Zeitdilatation und Relativität der Gleichzeitigkeit?

4 Antworten

Nehmen wir an, jedes mal, wenn das Photon den oberen Spiegel berührt, muss ich niesen

gleichzeitig in welchem bezugssystem? in jenem in dem du in ruhe bist?

Würde jetzt ein ruhender Beobachter mein Niesen zeitgleich mit dem Berühren des Photons am oberen Spiegel der bewegten Uhr Wahrnehmen?

ruhend in welchem bezugssystem? in jenem in dem auch die lichtuhr ruht?

wenn dieser beobachter und du nicht zueinander in ruhe seid, dann werden ereignisse die nicht am selben ort stattfinden auch nicht für beide gleichzeitig sein. ("wahrnehmen" ist dann nochmal was anderes, weil da geht nochmal die laufzeit des lichts ein, bis es deine augen erreicht und du etwas siehst. darum geht es hier nicht)

Aus Sicht eines ruhenden Beobachters vergeht die Zeit im Raumschiff langsamer, für einen Beobachter im Raumschiff vergeht jedoch die Zeit auf Erden langsamer.

ja. eben wegen der relativität der gleichzeitigkeit.

Warum ist der Raumschiffpilot dennoch weniger gealtert,

um festzustellen ob einer mehr oder weniger gealtert ist müssen sich beide wieder gleichzeitig am gleichen ort befinden, sonst kannst du das nicht vergleichen (eben wegen der relativität der gleichzeitigkeit). das hast du in deinem szenario aber gar nicht gegeben, also kannst du auch nicht absolut feststellen wer mehr gealtert ist.

Beide Inertialsystem sind doch jeweils gleichberechtigt

ja sind sie. aber damit sie sich irgendwann zu einem späteren zeitpunkt wieder treffen um ihr alter zu vergleichen (siehe oben), muss sich zumindest einer zumindest zeitweise nicht-inertial bewegt haben. und dann ist es nicht mehr gleichwertig.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Physiker (Teilchenphysik)

Unbekannt1613 
Fragesteller
 13.08.2022, 14:06

Also Moment, ich bin im Raumschiff mit einer Lichtuhr, die Lichtuhr ruht in meinem Bezugssystem und bewegt sich relativ zu der Erde, genauso wie ich im Raumschiff mich auch relativ zur Erde bewege. Auf der Erde sitzt ein Beobachter. Ich muss in dem Moment niesen, in dem das Photon der Lichtuhr im Raumschiff den oberen Spiegel berührt (ich befinde mich immernoch im Raumschiff). Würde auch dieses Ereignis für den Beobachter, sowohl das Niesen als auch das Berühren des Photons meiner Lichtuhr im Raumschiff gleichzeitg sein. Und wenn nicht, warum?

1
Reggid  13.08.2022, 16:55
@Unbekannt1613

ja, ereignisse die gleichzeitig am selben ort stattfinden, finden in jedem bezugssystem gleichzeitig statt

2
SlowPhil  14.08.2022, 15:46
@Unbekannt1613

Wenn die Lichtuhr senkrecht zu Deiner Bewegungsrichtung liegt, ist das Auftreffen des Photons auf dem Spiegel und Dein Niesen auch für den anderen ("ruhenden") Beobachter gleichzeitig. Das wäre erst anders, wenn die Lichtuhr längs läge.

Die LORENTZ- Transformation für Zeitspannen ist

Δt' = γ(Δt – vΔx/c²),

wobei Δx eine Strecke in Bewegungsrichtung ist.

0
SlowPhil  14.08.2022, 18:41
ruhend in welchem bezugssystem? in jenem in dem auch die lichtuhr ruht?

Wahrscheinlich meint der FS genau das nicht. Die Lichtuhr fliegt ja mit dem Raumschiff mit, und dem FS geht es um einen Beobachter, der nicht mitreist, relativ zu dem sich also das Raumschiff bewegt.

Die Lichtuhr muss übrigens riesig sein, denn sonst müsste der arme Kerl hundert Millionen Mal in der Sekunde niesen.

0
Warum ist der Raumschiffpilot dennoch weniger gealtert

der Alterungsvergleich findet nur dann statt, wenn der Pilot irgendwann zurückkehrt, und das kann er nur, wenn es Brems/Beschleunigungsphasen gegeben hat, die den Inertialstatus des Raumschiffs unterbrechen - diese machen Unterschiede im Alter, nicht der lineare Vorbeiflug.

Wenn ein Beobachter B ein relativ zu ihm bewegtes Objekt X beobachtet, beobachtet er tatsächlich nur ein durch Licht ihm zugetragenes Bild von X. Nehmen wir der Einfachheit halber an, X sei eine Uhr U(X) und U(B) sei die Uhr des Beobachters.

Wie schnell U(X) dem B zu gehen scheint, hängt davon ab, wie schnell und in welche Richtung sich X relativ zu B bewegt.

In Abhängigkeit der Richtung, in die X sich bewegt, kann es für B so aussehen, als ob U(X) langsamer oder schneller als U(B) gehe. Mit anderen Worten: Das Verhältnis U(X)/U(B) kann kleiner oder größer als 1 sein.

