Wie schwer ist Japanisch, wenn man Mandarin kann?
Ich lerne aktuell Mandarin (HSK 2-3) und kann weit mehr als 500 Schriftzeichen (kurz). Eines Tages möchte ich eventuell auch noch Japanisch lernen.
Die Hiragana-Schrift habe ich kürzlich innerhalb von ein paar Stunden gelernt, um ein Gefühl dafür zu bekommen. Mitbekommen habe ich nur, dass es für manche Kanjis mehrere Lesarten gibt (wie im Chinesischen teils auch).
Wie schwer ist Japanisch, wenn man sich den Sinn der Kanjis erschließen kann?
Gibt es japanische Texte komplett ohne Kanjis?
Warum schreibt man Kanjis, Hiragana und Katakana wild durcheinander? Was ist der Sinn?
Leider habe ich überhaupt keine Ahnung, wie Japanisch funktioniert und wäre für jede Aufklärung dankbar!
2 Antworten
Wie schwer ist Japanisch, wenn man sich den Sinn der Kanjis erschließen kann?
Mach ganz einfach die Probe. Nimm dir irgendeinen japanischen Text und überlege, worum es in dem Text zu gehen scheint. Und dann lass dir die „Auflösung“ geben. Ich habe hier schon einmal ein Beispiel aus dem Alltag gegeben und kopiere das mal kurz herein:
(Jap.) レバーを押すと水が流れます
(Chin. Kurzz.) 冲水时按一下把手即可
(Chin. Langz.) 沖水時按一下把手即可
Wie schwer ist Japanisch, wenn man sich den Sinn der Kanjis erschließen kann?
Ich denke es hilft natürlich sehr, wenn man dank der zuvor gelernten Sprache schon an das „Sinnbild-Konzept“ der Zeichen gewöhnt ist, aber eine Sprache, auch Japanisch, ist niemals nur die Schrift. Erstens gibt es die „false friends“, bekannte Beispiele sind unter anderem 手紙 und 大丈夫. Und zweitens ist der Sinn des Sprachenlernens ja nicht, „so irgendwie“ zu verstehen, worum es geht, sondern man möchte ja in der Regel die Sprache schon korrekt aktiv verwenden können. Da Aussprache und Grammatik ziemlich anders sind, hat auch ein Chinesisch-Muttersprachler noch viel zu tun - und deshalb stehen Dinge wie das Beispiel oben ja auch auf Chinesisch für die chinesischen Touristen, und ich könnte mir vorstellen, dass man auch in den Touri-Hotspots in China den einen oder anderen Hinweis auf Japanisch findet. Auch Chinesen lernen in der Regel jahrelang Japanisch an Sprachschulen, der Universität und so weiter, und dass sie dabei oftmals zügiger vorankommen als wir Europäer liegt weniger an der Vorkenntnis durch ihre Muttersprache als an ihrer Lerndisziplin.
Warum schreibt man Kanjis, Hiragana und Katakana wild durcheinander? Was ist der Sinn?
Nicht „wild“, das hat schon alles ein gewisses System. Wenn du den deutschen Satz „Ich habe ein Auto gekauft“ nimmst, haben „ich“, „Auto“ und „kauf“ eine Bedeutung und könnten und würden in einem japanischen Satz deshalb mit Kanji geschrieben werden. „Habe“ und „ge“/„t“ sind Grammatik, dafür werden dann die Hiragana genommen, und „ein“ wird aufgrund der sprachlichen Besonderheit des Japanischen gleich ganz weggelassen.
Eigentlich, ehrlich gesagt, finde ich Chinesisch diesbezüglich unlogischer, denn dort werden Hanzhi für Grammatik benutzt, sind also eben keine Sinnbilder. Dort wird „ge“/„t“ soweit ich weiß mit 了 wiedergegeben, aber 了 bedeutet nichts, es packt ein Verb einfach nur in die Vergangenheit… Es ist Grammatik.
Gibt es japanische Texte komplett ohne Kanjis?
Ja, Bücher für Vorschulkinder.
Hallo,
wenn du chinesische Zeichen kannst, dürfte dir Kanji lesen recht leicht fallen, bzw. deren Bedeutung zu erkennen. Zumindest ging es mir so, als ich nach einiger Zeit Japanisch lernen mit Chinesisch angefangen habe.
Für Kanji gibt es hauptsächlich zwei Lesungen: ON-yomi und Kun-yomi. Die ON-Yomi Lesung wurde aus dem chinesischen übernommen und ans Japanisch angepasst. Die Kun-yomi Lesung ist die japanische Lesung. Dabei wurde nur die Bedeutung des Schriftzeichens übernommen, aber nicht der Klang. ON-Yomi wird meistens bei Nomen verwendet, die aus mehreren Kanji bestehen (zB 銀行 ginkō - Bank), Kun-Yomi wird meist bei Verben, Adjektiven und Adverben verwendet, die auch konjugiert werden können. Es gibt noch Ausnahmelesungen, die Ateji genannt werden. Hierbei wird einem Zeichen eine Lesung gegeben, die es gewöhnlich nicht hat.
