologische Definition. Definitionen lassen sich aber wissenschaftlich nicht "beweisen" – denn in der Natur gibt es keine Begriffe.
Nur „weiblich“ und „männlich“ ist zu wenig. Es gibt mehr als zwei Geschlechter. In der Biologie ist das inzwischen anerkannt.
31.03.2016, 19:30 Uhr
Die Wissenschaftszeitschrift „Nature“ – sie gehört zu den anerkanntesten in der Disziplin Biologie – veröffentlichte unlängst einen Übersichtsartikel, der gesellschaftliche Gewissheiten auf den Kopf stellt. Biologisches Geschlecht sei nicht einfach in zwei Varianten – „weiblich“ versus „männlich“ aufzuteilen. „Die Annahme, es gebe zwei Geschlechter, ist zu simpel“, erläutert Claire Ainsworth im Artikel „Sex redefined“. Sie fasst damit den Forschungsstand der Biologie zusammen, der von einem größeren Spektrum geschlechtlicher Entwicklungsmöglichkeiten ausgeht.
Kombinationen galten lange als "Störungen"In der Biologie ist diese Sichtweise nicht so neu. Ganz im Gegenteil: Die Biologie nahm ihren Ausgangspunkt aus der sicheren Überzeugung, dass jeder menschliche Embryo in seiner Entwicklung zunächst das Potenzial habe, sich in weiblicher und in männlicher Richtung zu entwickeln. Es könnten bei den sich entwickelnden Menschen dabei Merkmale weiblichen Geschlechts deutlicher hervortreten oder solche männlichen Geschlechts. Bei anderen Menschen würden Kombinationen auftreten – lange Zeit untersuchte man diese mit den Mitteln der modernen Biologie und Medizin genauer, beschrieb sie aber bald als „Störungen“ und versuchte sie zu vernichten.
Die Furcht vor Ambiguität schwindetMittlerweile ändert sich die Perspektive. Auch in den westlichen Gesellschaften verschwindet zunehmend die Furcht vor geschlechtlicher und sexueller Ambiguität, im Sinne von Widersprüchlichkeit und Widerspenstigkeit. In den anderen Weltregionen war die Toleranz gegenüber Ambiguität ohnehin deutlicher ausgeprägt, wie der Leibniz-Preisträger und Arabist Thomas Bauer in seinem Werk „Die Kultur der Ambiguität“ (2011) zeigt. Erst die moderne europäische Wissenschaft nahm auch dort ihr fragwürdig Erscheinendes ins Visier, deutete und tilgte es.
Seit den 1970er/80er Jahren wurden auch in der Biologie die Einwände gegen biologische Modelle strikter geschlechtlicher Zweiteilung wieder deutlicher. Zentrale Denkanstöße gaben Arbeiten feministischer Wissenschaftskritik. Für die Diskussion geschlechtlicher Vielfalt waren hier unter anderem Veröffentlichungen der US-amerikanischen Naturwissenschaftlerinnen Anne Fausto-Sterling und Evelyn Fox Keller bestimmend. Fausto-Sterling publizierte als Extrakt ihrer Untersuchungen 1985 ein Buch, das unter dem Titel „Gefangene des Geschlechts“ kurz darauf auch auf Deutsch erschien. Darin diskutiert sie aktuelle biologische Theorien kritisch – und konfrontiert sie mit gegenläufigen Beobachtungen und Studien. Mit ihren Aufsätzen „Die fünf Geschlechter: Warum männlich und weiblich nicht genug sind“ (Zeitschrift The Sciences, 1993) und „Die fünf Geschlechter erneut betrachtet“ (The Sciences, 2000) legte sie die Grundlage für weiterführende Debatten und bot wissenschaftliche Unterstützung für die Kämpfe der Intersexuellen-Bewegung.
Intersexuelle Menschen galten als ProblemfälleFausto-Sterling fokussierte in diesen Aufsätzen die vielfältigen geschlechtlichen Ausprägungsformen, die in der biologischen und medizinischen Forschung (und Behandlungspraxis) als „Störungen“ eingeordnet und als behandlungsbedürftig betrachtet wurden, und wandte sich gegen die Einordnung intersexueller Menschen als „Problemfall“. In weiteren Arbeiten wie dem Buch „Sexing the Body“ (2000) sezierte sie biologische Theoriebildung etwa in Bezug auf Geschlechtshormone. Da die als männlich betrachteten Hormone „Androgene“ und die als weiblich betrachteten Hormone „Östrogene“ in allen Menschen vorkommen und wichtige physiologische Funktionen übernehmen, sollten sie nicht als „Geschlechtshormone“ bezeichnet werden, sondern vielmehr als Wachstumshormone, argumentierte Fausto-Sterling.
