wofür braucht man als Reiter mehr Talent: für Dressur oder Springen?

12 Antworten

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Ich kenne einen sehr erfolgreichen Springreiter, der an seinem Stall einen Wahnsinnszulauf hat an Leuten, die bei ihm Unterricht nehmen und ihm an mehreren Tagen in der Woche regelrecht die Hütte einrennen - außerhalb von Corona. Er unterrichtet auch sehr engagiert und seine Zöglinge sind nicht unerfolgreich. Aber auch wenn er immer wieder siegreich ist - ansehen mag ich sein Reiten im Parcours nicht wirklich gerne. Ich empfinde ihn als Grobmotoriker, der für den Sieg auch ein Pferdemaul opfert, wenn es seiner Meinung nach sein muss. Und erst vorgestern erzählte mir eine seiner ehemaligen Schülerinnen, deren Pferd auch bei ihm in Beritt war, dass er nicht in der Lage war, ihr Pferd an den Zügel zu reiten. Seiner Meinung nach müsse es das auch nicht, weil das Pferd ja auch so im Parcours funktioniert.

Setze ich dagegen den Trainer unserer Tochter - der ebenfalls sehr erfolgreich im Springsport unterwegs war und sporadisch (er ist nicht mehr ganz so viel auf Turnieren unterwegs) auch heute immer noch ist, wird deutlich, wie unterschiedlich Reiten doch sein kann. Denn er ist auch ein ausgezeichneter Ausbilder von jungen Pferden, schafft es mitunter auch das vermurksteste Pferd zu korrigieren und ist ein fast noch besserer Dressur- als Springreiter. Ich habe ihn schon so oft im Parcours erstaunliche Abkürzungen nehmen sehen - doch selber wenn er siegreich war, habe ich nie am Ende ein geschundenes Pferd erlebt.

Auch anhand dieser beiden Reiter und ihrer doch sehr unterschiedlich Art, Pferde zu reiten, komme ich zu dem Schluss, dass man im Springreiten sehr vieles mit Mut, Rücksichtslosigkeit, Entschlossenheit, Geschick und Ehrgeiz lösen kann, auch wenn man kein Dressurreitergott ist, einem das jedoch in der Dressur nicht hilft. Ein unelastisches Becken, das nicht in den Trab findet, ein harte unnachgiebige Hand und unruhige Beine fallen im Parcours nicht so zur Last, sitzt der Reiter auf dem richtigen Pferd, wie in der Dressur.

Klar gibt es auch in der Dressur Reiter, die erfolgreich sind, weil das Management rund um ihr Pferd stimmt, was Beritt und Training angeht. Die sitzen selber nur 1-2 mal die Woche auf ihrem eigenen Pferd und lassen es ansonsten so passend reiten, dass sie am Wochenende schön drauf sitzen und glänzen können. Diese Art von Reiter ist mitunter zwar erfolgreich, aber nicht in der Lage selber Probleme reiterlich zu lösen.

Generell ist es für meinen Geschmack so, dass ich fest davon überzeugt bin, dass man für die Dressur mehr Talent braucht als fürs Springen. Im Springen kann man mit Mut und Entschlossenheit, einem guten Auge und Gefühl und dem richtigen Pferd vieles lösen. In der Dressur hilft einem Gefühl zwar auch schon sehr - doch kann es Defizite nicht so kaschieren, wie es unter dem Adrenalin im Parcours so manches Mal geschieht.


Sallyvita  11.12.2020, 10:57

Vielen Dank, darüber freue ich mich sehr! Frohe Weihnachten und bleib gesund!

