Ich persönlich befürworte die Legalisierung von Cannabis und bin der Ansicht, dass Prohibition insgesamt mehr schadet als sie nutzt. Auf Kosten der Allgemeinheit, die für sie und ihre Folgen aufkommt. Und auf Kosten der Freiheit der unter ihr Kriminalisierten.
Leider wurde Cannabis in Deutschland bisher garnicht legalisiert, sondern lediglich teil-legalisiert. Das ist ein bedeutender Unterschied. Unter dem neuen Gesetz wurde Erwachsenen der Besitz und Anbau im Rahmen des Eigenbedarfs erlaubt. Es gibt keinen legalen Handel, man darf sein selbst angebautes Zeug nicht einmal seinem Ehepartner schenken. Und viele weitere Einschränkungen, die es unmöglich machen, hier von einer Legalisierung zu sprechen. Vielleicht interessant:
Fragen und Antworten zum Cannabisgesetz, https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/cannabis/faq-cannabisgesetz
Was wir aktuell haben, halte ich zwar trotzdem für einen bedeutenden drogenpolitischer Schritt, es bleibt aber weit hinter dem zurück, was noch im Koalitionsvertrag in Aussicht gestellt wurde. Erst mit Fachgeschäften werden wir eine ordentliche Legalisierung haben. Erst dann wird man meines Erachtens wirklich effektiv gegen den Schwarzmarkt ankommen. So, wie man es z.B. auch in Kanada erlebt. Vielleicht interessant:
Canadian Cannabis Survey 2023: Summary, https://www.canada.ca/en/health-canada/services/drugs-medication/cannabis/research-data/canadian-cannabis-survey-2023-summary.html
Wobei die Teil-Legalisierung dahingehend doch bereits erste positive Effekte zu haben scheint. Dues kann man der folgend verlinkten Umfrage entnehmen.
- Cannabis-Umfrage: Schwarzmarkt für Deutsche erste Wahl – Eigenanbau und Medizinalcannabis immer beliebter, https://www.cantourage.com/blog-posts/cannabis-umfrage-schwarzmarkt-fur-deutsche-erste-wahl---eigenanbau-und-medizinalcannabis-immer-beliebter
- Cannabiskonsum seit Legalisierung, https://research.appinio.com/#/de/survey/public/ORr30aL67
Ich beziehe mich dabei speziell auf die Ergebnisse zur dritten Frage, woher Konsumenten ihr Zeug hauptsächlich beziehen. Dabei gaben knapp 30 % an, dass ihr Zeug hauptsächlich aus dem Eigenanbau stammt. Weiterhin sei die Zahl der Cannabispatienten um knapp 60 % gestiegen. Bei wenigstens 5 Millionen erwachsenen Konsumenten ist das jetzt schon einiges an Umsatz, was den Schwarzmarkt-Akteuren entgeht. Für entsprechend absurd halte ich die Rufe diverser konservativer Politiker und Blätter, wonach die Legalisierung (sic!) von Cannabis nun dafür sorgen würde, dass die Mocro-Mafia aktiver als zuvor ist. Vor dieser rechtlichen Lockerung gab es natürlich keine Mocro-Mafia, in Ländern ohne Teil-Legalisierung gibt es sie natürlich immer noch nicht und je mehr Leute selbst anbauen, desto mehr sind natürlich auf den Dealer angewiesen (Sarkamsus). Man beachte die Community-Note unter diesem Tweet:
https://twitter.com/_freidel/status/1825478452490719440
Selbst angebautes Zeug ist mit hoher Wahrscheinlichkeit auch nicht mit irgendwelchen Streckmitteln verunreinigt und so für Konsumenten jeglichen Alters weniger gefährlich als potentiell verunreinigtes Zeug vom Schwarzmarkt. Wenn man bedenkt, dass zum Zeitpunkt der Umfrage kaum legale Ernten fertig gewesen sein und die Zahlen inzwischen entsprechend höher sein dürften, halte ich diese durchaus für beachtlich.
Dass der Konsum von Cannabis gewisse gesundheitliche Risiken birgt, verneine ich abgesehen davon nicht. Auch dass diese bei jungen Konsumenten stärker ausgeprägt sind. Das kann durchaus ein Argument gegen den Konsum sein—man sollte es zumindest wissen, bevor man sich für diesen entscheidet—meines Erachtens nicht aber für das Verbot und die Kriminalisierung von Millionen mündigen Erwachsenen. Ich frage mich immer, warum Prohibitionsbefürworter bei Cannabis Halt machen. Die gleichen Argumente, die für dieses Verbot sprechen, könnte man gegen so ziemlich jede risikobehaftete Tätigkeit vorbringen, die einzig dem Vergnügen dient. Am besten hat es mal der Rechtswissenschaftler Herr Böllinger in einem Interview gesagt:
Menschen müssen die Freiheit haben, sich zu amüsieren und zu genießen, wenn das, was sie tun, andere nicht schädigt. So ist unsere Gesellschaft. Wir dürfen nicht etwas verbieten, weil es moralisch angreifbar ist. Das Strafrecht darf nur für erheblich fremdschädigendes Verhalten angedroht werden. Die Grundrechte anderer Menschen müssen gefährdet sein. Ein Cannabisnutzer schädigt niemanden, höchstens sich selbst. Das gilt übrigens auch für die meisten anderen Drogen. Ich und viele meine Kollegen glauben daher, dass das Betäubungsmittelrecht in seiner jetzigen Form verfassungswidrig ist. Der Staat schadet dem Konsumenten auf eine Weise, die unverhältnismäßig ist. Die Strafen sind in den letzten Jahren noch verschärft worden. Die Intensität der Verfolgung nimmt zu.
→ Es gibt ein Recht auf Rausch, https://www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/cannabis-strafrechtler-lorenz-boellinger-fordert-legalisierung-a-1038647.html