Für einen zweiten Beobachter B2 gilt dasselbe, wenn der sich aber relativ zu B bewegt, werden die Verhältnisse U(X)/U(B) und U(X)/U(B2) keineswegs dieselben sein.

Damit ist klar:

Wie schnell U(X) wirklich geht, ist auf keinen Fall abhängig von der Geschwindigkeit des Beobachters relativ zum beobachteten Objekt: Sie nämlich kann für jeden Beobachter eine ganz andere sein.

https://www.bing.com/search?q=%22stw6357BOR%22&toWww=1&redig=762E7F1CAF6946C7A3BF1B371A9FEB74

Relativitätstheorie beschreibt beobachterspezifische Realität

Hallo Unbekannt1613,

die Spezielle Relativitätstheorie (SRT) beruht auf GALILEIs Relativitätsprinzip (RP), das schon in der NEWTONschen Mechanik (NM) Gültigkeit besitzt*):

Die grundlegenden Beziehungen zwischen physikalischen Größen (nichts anderes sind Naturgesetze) hängen nicht davon ab, welchen von zwei geradlinig- gleichförmig relativ zueinander bewegten Körpern (z.B. Raumfahrzeugen mit ausgeschaltetem Antrieb) B und B' man als stationär ansieht, ob man also physikalische Größen in einem von B aus definierten Koordinatensystem Σ oder in einem von B' aus definierten Koordinatensystem Σ' ausdrückt (da auf B und B' keine Kräfte wirken, sind Σ und Σ' übrigens Inertialsysteme).

Einige Größen selbst natürlich schon, Ort und Geschwindigkeit zum Beispiel.

Relativität der Gleichortigkeit von Ereignissen

Wenn Du zunächst an einem Raumfahrzeug A bei x = −d, dann an B bei x = 0 und schließlich bei x = d vorbeikommst, finden in Σ an drei verschiedenen Orten statt, in Σ' hingegen alle am selben Ort mit x' = 0. A, B und C kommen als Konvoi dort vorbei.

Deshalb muss der Begriff der Gleichortigkeit verallgemeinert werden: Wenn es ein Koordinatensystem gibt, in dem die Ereignisse als am selben Ort nacheinander stattfindend beschrieben werden können, heißen sie zeitartig getrennt.

GALILEI meets MAXWELL

Zu den Naturgesetzen gehören auch MAXWELLs Grundgleichungen der Elektrodynamik und damit auch seine elektromagnetische Wellengleichung mitsamt der Naturkonstanten c.

Dies alles muss daher dem RP unterliegen, was bedeutet, dass jede Geschwindigkeit, die in Σ c beträgt, auch in Σ' c betragen muss und umgekehrt (sowie in allen anderen Koordinatensystemen, namentlich, wenn es Inertialsysteme sind).

Das Lichtuhr- Gedankenexperiment und der LORENTZ- Faktor
Wir kennen alle das Beispiel mit den Lichtuhren, die hin und her pendeln

Das Lichtsignal in ihnen pendelt hin und her, wobei die auf B' befindliche Lichtuhr im Gedankenexperiment senkrecht zur Bewegungsrichtung von B' relativ zu B (x-Richtung) ausgerichtet ist (in y-Richtung).

Das Gedankenexperiment selbst dient dazu, den LORENTZ- Faktor

(1) γ := 1/√{1 − β²}  mit β := v⁄c

herzuleiten. Allerdings ist dieser Ansatz ziemlich abstrakt, denn zumindest was die Beobachtung der Lichtuhr durch den "Außenbeobachter" betrifft, hat das nicht mit etwas zu tun, was er irgendwie selbst direkt beobachten könnte.

Ich befinde mich im Raumschiff.

Also auf B'.

Nehmen wir an, jedes mal, wenn das Photon den oberen Spiegel berührt, muss ich niesen.

Wie groß soll die Lichtuhr denn sein? Wäre sie 3m lang, müsstest Du 50 Millionen Male pro Sekunde niesen. Du kannst Dir natürlich eine sehr große Lichtuhr vorstellen, die von der Erde aus fast zum Mond oder noch weiter reichen würde.

Würde jetzt ein ruhender Beobachter...

Den ruhenden und den bewegten Beobachter gibt es laut RP nicht. Es geht um einen Beobachter z.B. an Bord von B.

...mein Niesen zeitgleich mit dem Berühren des Photons am oberen Spiegel der bewegten Uhr Wahrnehmen?

Der relativ zu ihm bewegten Lichtuhr. Nach der gängigen Versuchsanordnung wäre auch im Ruhesystem von B das Auftreffen des Lichtpakets auf dem Spiegel und Dein Niesen zeitgleich, weil die x- Koordinate dieselbe ist.