Auch lieferte sie kritische Betrachtungen zu Studien, die zeigen wollten, dass Frauen diese und Männer jene Gehirne hätten. Sie diskutierte die Studien für ihre gewählten Methoden und konfrontierte sie mit anderen Ergebnissen. Noch in den 1990er Jahren und zu Beginn der 2000er Jahre erntete Fausto-Sterling für ihre Ansätze Kritik und Auseinandersetzung. Mittlerweile ist anerkannt, dass sie wesentlich zur kritischen Reflexion methodischer und inhaltlicher Setzungen der Biologie beigetragen hat. In der Biologie wurden – und werden oft noch immer – die Proband_innen schon zu Beginn einer Studie in die Gruppen „weiblich“ und „männlich“ aufgeteilt, und diese Einteilung präformiert bereits die Ergebnisse. Regelmäßig wurde dabei die Bedeutung männlichen Geschlechts überhöht. Neu war die Erkenntnis mehrerer Geschlechter aber auch bei Fausto-Sterling nicht mehr. Hingegen hatte etwa Richard Goldschmidt in den 1920er Jahren eine „lückenlose Reihe geschlechtlicher Zwischenstufen“ postuliert, und das nachdem einige Jahre zuvor die für die Geschlechtsbestimmung als wichtig angenommenen Chromosomen X und Y gefunden und benannt worden waren. Was ist in einer Gesellschaft los, die bei Nennung von X- und Y-Chromosom gleich an Zweigeschlechtlichkeit glaubt? Und warum kam Goldschmidt zu einer solch anderen Einordnung? Goldschmidt sah die Chromosomen nicht als „Diktatorinnen“ der Zelle an, vielmehr ordnete er sie in ein komplexes System weiterer wirkender Faktoren ein.
Der Blick auf die biologische Geschlechtsentwicklung ist kritischer gewordenIn der Folgezeit wurde aber das Paradigma der Erblichkeit in der Biologie bestimmend. Die Erbsubstanz DNS wurde in der Biologie als Schaltzentrale angenommen, Fördergeld floss in Massen in ihre Untersuchung. Schließlich wurde versucht, für die einzelnen körperlichen und psychischen Merkmale „Gene“ zu finden, die sie codieren sollten, wie bei einer zu entschlüsselnden Geheimschrift. Der Rest der Zelle wurde als nachrangig betrachtet oder gleich gar nicht untersucht. Das galt auch für das Geschlecht. Hier ging man davon aus, dass es ein zentrales Gen für die Ausbildung von Hoden geben müsste oder zumindest ein Gen, das als zentraler Schalter fungierte und die Entwicklung auf „männlich“ schaltete. Diese einfache Sicht wurde für das Geschlecht zunächst auch dann noch aufrechterhalten, als in anderen Forschungsfeldern der Genetik differenziertere Modelle der Regulation und Wirkung von Genen etabliert wurden. Schließlich relativierte das Humangenomprojekt die Bedeutung von Genen. Es zeigte, dass die Spezies Mensch kaum mehr Gene als der unscheinbare Fadenwurm Caenorhabditis elegans hat. Ein diesbezüglich bemerkenswertes Buch stammt von Evelyn Fox Keller: „Das Jahrhundert des Gens“ (deutsch 2001).
X- und Y-Chromosomen kommt bei manchen Säugetieren nicht vorSeitdem ist auch der Blick auf biologische Geschlechtsentwicklung kritischer geworden. Es werden nun differenzierte Aussagen getroffen, die nicht stets „weiblich“ oder „männlich“ schon in der Untersuchungsfrage voraussetzen. Komplexe Modelle werden für alle Merkmale und „Ebenen“ verfolgt, die in der biologischen Geschlechtsentwicklung Bedeutung haben: Chromosomen; Gene; Regulation der Gene; Hormone; Rezeptoren, an die die Hormone sich anbinden können; Keimdrüsen (Hoden, Eierstöcke, Mischgewebe); innere Genitalien; äußere Genitalien; weitere Bestandteile des Genitaltraktes. So wurden etwa in der Genetik in Modellversuchen an Mäusen mittlerweile ungefähr 1000 Gene als möglicherweise an der Geschlechtsentwicklung beteiligt beschrieben, von denen gerade einmal 80 etwas untersucht sind, durchaus mit widersprüchlichen Befunden. Die allermeisten dieser Gene finden sich im Regelfall nicht auf dem X- oder dem Y-Chromosom. Bei einigen Säugetierarten konnte die Unterscheidung eines X- und Y-Chromosoms überhaupt nicht gezeigt werden.
