Wieso ist Deutschland so links geworden?

3 Antworten

Ist es nicht. Tatsächlich gibt es eine extrem verschobene Wahrnehmung vieler Leute.

Unsere Bundesrepublik basiert seit Anfang an auf diesen "linken" Gedanken. Menschenrechte und Sozialstaat stehen in unserer Verfassung. Auch viele andere Dinge, die heute eine große Gruppe von Menschen als Krankheit ansieht, stehen da drin. Beispielsweise Menschenwürde usw.

Und genau da liegt das Problem: Wir haben Haltungen, die seit Jahrzehnten nicht diskutiert wurden. Die im gesellschaftlichen Konsens völlig korrekt und normal waren und diese werden plötzlich von einer breiten Masse mit Füßen getreten. Wenn aber jemand Menschenrechte und Menschenwürde mit Füßen tritt, dann bedeutet es nicht, dass der Rest irgendwie weiter nach links gerückt ist, wenn er selbiges verteidigt.

Es haben sich folgende Dinge deutlich geändert:

  1. Unser Wohlstand ist deutlich gestiegen. Im Vergleich zu den 1950ern und 1960ern, also den Nachkriegsjahren bis Wirtschaftswunder, aber auch im Vergleich zur Kohl-Zeit, sind wir deutlich wohlhabender, dadurch ergibt sich aber auch, dass wir uns sozial mehr leisten können und das dann auch machen sollten. Sprich: Was heute als arm gilt, war vor 50 Jahren noch normale Arbeiterschicht oder sogar teilweise mehr. Aber deswegen hat sich unsere Grundhaltung ja nicht verändert.
  2. Auch aus zweifelhafter "Tradition" heraus gab es in den Nachkriegsjahren noch viele Tabu-Themen. Beispielsweise Homosexualität. Es gab dann genau diese Konflikte, dass eigentlich die Basis unser Gesellschaft auf Toleranz solcher Dinge ausgelegt war, aber viele auch Ältere sich schwer taten, das zu akzeptieren. Man könnte in diesem Feldsagen, dass wir einfach offener geworden sind. Sind wir deswegen linker geworden? Zumindest nicht, was unsere Verfassung angeht. Die hat das schon von Anfang an diktiert.
  3. Gerade unser Sozialstaat basiert auf der Verfassung. Ludwig Erhard (CDU!) würde sich im Grabe herumdrehen, würde er die Haltungen seiner Politik-Erben heutzutage sehen, die gegen Bürgergeld usw. kämpfen. Hier ist es eher so, dass eine größere Masse an Menschen deutlich nach rechts gerückt ist oder in einen Wirtschaftslobby-/Liberal-/Libertär-irgendwas Sumpf. Da wird nur auf sich und das eigene Klientel gerückt und vielen geht es offenbar so gut, dass sie das auch noch wollen. Dummerweise hat auch die SPD a teilweise mitgemacht und ist diesen Irrweg gegangen. Aber aus Fehlern lernt man zumindest in der SPD. Verglichen mit der Geschichte der BRD ist da niemand nach links gerückt. Vielmehr besinnt man sich auf frühere Positionen.

Wenn man selbst (relativ) weit rechts steht, sieht alles andere sehr links aus.

Naja, das wird wohl Ansichtssache sein, je nachdem wie weit rechts man sich positioniert.