"Wahrnehmen" ist allerdings das falsche Wort dafür. Das Auftreffen des Photons oder besser Lichtpakets auf dem Spiegel ist ja selbst nicht wahrnehmbar, es sei denn, der Spiegel hat einen Detektor und gibt Meldung über die Ankunft des Lichtpakets dort. Wenn die Lichtuhr wirklich so groß wäre wie oben angedeutet, und Du kämest in dem Moment an B vorbei, wenn Du niesen musst, käme das Signal von dem Auftreffen immerhin eine Sekunde später bei B an als dein Nies- Signal, weil der ferne Spiegel eine Lichtsekunde weiter von B entfernt ist als Du.

Ganz anders wäre es allerdings, wenn die Lichtuhr – anders als üblich – ebenfalls in x-Richtung läge. Du niest ja genau mittig zwischen dem Ereignis, dass das Licht Deine Seite verlässt und dem Ereignis, dass es wieder bei Dir ankommt – in Deinem Ruhesystem Σ' bewegt sich das Lichtpaket ja hin und zurück gleich schnell, nämlich mit c.

In Σ jedoch muss es den Spiegel mit der Differenzgeschwindigkeit c − v einholen und kommt dann Deinem Ende mit der Differenzgeschwindigkeit c + v entgegen. Daher braucht es für den Hinweg

(2.1) K² = (c + v)/(c − v)

mal länger als für den Rückweg; Du niest also eher als das Lichtpaket den Spiegel erreicht.

Ersetzen wir nun den Zug durch einen Konvoi 3er Raumschiffe A, B und C im Abstand von je d = 2 Lichtminuten und das Bistro durch ein Bordbistro in einem Raumschiff B', und setzen v = 0,6∙c (das ist am einfachsten zu rechnen); in diesem Fall ist

Δt = γ∙Δτ = Δτ/√{1 − (v⁄c)²} = 7,5 min.

Statt "westlich" und "östlich" sprechen wir von positiver bzw. negativer x-Richtung in einem von B aus definierten Koordinatensystem Σ bzw. einem von B' aus definierten Koordinatensystem Σ'.

Die räumlich getrennten Ereignisse, die wir nun betrachten, sind die Aussendungen zweier Funksignale von A und von C aus, die zur gleichen Zeit t₀ bei B eintreffen, und zwar in dem Augenblick, wo B' gerade B passiert, EA und EC.

In Σ haben EA und EC beide im Abstand d von B stattgefunden. Da beide Signale dasselbe Tempo c haben, müssen beide zur Zeit t₀ − d⁄c stattgefunden haben.

In Σ' stellt sich das völlig anders dar: Zur Zeit t'₀ passiert B gerade B', und im selben Moment erhält B' die Funksignale. Natürlich haben A und C aktuell dieselbe Entfernung d', aber entscheidend ist, dass C zur Zeit von EC um den Faktor

K² = (1 + v⁄c)/(1 − v⁄c) = 4

weiter entfernt gewesen sein muss als A zur Zeit von EA.

Könnte man nun sagen, relativ zu B' sei das Sigmal von C aus eben mit c + v und von A aus mit c − v unterwegs gewesen, wären EA und EC auch in Σ' gleichzeitig. Dem ist aber nicht so. Die wesentliche Annahme EINSTEINs bestand darin, dass jeder Beobachter, der die Lichtgeschwindigkeit misst, immer auf c relativ zu sich selbst kommen muss.

Eigentlich geht dies auf das RP zurück: Die grundlegenden Beziehungen zwischen physikalischen Größen (nichts anderes sind Naturgesetze) sind unabhängig davon, ob wir die Größen in Σ oder in Σ' ausdrücken.

Zu den Naturgesetzen gehören auch MAXWELLs Grundgleichungen der Elektrodynamik und damit auch seine elektromagnetische Wellengleichung, und deshalb muss sie in Σ' ebenso gelten wie in Σ. Wir müssen daher annehmen, dass nicht nur der Weg von C zu B', sondern auch die Laufzeit von C zu B' um K² länger ist als die von A zu B'.

Genauer ist t'A = t'₀ − d/(K∙c), also t'₀ minus 4 min und t'C = t'₀ − K∙d⁄c, also t'₀ minus 1 min.

Bild zum Beitrag

Abb.: Schaubild zur Relativität der Gleichzeitigkeit

__________

*) Das gilt übrigens auch auf der Erde. Wenn ein Zug mit 180 km⁄h eine gerade Strecke entlang fährt, sagen wir Richtung Westen, könnte man ja sagen: "Es ist doch eindeutig, dass der Zug fährt."

Allerdings bewegt sich ein Läufer auf einem Laufband auch aktiv, nur eben auf der Stelle, weil das Laufband genauso schnell in entgegengesetzte Richtung läuft.

So kann man ebensogut den Erdboden als riesiges Laufband beschreiben, das mit 180 km⁄h nach Osten läuft. Tatsächlich dreht sich die Erde ostwärts, d.h. in unseren Breiten legt jeder statische Gegenstand sogar etwa 100 km⁄h zurück.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – + Auseinandersetzung mit Gegnern der RT
 - (Relativitätstheorie, Zeitdilatation, Relativität der Gleichzeitigkeit)