Und nun – nach den ernüchternden Ergebnissen des Humangenomprojekts – werden die Zelle und die weitere Umgebung wieder wichtiger genommen, so wie es Goldschmidts Ansatz war. Galt bis vor wenigen Jahren noch die DNS als heimliche „Diktatorin“ der Zelle, so wird sie nun entthront. Heute heißt es, dass die DNS nicht schon Information beinhalte und die Zelle über Abläufe informieren würde, vielmehr gibt es in der Zelle ein ganzes Netzwerk von Faktoren, die miteinander in Wechselwirkung stehen, sich zusammenlagern und letztlich entscheiden, welches tatsächlich wirksame Produkt hergestellt wird und wie ein Abschnitt der DNS abgelesen, das Produkt verändert und schließlich gefaltet werden muss, damit ein wirksames Produkt entsteht. Kurz gesagt: „Gene“ und DNS sagen eben nicht die Entwicklung eines Organismus beziehungsweise hier eines „Genitaltraktes“ voraus. Vielmehr stellen sie lediglich einen Faktor im komplexen Zusammenspiel von Faktoren der Zelle dar. So zeigte sich für einige Gene, die als bedeutsam für die Geschlechtsentwicklung angenommen werden, dass aus ein und demselben Gen mehr als zwei Dutzend unterschiedliche Produkte gebildet werden, die in der Zelle unterschiedliche Aufgaben erfüllen.
Das einfache Modell der Zweigeschlechtlichkeit hat ausgedientClaire Ainsworth fasst den Forschungsstand für die Geschlechtsentwicklung nun in ihrem Überblicksartikel zusammen. Es gibt demnach nicht nur zwei Geschlechter. Einen differenzierten Einblick in die Thematik bietet in deutscher Sprache das Buch „Geschlecht: Wider die Natürlichkeit“ (Voß 2011). Beiträge von Biolog_innen, die zum Weiterdenken über die Gehirnforschung einladen, sind etwa: „Wie kommt das Geschlecht ins Gehirn?“ (Sigrid Schmitz 2004, online) und „Warum Frauen glauben, sie könnten nicht einparken – und Männer ihnen Recht geben“ (Kirsten Jordan/Claudia Quaiser-Pohl 2007).
Eines scheint dabei gesichert: Das einfache Modell biologischer Zweigeschlechtlichkeit, das sich an der europäischen Geschlechterordnung mit ihrer Zurücksetzung der Frauen orientierte, hat ausgedient.
Der Autor ist als diplomierter Biologe Professor für Sexualwissenschaft und sexuelle Bildung an der Hochschule Merseburg.
Quelle: Tagesspiegel
Der Autor ist als diplomierter Biologe Professor für Sexualwissenschaft und sexuelle Bildung an der Hochschule Merseburg.
Die Tätigkeitsbereiche von Heinz-Jürgen Voss liegen im Bereich der Soziologie:
Prävention von sexualisierter Gewalt / Förderung geschlechtlicher und sexueller Selbstbestimmung / Geschlechtliche und sexuelle Vielfalt / Queer Theory / Intersektionalität / biologisch-medizinische Geschlechtertheorien
Er ist als Soziologe in den "Gender Studies" tätig, nicht mehr als Biologe. Manche Naturwissenschaftler kommen auf Abwäge und verlassen die naturalistische Forschung zugunsten einer ideologischen Weltanschauung. So wie z.B. der Mikrobiologe Siegfried Scherer, der das Intelligent Design postuliert oder der Zoologe Rainer Hagencord mit seinem Institut für Theologische Zoologie.
Richtig, denn es wäre falsch, immer nur einen kleinen Ausschnitt zu schauen.
Darfür ist die Natur viel zu komplex.
In der Informatik könnte es aber auch die Hardwarearchitektur sein. Da man die DNA auch gerne als Bauplan bezeichnet finde ich Hardware Architektur besser.