Wieso personifizieren Menschen unbelebte Dinge?

6 Antworten

Weil man sich der Abhängigkeit und Ausgeliefertheit dieser Dinge bewußt gewesen ist.

Ergo hat man dahinter Götter und Dämonen vermutet gehabt, die man hat bestechen müssen.

Angesichts der Ausmaße dieser Personifizierung in Kultur und Religion vieler Zivilisationen fällt es mir schwer es nur als ein Stilmittel oder missverstandene Stilmittel zu betrachten.

Über das menschliche Gehirn weiß man dass es immer zu einer Generalisierung und Abstraktion seiner Wahrnehmungen tendiert. So können wir das wesentliche aus der Wahrnehmung herausfiltern und können auch Vergleiche und Analogien bilden.

Es gibt Psychologen die meinen das die Entwicklung eines Kindes die Umwelt zu verstehen damit beginnt hinter jeder Wirkung als Ursache eine Person zu sehen. Entweder das eigene Ich oder die Personen in der Umgebung (Mutter, Vater, Geschwister). Demnach fängt ein Kleinkind seine Welt zu erklären damit an indem es die Aktivitäten von Personen als Ursache identifiziert. Essen gibt es nur wenn die Mutter Milch oder Essen gibt. Sauber wird man nur wenn Mama oder Papa einen wäscht. Alles was um ein Baby oder Kleinkind passiert scheint von Personen geleitet zu werden.

Es wird auch behauptet dass das Gehirn evolutionär bedingt sich auf Personen als Umweltfaktoren fixiert weil das rationale und logische Denken erst durch ein Entwicklungsprozess beim heranwachsen sich herausbildet. Ein Kleinkind kann demnach gar nicht anders als seine Umwelt zu personifizieren.

Und irgendwie scheint diese Art der Kategorisierung der Welt auch im Erwachsenenalter erhalten zu bleiben sofern das heranwachsende Intellekt nicht mit ausreichend Logik und Wissen gefördert wurde. In alten Kulturen wusste man eben vieles nicht, also blieb als einzige Erklärung für viele Naturphänomene weiterhin die frühkindliche Kategorisierung über die Personifizierung.

Man muss sich das wohl so vorstellen. Ein Mensch kommt auf die Welt und weiß nichts. Es kennt keine Naturgesetze, es versteht nicht wieso es regnet, stürmt, wieso es warm und kalt wird. Was die Sonne ist, was der Mond ist, was die Sterne sind. Und die ersten Erfahrungen die ein Baby macht ist dass es beobachtet wie in seiner Umgebung Dinge passieren durch das wirken von Personen. Diese Erfahrung ist dann die tiefsitzende Grundlage für das weitere Verständnis der Umwelt.

Andere Experimente zeigen dass der Mensch die Fähigkeit hat sich in andere Menschen hineinzufühlen. Auch zeigen Experimente dass Menschen aber auch Affen verstehen wenn ein Artgenosse etwas gesehen hat. Wir aber auch Affen besitzen wohl eine angeborene Fähigkeit zu wissen dass andere Artgenossen auch ein Art Bewusstsein bzw. eine Wahrnehmung der Welt wie wir besitzen. Wir erkennen Artgenossen als Personen bzw. als Wesen mit gleichen Fähigkeiten an.

Könnte es sein dass auch diese Tendenz ohne besseres Wissen dazu überschwappte auch in Objekten der Natur ein wahrnehmendes Wesen, eine Person, ein Geist zu sehen? Und da ein Sturm und Unwetter sehr mächtig sein kann leitete unser Gehirn ab dass diese Wesen sehr mächtig sein müssen, so wurde aus den beseelten Objekten im Animismus (überwiegend in Jäger und Sammler Kulturen) die mehr oder weniger mächtigen Götter späterer Zivilisationen. Irgendwann gab es auch mächtige Herrscher und Könige. Das erlaubte es auch die Personifizierung der Natur dem anzugleichen. Die Natur Personen bzw. Götter mussten demnach königliche und stark sein um die Dinge zu bewirken die sie bewirken, wie Regen, Sturm, Krieg, Leben, Tod. So wurde aus noch vergleichsweise einfachen Naturgeistern die hoch personifizierten und königlichen Gottheiten.

Demnach erlernt der Mensch durch angeborene und erlernte Fähigkeiten zuerst die Interaktion mit anderen Personen also Menschen. Dieses soziale Gefüge ist elementar und prägt die frühesten Strukturen des Gehirns als Modell für die Umwelt. Aus diesem Model leitet sich dann alles andere ab. Der Mensch ist sozusagen bestrebt gewesen mit der Natur auf eine soziale Art zu interagieren wie mit anderen Mitmenschen, denn am Anfang kannte der Mensch nichts anderes als die Interaktionen in Familie und Gruppe.

