Würde die Zeit nur kürzer vorkommen bei einem sehr schnellen raumflug oder würde der Körper auch langsamer abbauen als auf der Erde?

4 Antworten

Hallo rodney12345678,

die Relativitätstheorie hat ihren Namen von GALILEIs (!) Relativitätsprinzip (RP), demzufolge Du von zwei relativ zueinander bewegten Körpern jeden als zumindest momentan ruhend interpretieren kannst.

Bewegt sich also relativ zu einem Körper B ein zweiter Körper B' mit konstanter 1D-Geschwindigkeit v, so kannst Du auch sagen, B' ist stationär und B bewegt sich mit der 1D-Geschwindigkeit −v (in entgegengesetzte Richtung halt). Die Körper können z.B. Raumfahrzeuge sein.

Was immer an Bord eines Raumfahrzeugs geschieht, muss der Crew dort völlig normal vorkommen. Wenn wir also auf das Ergebnis kommen, der Zeittakt einer Uhr dort sei deutlich länger, muss der Zeittakt aller Uhren an Bord – auch der biologischen – länger sein, und zwar um denselben Faktor

(1) γ := 1/√{1 − (v⁄c)²},

wobei c die Vakuumlichtgeschwindigkeit ist.

"Zeitdehnung" ist irreführend

Es scheint widersprüchlich, dass dies ein wechselseitiger Effekt ist:

  • Mit B als "ruhendem" Beobachter ist der Zeittakt der Uhr von B' länger.
  • Mit B' als "ruhendem" Beobachter ist der Zeittakt der Uhr von B länger (nicht etwa kürzer).

Daran sieht man aber auch, dass das Wort "Zeitdilatation" eigentlich irreführend ist. Eigentlich ist es so etwas wie ein Projektionseffekt, ähnlich wie der Schatten eines Pfahls i.Allg. eine andere Länge haben wird als der Pfahl selbst.

Dessen Länge steht für die Eigenzeit, die Dauer Δτ eines Vorgangs, z.B. an Bord von B', wie eine lokale Uhr die direkt messen würde. Sie ist eine absolute Größe.

Die Länge des Schattens habe ich sinnbildlich für die B- Koordinatenzeit gewählt. Das ist die von B aus ermittelte Dauer. Dank der – sich zudem ständig ändernden – Verzögerungen von Signalen von B' ist hier keine direkte Messung möglich, sondern eine Dauer muss aus den Messwerten berechnet werden. Dabei führen unterschiedliche Annahmen über den Bewegungszustand von B zu unterschiedlichen Ergebnissen. Die B- Koordinatenzeit Δt erhält man, wenn man B dabei als stationär betrachtet.

Dass sie sich überhaupt von Δτ unterscheiden kann, hängt mit der Relativität der Gleichzeitigkeit räumlich getrennter Ereignisse zusammen.

Bild zum Beitrag

Abb. 1: Eigenzeit vs. Koordinatenzeit. Die gestrichelten Linien stellen jeweils Linien gleicher Zeit im Ruhesystem von B (blau) bzw. von B' (rot) dar.

Aber warum ist die überhaupt länger? Der übliche Ansatz wird als Lichtuhr- Gedankenexperiment bezeichnet. Der ist aber eher abstrakt. Wir verfolgen einen anderen Ansatz, der konkreter ist.

Der optische DOPPLER-Effekt

Wenn Du von einem nicht angetriebenen Raumfahrzeug aus ein fremdes Objekt mit Radar erfasst, verrät Dir die Dauer bis zur Rückkehr des Echos etwas über die Entfernung im Moment der Reflexion und eine eventuelle Frequenzverschiebung etwas über die Bewegung des Objekts relativ zu Dir.

Angenommen, das Objekt nähert sich mit bisher unbekanntem Tempo v und Du schickst ein Signal mit der Wellenlänge λ₀ = c∙T₀ los. Wenn ein Wellenberg ankommt, beträgt der Abstand des nächsten noch λ₀, verringert sich aber mit dem Tempo c + v, weshalb der zweite Wellenberg schon

(2.1) T₁ = λ₀/(c + v) = T₀/(1 + v⁄c)

später eintrifft; bei z.B. v = 0,6c wäre das 0,625∙T₀. Der erste Wellenberg hat sich in der Zeit mit nur c − v vom Objekt entfernt, sodass die neue Wellenlänge

(2.2) λ₂ = T₁(c − v) = λ₀(c − v)/(c + v)

beträgt (bei v = 0,6c wäre das 0,4∙T₁) und das Echo mit der Periodendauer

(2.3) T₂ = T₁(1 − v⁄c) = T₀(1 − v⁄c)/(1 + v⁄c)

bei Dir ankommt, bei z.B. v = 0,6c also mit ¼ der ursprünglichen Periodendauer.

Dasselbe Endergebnis würden wir bekommen, wenn wir annehmen, dass das Objekt ruht und Du Dich ihm näherst, nur dass wir dann annehmen müssen, dass T₁* = 0,4∙T₀ und T₂ = 0,625∙T₁* ist.

