Es bringt dir überhaupt nichts, die stärksten Computerzüge zu kennen. Das Analysebrett von Lichess ist mehr als ausreichend. Schon da geht so manch ein Computer-Vorschlag weit über die Fähigkeiten eines menschlichen Spielers (wenn er nicht gerade ein Super-GM ist), den Sinn des Zuges zu begreifen.
Außerdem werden Engine-Züge generell oft überbewertet, wenn man es mit menschlichen Gegnern zu tun hat. Super-GM Hikaru Nakamura ist sogar angewidert, wenn Zuschauer in Live-Streams schreiben, was Engines spielen würden. Er kümmert sich einen Dreck darum. Auch so manch anderer Schach-Streamer, einschließlich IMs verziehen ihr Gesicht, wenn sie sehen, was Computer in einer bestimmten Stellung tun würden.
Das schönste Beispiel, wie kindisches Vertrauen in Engines gewaltig nach hinten losgehen kann, ist IM Eric Rosen mit seinem Stafford Gambit. Nach 1. e4 e5 2. Sf3 Sf6 3. Sxe5 Sc6 4. Sxc6 dxc6 steht Schwarz mit +2,5 schon hoffnungslos auf Verlust. Stockfish gibt als beste Züge für Weiß 5. d3 (+2,5) oder 5. De2 (+2,4) oder 5. Sc3 (+2,3) an, einschließlich jeweils einer Variante, wie es weitergehen würde, wenn es nach den Top-Engine-Zügen von Stockfisch ginge. Der durchschnittliche Schachfreund wird natürlich die Top-Engine-Züge spielen, auch wenn er sie überhaupt nicht versteht. Vielleicht lernt er sogar die angegebenen Varianten auswendig. Das Problem ist nur, dass IM Eric Rosen einen Scheißdreck darauf gibt, was Stockfish empfiehlt. Würde es ihn kümmern, würde er von vornherein kein Stafford spielen. Er fährt mit fragwürdigen Tricks fort – Züge, die so „schlecht“ sind, dass sie nie automatisch in den Stockfish-Analysen angegeben werden, die aber immer noch gut genug sind, um seine Gegner selbst nach 2 Jahren Stafford-Hype weiter fast nach Belieben vom Brett zu fegen.
Wie wäre es, mit Weiß gegen das Stafford-Gambit einfach 5. e5, gefolgt von 6. d4 zu spielen, wie es zum Beispiel GM Jan Gustafsson tat? Selbst fortgeschrittenen Anfängern würde an dieser Stelle ein Licht aufgehen, wie schlecht das Stafford-Gambit tatsächlich ist, und IM Eric Rosen könnte seine ganzen Tricks in den Reißwolf stecken (was auch Eric Rosen bewusst ist). Zum Glück für Eric Rosen und das schadenfreudige Schachpublikum macht sich der durchschnittliche Schachamateur nicht die Mühe, irgendwelchen „drittklassigen“ menschlichen Zügen nachzugehen. Er spielt weiter die Top-Engine-Züge, egal, wie aussichtslos das ist, wenn man jemanden wie IM Eric Rosen vor sich hat, der tatsächlich Schach spielen kann und sich nicht von Engines abhängig machen muss.
Kurzum: 20 Euro für Computeranalysen sind rausgeschmissenes Geld. Auf Lichess und an vielen anderen Stellen kannst du sie umsonst bekommen, und nirgendwo befreien sie dich davon, selbstständig zu denken.
PS: Ich musste auf etwas in der Umfrage klicken, um antworten zu können. Ignoriere mein Umfrage-Entscheidung einfach.