Die Standardsprache kennt das Dunkel. Und es ist, wie du schon sagst, in allen Fällen ohne Endung – mit Ausnahme des Genitivs, denn entgegen Bastian Sicks Amateurmeinung ist der überhaupt nicht totzukriegen.
Das Dunkel ist eine Adjektivableitung und kommt von dunkel.
Man spricht vom Licht ins Dunkel und nicht vom Licht ins Dunkle, auch reitet man im Dunkel der Nacht und nicht im Dunkeln der Nacht.
Jetzt kommt aber der Haken: In der Umgangssprache, also in der echten, gesprochenen Sprache, hat man Angst, wenn man alleine im Dunklen ist.
Das Dunkle ist genauso eine Adjektivableitung, und zwar, wie man sie erwarten würde, flektiert.
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Hier lässt sich ein System erkennen, das uns von einem anderen Wort bekannt ist:
Wenn man von der Sprache in seiner Gesamtheit spricht, redet man vom Deutschen.
– Das Deutsche entstand im anbrechenden Mittelalter.
Wenn man aber von einer speziellen Form des Deutschen spricht, benutzt man eine Form ganz ähnlich dem Dunkel:
– Das Deutsch Luthers klingt atemberaubend.
– Beamtendeutsch ist ein Geschwür.
– Du sprichst gutes Deutsch!
Genauso sagen wir:
– Das ist ein Schuss ins Blaue.
– Das Blau des Himmels ist atemberaubend!
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Und deshalb reden wir vom Dunkel, wenn wir eine ganz spezielle Dunkelheit meinen: Das Dunkel der Nacht zum Beispiel.
Wenn wir hingegen von der allgemeinen Dunkelheit erzählen, dann sprechen wir vom Dunklen.
Man hat Angst vorm Dunklen oder – wenn man präzise ist – Angst im Dunklen.
Und vor der Dunkelheit in all ihrer Abstraktheit kann man natürlich auch Angst haben.