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talent ist wie überall nur 10%. der rest ist harte arbeit.

wenn deine freundin wirklich interesse am turnierdressurreiten hätte, würde sie auch das mit einem entsprechenden trainer und dem entsprechenden unterricht hinkriegen. ihr "eigentlich keine lust" überträgt sich ja aufs pferd - und dementsprechend motiviert oder nicht ist das pferd.

dressur ist generell die gymnastizierung des pferdes und das ziel, die durchlässigkeit zu erreichen.

mit einem durchlässigen und gut gerittenen pferd zu springen, ist ein traum.

ich habe früher das springen geliebt, habe aber nie im leben einen parcours geritten, sondern bin im gelände alles gesprungen, was sich anbot und zu bewältigen war. ob rübenblatthaufen oder rübenhaufen auf abgeerntetem feld oder strohballen, reisighaufen, umgefallene bäume oder auch die alten steintröge, die sich auf manchen weiden finden - und badewannen, kleine hecken, reifenstapel etc.

generell sollte man zum reiten ein bisschen talent haben. ob man damit auf turnieren starten will, ist reine einstellungssache. das was an dressur auf turnieren geritten wird, ist für mich im ursprünglichen sinn kein dressurreiten.

und falls du deine freundin dazu motivieren willst, doch noch im dressurreiten durchzustarten hätte ich zwei sinnsprüche, die ihr helfen können.

"vor den erfolg hat der liebe gott die arbeit gesetzt"

"höre nicht auf, wenn es wehtut, höre erst auf, wenn du fertig bist."

aber vielleicht will sie auch gar keine schöne a-dressur reiten, sondern hat nur das gefühl, es würde von ihr erwartet.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Sachgerechter Umgang ist aktiver Tierschutz!

Na ja man kann die beiden Bereiche nicht wirklich gleichsetzen.

Anforderungsprofile sind zu unterschiedlich. Talent brauch man für beides wohl gleichviel. Es wird nur gänzlich anders bewertet. Anmut, Präzession und Co. auf Seiten der Dressur. Mut, Timing, Kraft auf Seiten des Springens. Man vergleicht absolut Apfel und Karotten, außer der selben Abteilung im Supermarkt ist da nicht mehr viel gemeinsam.

Man Vergleicht ja auch nicht Judo oder Karate miteinander wegen des Talentes. Beides ist Kampfsport und doch gänzlich andere Wege.

Nach meiner Meinung kann man bei beiden Reitsportarten viel erreichen mit den richtigen Paket.

Man kann wohl im Springsport eher blenden, als im Dressursport. Manches kurzfristig durch Wahnsinn kompensieren, dauerhaft gut zu bleiben geht nur durch können oder nur noch durch absoluten Materialverschleiß bei den Pferden.

Liegt aber auch eindeutig an die gänzlich andere Bewertung bei den höheren Turnierklassen. Den würde man die Kür auch auf Zeit reiten müssen, wäre hier die Präzession hinüber.

Ebenso wäre natürlich im Springsport, die Spitzenzeit nicht mehr zu erzielen, wenn man die gleiche reiterliche Perfektion wie bei der Dressur einfordern würde, diese wird benotet.

Dressur ist doch deswegen oft jene der beiden Reitsportarten die als schwieriger erachtet wird, weil der Reitlehrer einem besser in den Arsch treten kann als beim Springen. Da ist immer was, beim Springreiten zählt ab einer bestimmten Ausbildungsstufe eher das Ziel, als das wie. Deswegen zieht es so viele Blindnieten ins Springreiten, da werden die Reitlehrer pflegeleichter.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Ausbildung Pferdewirt, ganzheitlicher Pferdetherapeut

Ich glaube beides geht. Man kann mit Talent groß werden (+ entsprechendes Pferdematerial + entsprechenden Unterricht) oder durch Arbeit, Arbeit, Arbeit. In beiden Disziplinen.

Meine Einschätzung wäre, für die Dressur sollte man perfektionistischer veranlagt sein, für das springen ist mehr Mut von Nöten, egal ob Talent vorliegt oder nicht.

