Wie wichtig ist der Bundespräsident?

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Es finden sich immer wieder Menschen, sie sich für die Abschaffung des Bundespräsidentenamtes aussprechen, weil sie es für überflüssig halten. Ich dagegen halte dieses Amt für sehr wichtig und unverzichtbar!

Das Amt des Bundespräsidenten ist das eines konstitutionell-parlamentarischen Monarchen, mit dem Unterschied, dass sein Amt nicht vererbbar ist. Der Bundespräsident soll die höchste unabhängige Macht in Deutschland sein, die über dem politischen Alltagsgeschäft steht, die Regierungs- und Gesetzgebungsarbeit überwacht und Deutschland als Staatswesen im In- sowie Ausland repräsentiert.

Das Amt des Bundespräsidenten ist also ein politisches Amt, das deswegen gerne als überflüssig angesehen wird, weil der Bundespräsident angeblich keine Macht habe.

Der Bundespräsident - und das ist das Grundlegende! - ist eine laut Verfassung unabhängige Staatsgewalt! Niemand kann bzw. darf dem Bundespräsident bei der Ausübung seines Amtes Befehle erteilen oder ihn zu etwas nötigen, sondern der Bundespräsident übt seine Rechte und Pflichten unabhängig und in eigener Verantwortung aus. Insofern hat er alle Befugnisse und auch "Macht", die ihm das Grundgesetz, unsere Verfassung, verleiht! Zu behaupten, dass er keine "Macht" habe und nur eine Repräsentationsfigur sei, ist also falsch!

Der Bundespräsident repräsentiert Deutschland als Staat im In- und Ausland. Das ist aber nur eine seiner Aufgaben. Er ist während seiner Amtszeit das Staatsoberhaupt der Bundesrepublik Deutschland, alle diplomatischen Vertreter/Botschafter anderer Länder müssen sich persönlich beim Bundespräsidenten akkreditieren.

Der Bundespräsident vertritt die Bundesrepublik völkerrechtlich. Verträge der Bundesrepublik mit anderen Ländern, die in Form eines Bundesgesetzes beschlossen werden müssen, sind ohne Mitwirkung, sprich: ohne Unterzeichnung des Bundespräsidenten nicht rechtsgültig. Der Bundespräsident ist schon in die politischen Vorbereitungen solcher Verträge eingebunden: er wird über das Vorgehen der Regierung und die Verhandlungen informiert, kann seine Ansichten und Vorstellungen äußern.

Das betrifft übrigens jedes Bundesgesetz, das Bundestag und Bundesrat beschließen. Der Bundespräsident ist befugt, jedes beschlossene Gesetz auf seine Verfassungsmäßigkeit zu prüfen, und er hat die Macht, es ggf. durch Unterschriftsverweigerung zurückzuweisen oder/und durch das Bundesverfassungsgericht prüfen zu lassen. Er ist also, wie dieses Gericht, ebenfalls ein Hüter unserer Verfassung, des Grundgesetzes.

Als Staatsoberhaupt steht der Bundespräsident über den Parteien und mischt sich nur selten in die Tagespolitik ein. Aber wenn er es für geboten hält, darf er es: Bundespräsident Steinmeier hat das Zustandekommen der letzten "GroKo" aktiv befördert, unterstützt die Regierungen in der gegenwärtigen, immer noch anhaltenden Coronakrise. Hat er zuvor dazu geraten, das Verhältnis zu Russland wieder zu verbessern, so stützt er nun den wehrpolitischen Kurswechsel der Bundesregierung, kritisiert mit vollem Recht den Völkerrechtsverbrecher Putin mit scharfen Worten und verlangt von ihm die Beendigung des Angriffskrieges gegen die Ukraine! Bundespräsident und Bundesregierung arbeiten also Hand in Hand.

Der Bundespräsident wird über alle (tages-)politischen Vorhaben und Handlungen der Regierung informiert - das ist sein Recht. Dadurch, dass er in ständigem Kontakt mit der Regierung, besonders dem Kanzler als Leiter der Politik, aber auch mit den (führenden) Politikern der im Bundestag vertretenen Parteien steht, kann er in den zahlreichen Gesprächen politischen Einfluss nehmen, wenn auch nichts befehlen. Aber das kann selbst der Kanzler nicht! Immerhin darf der Bundespräsident mahnen und warnen und in öffentlichen Reden auch Kritik an der Politik der Regierung und der Parteipolitiker üben oder sie unterstützen. Daher sind seine Reden für politisch interessierte und informierte Bürger von Wichtigkeit.

In bestimmten politischen Situationen entscheidet der Bundespräsident, ob der Bundestag aufgelöst wird oder nicht. Nach einer Bundestagswahl schlägt er dem Bundestag eine Persönlichkeit für das Amt des Kanzlers vor und ernennt die gewählte Person. Besonders in Zeiten mit unklaren Mehrheitsverhältnissen kommt dem Bundespräsidenten damit eine wichtige Funktion zu, nämlich die Regierbarkeit des Landes zu ermöglichen - wie übrigens ggf. auch bei einem Staatsnotstand. Auch ernennt der Bundespräsident auf Vorschlag des Kanzlers die Minister - es gab Bundespräsidenten, die Ministerkandidaten mit guter Begründung abgelehnt haben. Der Bundespräsident hat daher in begründeten Ausnahmefällen die Macht, durch Abweisung unwürdiger Kandidaten einen wenigstens begrenzten Einfluss auf die Zusammensetzung der Regierung zu nehmen.

Der Bundespräsident gehört also zu den unabhängigen Staatsorganen, die die Arbeit der Regierung und des Gesetzgebers, des Bundestages, überwacht, ggf. durch Zustimmungsverweigerung zu Gesetzen korrigiert und politischen Einfluss durch persönliche Kontakte und öffentliche Reden nehmen kann! Er hat also durchaus politische Macht und ist ein wichtiges, unverzichtbares, eigenständiges politisches Staatsorgan unseres Landes!

MfG

Arnold

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

In Krisenzeiten hat er wichtige Kompetenzen inne. Ansonsten werden Gesetze erst durch seine Unterschrift gültig.