Leidet ihr an Autismus?

Nein. Ich leide nicht an meinem Autismus. Ich bin halt Autistin und das hat in meinem Leben sowohl negative, als auch positive Aspekte. Sich zu wundern, wie man wohl ohne Autismus wäre, ist ziemlich dämlich und das sage ich als eine Person, die das selber jahrelang gemacht hat. Ich frage mich auch nicht, welche meiner Eigenschaften von meinem Autismus kommen und welche nicht. Wenn sie sich mit meinem Autismus erklären lassen, dann kommen sie daher. Alles andere ist Zeit- und Energieverschwendung.

Darüber hinaus lässt sich Autismus nicht in "leicht" oder "schwer" einteilen. So funktioniert das Spektrum nicht. Das Autismus-Spektrum ist nicht linear, sondern viel mehr ein Kreisdiagramm ("pie chart"). Autismus in "leicht" oder "schwer" einzuteilen ist genauso gefährlich und sinnlos wie functioning labels. Das ist genau so sinnlos, wie zu sagen, dass eine Haubenmeise mehr Vogel ist als ein Buntspecht. Schau dir die beiden Vogelarten an und dann sag' mir, welche davon mehr Vogelkeit hat. Und dann sag' mir, wie bescheuert du dir dabei vorkamst.

Denn genau so wie bei den Vögeln gibt es bei uns Autisten Unterschiede und Gemeinsamkeiten. Auch wir haben unterschiedliche Stärken und Schwächen und Vorlieben und Abneigungen.

Und ja, ich habe gerade eine mögliche Behinderung (Autismus) mit einer Tierart verglichen (Vögel), obwohl ein Vogel zu sein selbstverständlich keine Behinderung ist. Jedoch: Stell' dir einfach vor, die Vögel sind im Meer (im, untendrunter, nicht auf) und können alle nicht unter Wasser leben (Was sogar stimmt - Meines Wissens nach lebt keine Vogelart ausschließlich unter Wasser). Oder stell' dir vor, sie sind vergraben unter dem heißen Wüstensand der Sahara und müssen unterirdisch irgendwie überleben. Dann passt das schon eher.

Ich mag dieses "an Autismus leiden" auch nicht, weil es sich so anhört, als würde ich "geheilt" werden wollen (Was zum Glück eh nicht möglich ist).

Nein. Könnte aber sein, dass ich mit diesem Thema zutun habe*

Ich bin erst vor kurzem überhaupt über diesen Begriff gestolpert und habe gegoogelt, was er bedeutet.

Dahinter ist ein sehr kompliziertes und umfangreiches Thema.

Aber das gab da bei der Recherche nach dem Begriff unerwartet so ein kleines "Aha?"-Erlebnis.

Die Symptome, die da so im allgemeinen beschrieben werden, treffen auf mich sehr zu bzw. passten auf meine Kindheit, da immer nur typisches Kinderverhalten, nicht Erwachsenenverhalten genannt wird.

Habe früher immer alles mögliche gesammelt, sortiert, angeordnet usw. und so Sachen gemacht, wie: Im Elektromarkt jede Waschmaschine angucken und merken, wie sie aussieht, und zuhause aus dem Kopf heraus alle naturgetreu malen. Meine Eltern sind nochmal hingefahren und haben feststellen müssen: Zeichnungen passen.

Interaktion mit anderen Menschen finde ich heute noch sehr viel komplizierter als einen Computer über eine Programmiersprache zu programmieren.

Andere Menschen beschreiben mich immer mal wieder als so einen Tüftler ähnlich zu Einstein, da Elektrotechnik seit Kindheit mein Hobby ist.

Oder anders gesagt: Es macht mir mehr Spaß, meinem Hobby nachzugehen als auf eine Party zu gehen. Ich hasse es, eingeladen zu werden.

Laut Google sind eben das alles typische Hinweise auf Autismus.

*Genau weiß ich es nicht. Zum Arzt, um das nun herauszufinden, bin ich nicht gegangen und werde ich auch nicht gehen. Wozu? Wegimpfen kann man das im Zweifelsfall eh nicht und das ist nur vertane Zeit. Und ich habe nun schon über 35 Jahre gelebt und ich bin halt, wie ich bin.

Habe aber auch eine soziale Schwäche. Ich kann zwar auf Menschen eingehen, kann aber nicht einschätzen, ob sie mein Verhalten positiv oder negativ sehen.

Mein Sohn hat leichten Autismus. Inzwischen ist er 24 Jahre alt und hat einen Job und eine eigene Wohnung in einer anderen Stadt. Darüber bin ich sehr froh.

Ich habe keine Diagnose, aber vermutlich bin ich irgendwo auf dem Spektrum.