Manche Psychologen sind der Ansicht dass kleine Kinder die mit Gegenständen spielen als seien es lebendige Wesen das auf eine viel ernstere Art tun als Erwachsene annehmen. Aus Sicht des Erwachsenen tut das Kind nur so als ob das Spielzeug, etwa ein Stück Holzfigur, lebendig wäre. Manche Psychologen sagen dass Kind glaube aber im innersten wirklich daran. Kinder neigen dazu vieles zu personifizieren.

Auch bei Erwachsenen zeigt sich diese Psychologie. Viele geben ihren Autos Namen und fangen an eine Art der emotionalen Bindung herzustellen obwohl es doch nur eine unbelebte Maschine ist. Ihr Verstand sagt ihnen zwar dass das Auto nicht lebt aber irgendwas in ihrem inneren lässt sie eine emotionale Bindung zum Auto aufbauen. Statt Auto können es auch andere Gegenstände sein. Bei Kindern ist dieses Verhalten ausgeprägter als bei Erwachsenen.

Woher ich das weiß:Recherche

Das liegt an der Komplexität der Natur basierend auf dem deterministischen Chaos.
Die Dinge sind praktisch so unvorhersehbar, wenn man keinen tiefen Einblick in die physikalischen Gesetze der Natur hat, dass man ihnen zwangsweise einen eigenen Willen zuschreiben musste, weil es einfach keine bessere Erklärung dafür gab.

Sobald man diese Naturmächte bzw. unvorhersehbaren Ereignisse/Wendungen personifiziert hat, um der Unvorhersehbarkeit gerecht zu werden, entwickeln sich Redewendungen oder kleine Geschichten zu Diesen, die sich im Laufe der Zeit verdichten und zu einem dichten Geflecht werden, das einem scheinbaren Zusammenhang unterliegt (durch permanente Wiederholungen und Falscherzählungen). Letztlich entsteht dann sowas wie eine Kultur.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Moin, Energiekugel. Meine Theorie: Unter all den Dummen war mal ein Schlauer, und der hat sich gedacht: aus all dem schlechten Wetter muß man doch Kapital schlagen, und so hat er Gott erfunden, um all die Deppen um ihn herum unter Kontrolle zu bringen. Das war natürlich vor jahrtausenden viel einfacher als heute, weil die Leute noch eher geglaubt als hinterfragt haben. Heutzutage kann man als Scharlatan viele Menschen abkassieren. Man muß nur innovativ sein. PS Das war keine Anleitung zum Betrug. Bleib sauber, lg

Es stimmt. Selbst in der Bibel gibt es diese Personifizierungen:

Das Blut Abels „schreit“ zum Himmel, nachdem er von Kain ermordet wurde (1. Mose 4:10).

Auch die wirksame Kraft Gottes wird gelegentlich personifiziert (Joh. 14:26), obwohl er keine Person ist. Denn an anderer Stelle kann man lesen, dass dieser Geist auf Menschen „ausgegossen“ wurde (Apg. 10:45), oder dass Personen mit diesem Geist „erfüllt wurden (Apg. 2:4), was man mit einer Person ja nicht machen kann.

Und auch die „Weisheit“ wird in der Bibel personifiziert (Spr. 1:20-33). In Mat. 11:19 und Lukas 7:35 wird sogar gesagt, sie habe „Werke“ und „Kinder“. 

Selbst die Sünde, der Tod und das Wasser werden in der Bibel gelegentlich personifiziert.

Warum wird das gemacht?

Um charakteristische Merkmale einer Sache verständlicher zu machen.

Die Gefahr besteht natürlich, dass man übers Ziel hinausschiesst und die Sache zur wirklich realen Person erklärt. So glauben viele Christen, die wirksame Kraft Gottes (heiliger Geist) sei solch eine wirklich reale Person. Sie haben daraus die unbiblische Trinitätslehre konstruiert, deren Entsprechung bereits in heidnischen Religionen zu finden ist.

Paradoxerweise degradieren viele dieser Christen die wirklich real existierende Person Gott (JHWH / JAHWE / JEHOVA) zur Unperson, indem sie sagen, er existiert lediglich als das Gute in uns. Um trotzdem einen Gott anbeten zu können, wird Jesus (der Sohn JAHWES) zum Gott erklärt.

Wie man sieht, sollte man sehr überlegt mit dem Stilmittel der Personifizierung umgehen. Ansonsten kommt es dazu, dass man statt des wahren Gottes z. B. den Mond anbetet. Die Göttin Selene wurde von den alten Griechen und Römern tatsächlich als Personifizierung des Mondes verehrt.

Liebe Grüsse ...