Ich möchte mich ganz bewusst aus dieser Diskussion heraushalten, die Schule zu verlassen. Es mag Leute geben, die sich speziellen Gruppierungen anschließen und ihre Kinder entsprechend unterrichten lassen - dazu gibt es immer wieder auch Gerichtsverfahren; einfach ist so etwas nicht - über den Sinn kann man nur wirklich etwas aussagen, wenn man Details kennt. Ob das Ganze praktikabel und sinnvoll für dich als Fragesteller ist, kann ich nicht beurteilen. Aber ich möchte dir gern meine persönliche Sichtweise dazu schreiben. Ich arbeite selbst mit Kindern und Jugendlichen, die von ADS bzw. ADHS betroffen sind.
Es fällt dir schwer, deine Aufmerksamkeit lange aufrecht zu erhalten, wenn es um Themen geht, die dich nicht ganz besonders interessieren. Das ist im Schulalltag selbstverständlich problematisch. Du ermüdest schneller und es fällt dir schwer, am Thema zu bleiben. Ich gehe dennoch davon aus, dass du einen Schulabschluss schaffen möchtest. ADS hat schließlich nichts mit Intelligenz zu tun. Es handelt sich um eine Eigenheit, die du hast, und die viele andere auch haben. Das passt nicht ganz in unser Schulsystem, aber das Syndrom ist bekannt und die Schulen lernen, damit umzugehen. Das ist auch für die Lehrer nicht einfach, denn sie haben ihren Schulstoff, den sie möglichst allen Schülern vermitteln sollen - und je größer die Klasse ist oder je mehr Schüler aus dem Durchschnitt fallen, desto schwieriger wird das. Manche Lehrer ignorieren diese Problematik, weil sie nicht wissen, wie sie in der Praxis damit umgehen sollen oder schlicht von den Schülern überfordert werden, die in ihren Augen den Unterricht stören. Denn je mehr Schüler mit Null-Bock-Mentalität den Unterricht boykottieren, desto mehr wertvolle Zeit geht denjenigen Schülern verloren, die etwas mehr Zeit bräuchten, wie zum Beispiel die Schüler mit ADS. Denn ihnen kann man helfen, wenn man die Möglichkeit dazu hat. Ich kenne mehrere Lehrer, die sich hier sehr für ihre Schüler einsetzen und sich bemühen, zu helfen. Das geht am Besten im Zusammenschluss von Pädagogen, Ärzten/Therapeuten, Eltern und natürlich dem Schüler. Einer allein erreicht wenig. Zusammen kann man aber viel erreichen. Denn es darf nicht passieren, dass der Schüler aufgrund einer ADS einen Selbsthass oder eine Depression entwickelt. Und deshalb klingelt da die Alarmglocke, wenn ich deine Frage lese. Es ist Zeit, dass du sinnvolle und realistische Hilfe bekommst.
Für die ADS kannst du genauso wenig wie für deine Augenfarbe oder deine Schuhgröße. Die ist angeboren; es gibt dafür verschiedene Ursachen. Dazu gibt es verlässliche Studien, auch wenn Verschwörungstheoretiker diese ablehnen.
Es ist sehr wichtig, dass du dir fachliche Hilfe holst. Diese gibt es, und sie steht dir zu. Bitte wende ich an deinen Haus- oder Kinderarzt und bitte darum, dass du in fachärztliche Behandlung kommst. Deine ADS muss richtig diagnostiziert werden, falls sie das noch nicht ist. Dann muss eine Gesprächs- und Verhaltenstherapie für dich kommen. In dieser kannst du über deine Sorgen, Ängste und den riesengroßen Frust, der sich da anstaut, sprechen. In einer Verhaltenstherapie kannst du lernen, die Dinge anders anzugehen. Es sind meist die gleichen Dinge, die immer wieder für Ärger sorgen - das kann man trainieren. Bei vielen Jugendlichen ist von der ADS nach der Pubertät nichts mehr zu bemerken. Das liegt aber nicht daran, dass diese weg oder gar "geheilt" sei. Der Grund ist vielmehr, dass diese Menschen gelernt haben, mit schwierigen Situationen umzugehen. Für manche Sachen braucht es Selbstdisziplin, das kann jeder leisten und ist zumutbar. Auf der anderen Seite wirst du erkennen, dass du enorm viele Stärken und Fähigkeiten hast, die du nutzen kannst und solltest. Jeder Mensch hat diese Stärken, und es ist ein Jammer, wenn diese dann in ihrem Tunnelblick nur noch das sehen, was sie nicht so gut können. Lass dir zeigen, dass du ein wertvoller Mensch bist, der viele Sachen viel besser kann als andere. Die Vielfalt macht uns Menschen aus. Du hast ein Recht darauf, glücklich zu sein und nicht mit deinem Schicksal zu hadern. Aber sei auf der Hut, dass du in die richtigen Hände kommst - es gibt leider viele Gruppierungen und Sekten, die auf der Suche nach solchen Menschen sind, um diese mit falschen Versprechungen für ihre Sache zu ködern.
Alles Gute für dich!