Allerdings impliziert das RP, dass der optische DOPPLER-Effekt symmetrisch sein muss. Ist das Objekt ein Raumfahrzeug, in dem etwa ich sitze und Deine Signale auswerte, muss die Periodendauer T₁', die ich messe, nicht um T₀/(1 + v⁄c) oder T₀(1 − v⁄c), sondern

(3) T₁' = T₀√{(1 − v⁄c)/(1 + v⁄c)} =: T₀⁄K,

in unserem Beispiel ½T₀ betragen. Das ist um γ weniger als T₁ und um γ mehr als T₁*.

-- Baustelle --

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung
 - (Physik, Relativitätstheorie)

rodney12345678 
Beitragsersteller
 28.07.2022, 01:05

Also die Erde soll ja auch den Raum dehnen. Aber der Weltraum ist ja ein vakkuum was soll sich da dann an Material weggdrücken, sodass Raum gedehnt wird? (wahrscheinlich war der Raum ja auch schon vorher da er füllt sich nur mit Licht oder mit dem weggedrückten Material was nichtmal vorhanden ist)

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SlowPhil  28.07.2022, 01:25
@rodney12345678

Nein, die innere Geometrie der Raumzeit (!) verändert sich durch die Anwesenheit größerer Energieansammlung, wobei Materie eben besonders viel Energie auf relativ wenig Raum darstellt.

Das Ergebnis kennen wir als Gravitation. Dies ist aber schon Allgemeine Relativitätstheorie (ART), geht über Deine Frage also weit hinaus.

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Beides. Könnte man mit über 90% der Lichtgeschwindigkeit durchs All rasen, würde Dir selbst alles völlig normal vorkommen. In Wirklichkeit bewegst Du Dich, könnte man Dich von der Erde aus sehen, so unendlich langsam, dass es wie Stillstand aussieht. Ist dann das Jahr im All vergangen, und Du landest nach einem Jahr wieder auf der Erde, wären dort vielleicht schon 10 Jahre vergangen (mindestens). Auf der Erde wären in Deinen Augen alle Menschen, die Du kennst, stark gealtert, aber Du bist weiter jugendlich jung und frisch. Das ist nicht Science Fiction. Reisen in die Zukunft sind theorethisch möglich. Es gibt nur (noch) keine Technik dafür.


rodney12345678 
Beitragsersteller
 28.07.2022, 01:11

Also die Erde soll ja auch den Raum dehnen. Aber der Weltraum ist ja ein vakkuum was soll sich da dann an Material weggdrücken, sodass Raum gedehnt wird? (wahrscheinlich war der Raum ja auch schon vorher da er füllt sich nur mit Licht oder mit dem weggedrückten Material was nichtmal vorhanden ist)

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Niemandmann  28.07.2022, 01:22
@rodney12345678

Ich müsste jetzt eine ganze Abhandlung schreiben, und das sprengt den Rahmen. Wichtig: Ein leerer Raum ist etwas völlig anderes als das absolute Nichts. Der Raum ist wie eine Hängematte, der durch die gesamte Materie und der unsichtbaren Antimaterie gekrümmt wird. Das verändert natürlich die Entfernung. Bei "kleinen Ausflügen", wie zum Beispiel zum Mars, spielt das keine Rolle, denn der Unterschied der Kilometer würde wohl 0, und jetzt 1 Milliarde Nullen und als Abschluss eine 1 betragen. Der leere Raum ist sowas, was Du siehst, wenn Du beide Augen fest schließt. Du siehst Dunkelheit, und das ist Existenz. Und was sieht Dein Unterarm? Das ist das absolute Nichts.

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rodney12345678 
Beitragsersteller
 28.07.2022, 01:32
@Niemandmann

Hm würde das gerne verstehen selber nachlesen aber die meisten Texte beantworten nie meine Fragen. Gefühlt nur für Leute die nichts hinterfragen und einfach so hinnehmen. Das mit der matte habe ich öfter gelesen. Aber die matte ist in echt ein 3 dimensionaler Raum oder? Was hat diese Krümmung genau mit dieser zeitreise und den '' Portalen '' zu tun? (mir fällt grade nur der science Name portal ein)

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Niemandmann  28.07.2022, 09:18
@rodney12345678

Ich bitte Dich freundlichst darum, dass Du Dir die entsprechende Literatur von Albert Einstein in Bezug auf die allgemeine und die spezielle Relativitätstheorie zulegst. Da wird alles beschrieben, was es mit Raum und Zeit und dem gegenseitigen Bezug zu erfahren gibt. Das würde hier wirklich ausufern. Vielen Dank und noch einen recht schönen Tag für Dich!