Klar kannst du dir die negativ Beispiele hauptsächlich ansehen, diese Leute triffst du in jeder Klasse, in jeder Disziplin denke ich (VS glaube ich in deutlichem geringerem Prozentsatz). Aber nebenher reiten so viele Leute mit Talent und Gefühl, die aus reinem Gefühl heraus reiten, die Pferde motivieren können und, gerade im Parcours, mit dem Pferd als Partner einher gehen. Auch nicht zu verachten die Leute ohne Talent, welche sich jahrelang abarbeiten und das alles durch Training, Ehrgeiz und enormen Zeitaufwand ausgleichen und letzten Endes auch sehr gut reiten (ohne ein Bild wie Hugo Simon abzugeben). Du selbst nimmst doch einige Dressurreiter aus der weltspitze oft als negativ Beispiel, also auch dort ist es möglich mit Hauruck Reiterei Grand Prix zu reiten, anhand dieser Beispiele könnte man jetzt davon ausgehen in der Dressur kommt man ohne Talent eher hoch wenn man es so einseitig betrachten möchte.

Auch würde ich aufpassen Angstfreiheit nicht mit Talent zu verwechseln. Auch heißt Talent ja nicht dass man alles aus diesem Talent schöpfen kann, zb jemand beherrscht die Technik des Parcours super, muss in der Dressur (Vorbereitung) aber alles lernen und arbeiten wie jeder andere auch. Wenn dieser sich nur auf sein Talent verlassen würde, dann gäbe das auch nichts, Vorallem kein harmonisches Bild.

Talent vereinfacht den Weg sehr. Auch im springen. Einige Dinge, welche Menschen mit Talent dafür nur ein, zweimal wiederholen müssen, muss ich dreißig mal machen ehe ich ein Gefühl dafür entwickle. Und wenn der talentfreie Reiter mal eine längere Springpause macht, dann muss das Gefühl wieder entwickelt werden, trotz das man normal weiter geritten ist. Das wäre noch ein Knackpunkt wo Talent beim springen mehr bewirkt als in der Dressur.

Deine ‚Freundin‘ scheint sich zu sehr auf Ihre Angstfreiheit zu verlassen, und das wichtige ‚Drumherum‘ zu vernachlässigen. Die Quittung dafür bekommt sie in höheren Klassen und/oder auf einem anderen Pferd. Dann funktioniert es auch auf einmal im L springen nicht mehr.

Eine Grundfitness unterstützt sehr, auch in jeder Disziplin. Genügend Geld für mehrere entsprechende Pferde ist eh nötig wenn es ganz hoch gehen soll.

Also mein Fazit, es ist nicht so schwarz weiß zu sehen. Beides kann man sich erarbeiten mit den entsprechenden Mitteln, beides wird einfacher wenn man Talent aufweist.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Circa 20 Jahre Erfahrung, aktiv im Turniersport (LK 3)

verreisterNutzer  09.12.2020, 20:12

Besser hätte ich es nicht sagen können. Danke!

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Dressur ist die Basis. Das Springen ist Dressur zwischen den Sprügen. Mein Pferd ist im Springen bis Klasse S ** ausgebildet geht aber auch Dressur bis Klasse L/M ausgebildet.

Ich habe neben Springunterricht auch regelmäßig Dressurunterricht, obwohl ich seit Jahren nur auf Springturniere fahre (meine Mutter geht hin und wieder mal eine L Dressur) ohne Dressur läuft eben nichts.

Ich will jetzt nicht sagen, das ich Dressurreiten mir nicht liegt, aber ich finde das Springreiten viel spannender, also die Turniere. Gesprungen wird mein Pferd eh nur 1-2 mal die Woche.

Mein Pfers ist auch kein erfolgreiches Turnierpferd in der Dressur, weil er im Parcours auch einfach mehr Freude hat, bei sprüngen ist er viel Motivierter. Ich bin eben auch nicht so der Dressurkrack, weil mir da die Einstellung fehlt, aber ich glaube man braucht bei beiden gewisses Talent und vorallem ein Pferd mit der richtigen Einstellung