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Enzi1  28.07.2022, 11:35
@rodney12345678

Ich versuch es mal zu erklären: Also man muss unterscheiden, ob sich eine Strecke verkürzt/dehnt für einen Beobachter, aufgrund seiner konstanten Geschwindigkeit oder sich die Raumzeit krümmt, aufgrund der Gravitation. Ersteres ist mit Herleitungen uas dem Internet relativ einfach zu verstehen. Die Krümmung allerdings entwas komplizierter: Die Krümmung ist ein mathematisches Modell, um überhaupt die Effekte der Gravitation zu beschreiben. Nach dem Äquivalenzprinzip von Einstein ist eine gleichförmige Beaschleunigung gleichzusetzen mit einer lokalen Gravitation, das bedeutet, dass man nicht unterscheiden kann, ob man gerade mit einem Raumschiff beschleunigt, oder sich in einem GRavitationsfeld befindet. Wenn du in einem Raumschiff bist und Licht betrachtest, dann würde sich das Raumschiff von der Lichtquelle fort oder hinbewegen, je nachdem von wo das Licht ausgeht. Dh. es gibt relativ zum Bezugssystem des Raumschiffs eine Zeitdilatation und Längenkontraktion. Nach dem Äquivalernzprinzip ist dieser Effekt auch gleich bei der Gravitation. Die Krümmung der Raumzeit kommt jetzt aber dadurch, dass man eine gleichförmige Beschleunigung nur an einem Punkt in einem Gravitationsfeld hat, denn ein Stück daneben würde die Richtung der Gravitationskraft anders sein, da alles zum Mittelpunkt einer Masse gezogen wird. Um diesen unterschied zu beschreiben führt man die Krümmung der sogenannten Raumzeit ein. Also es ist nicht wirklich eine physikalsiche Krümmung, sondern ein mathematischer Term um den Unterschied der Beschleunigung in einem Gravitationsfeld auszudrücken.

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Niemandmann  28.07.2022, 11:38
@Enzi1

Klasse beschrieben. Das hätte ich nie und nimmer so hinbekommen. Danke!

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Man müsste schon sehr schnell fliegen, damit es zur Zeitdehnung kommt.

Bisher konnten Astronauten nur ein paar Sekunden 'einsparen' und die waren über ein Jahr auf Raumstationen.


rodney12345678 
Beitragsersteller
 28.07.2022, 00:44

Wie funktioniert das mit der zeit Dehnung?

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Spikeman197  28.07.2022, 00:47
@rodney12345678

Je näher man an die Lichtgeschwindigkeit kommt, desto langsamer vergeht die Zeit. Das ist ein echter physikalischer Effekt. Theoretisch ließe sich so die Zeit auf das Doppelte, Zehnfache, oder Tausendfache dehnen.

Praktisch können wir aber nur Atome, bzw. Ionen so schnell bekommen. Bei Raketen handelt es sich nur um Millisekunden pro Tag!

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rodney12345678 
Beitragsersteller
 28.07.2022, 00:52
@Spikeman197

Okay aber mit Dehnung ist nicht wirklich eine Dehnung gemeint, wie zb materialdehnung? Wenn ich mehr km als gestern laufe sage ich ja auch nicht wow ich habe meine km gedehnt.

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Spikeman197  28.07.2022, 00:56
@rodney12345678

Das ist der Fachbegriff, auf Deutsch...ansonsten Zeitdilatation!

Nun ja...Wie würdest Du es nennen, wenn Myonen aus der Höhenstrahlung, die normalerweise nach 1-3 Minuten zerfallen, doppelt so lange durch halten, nur weil sie fast mit Lichtgeschwindigkeit unterwefs sind? Sie schaffen durch die längere Lebensdauer auch eine längere Strecke durch unsere Atmosphäre!

Aus unserer Perspektive erfahren sie eine Zeitdehnung, aus ihrer Perspektive eine StreckenVerkürzung. Das ist RelativitätsTheorie und folgt damit den Formeln von Einstein.

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Enzi1  28.07.2022, 11:25
@rodney12345678

Myonen haben eine Ruhemasse und können daher nicht mit Lichtgeschwindigkeit unterwegs sein

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SlowPhil  28.07.2022, 16:21
@rodney12345678

Es ist eigentlich gar keine Dehnung, sondern gleichsam eine Projektion eines Vorgangs auf die Weltlinie (WL; sie stellt die Position eines Körpers in Abhängigkeit von der Zeit dar) eines Beobachters.

Die Dauer Δτ, die eine lokale Uhr Ώ direkt messen würde, heißt Eigenzeit und ist absolut, sie ist quasi die Länge einer Strecke in der Raumzeit.

Die Dauer Δt, die ein Beobachter an Bord eines idealerweise unbeschleunigten Raumfahrzeuges (relativ zu dem sich Ώ ggf. bewegt) aus den Messwerten seiner Uhr U berechnen würde, heißt B- Koordinatenzeit und ist, wie der Name schon sagt, eine Koordinatendifferenz. Deshalb kann sie von Δτ abweichen und tut das auch.

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Für Sie und ihre Empfindungen als Raumfahrer würde sich nichts ändern.