Bzgl. Konjugation kommen wir auch zum Grund, warum es auch Hiragana gibt. Das Hiragana, das dem Kanji anhängt wird Okurigana genannt. Dieses Okurigana wird dann konjugiert, der Wortstamm, der vom Kanji abgebildtet wird, bleibt unverändert. ZB das Verb 行(く) i(ku) - gehen:
- masu-Form (Höflichkeitsform): 行きます ikimasu - gehen (höflich)
- Potential Form: 行ける / 行けます ikeru / ikemasu - gehen können
- Past Forn: 行った / 行きました itta / ikimashita - gegangen
- Negative Form: 行かない / 行きません ikanai / ikimasen - nicht gehen
- usw.
Zudem gibt es Wörter, die nicht oder eher selten in Kanji geschrieben werden. Die Begrüßung こんにちは wäre so ein Beispiel.
Katakana wird hauptsächlich für Fremdwörter oder Eigennamen verwendet, wird aber auch gerne mal verwendet um einem Wort mehr Ausdruck zu verleihen.
- Fremdwort: アルバイト arubaito - Teilzeit Job
- Eigenname: マイクロソフト maikurosofuto - Microsoft
Im Grunde genommen gibt es keine Texte ohne Kanji, je nachdem aber mal einzelne Sätze. Für Kinder werden in Texten aber vermehrt Hiragana statt Kanji verwendet.
Liebe Grüße! :)
Die Verbwurzeln ergeben Sinn. Einen Ablaut, Ton oder Vokalharmonie gibt es im Japanischen nicht, oder? Alles ist agglutinativ?
Wenn ich dich hier richtig verstehe (ich tu mich leider etwas schwer mit grammatikalischen Begriffen), dann gibt es das schon im Japanischen, zB bei 雨傘 amagasa (ame + kasa) - Regenschirm. Wenn du gut Englisch kannst, habe ich hier einen Artikel dazu gefunden.
Wenn du ein Kanji nicht kennst, kannst du es auch in Hiragana schreiben. Einen ganzen Text in Hiragana zu schreiben wirkt aber einerseits sehr ungebildet und andererseits ist der Text viel schwerer lesbar. Ich tu mich zumindest extrem schwer, Texte nur in Hiragana zu lesen und den Inhalt zu verstehen, da es auch viele Wörter gibt, die unterschiedliche Bedeutungen haben. Da ist es dann schon einfacher, wenn man anhand der Kanji gleich erkennt, um welche Bedeutung es sich handelt.
Also Chinesisch klingt schon sehr anders und es kann passieren, dass man da ein bisschen durcheinander kommt. Bei Chinesisch hatte ich auch immer das Bedürfnis die japanische Aussprache zu verwenden. Ich habe noch nicht viel Chinesisch gelernt, aber ich nehme an, dass man sich mit der Zeit daran gewöhnt, vor allem, wenn man sich die Vokabeln eingeprägt hat. Der Vorteil ist auf jeden Fall, dass man die Bedeutung eines Textes herleiten kann, wenn man bereits durch chinesisch die Schriftzeichen kennt, auch wenn man sich nicht an das Wort selbst / die Aussprache erinnert.
Zu DeadlyDaleks hilfreicher Antwort möchte ich noch eine kleine Ergänzung schreiben.
Soweit ich weiß, gibt es im Chinesischen unter anderem aufsteigende oder gleichbleibende Tonhöhe innerhalb einer Silbe. Im Japanischen gibt es keine Tonveränderung innerhalb einer Silbe, oder genau genommen More, aber es gibt folgendes: Zum Beispiel bei dem Wort 今 (ima) ‚jetzt‘, wird die erste More höher gesprochen als die zweite. Bei dem Wort 居間 (ima) ‚Wohnzimmer‘ ist es genau umgekehrt: Die zweite Silbe wird höher gesprochen als die erste.
Mit einer Betonung oder Akzentuierung wie im Deutschen, wenn ich richtig verstehe?
Mandarin hat 4-5 Töne. Das sind aber fast alles Wechseltöne. Kantonesisch besitzt 6-9 Töne, mit mehreren konstanten Tonhöhen.
Eine Betonung, wie im Deutschen, also, dass eine Silbe lauter als die anderen gesprochen wird, gibt es im Japanischen nicht.
Vielen Dank für die aufschlussreiche Antwort. Das klingt alles etwas kompliziert.
Hiragana kann ich halbwegs lesen. Katakana kommt demnächst.
Die Verbwurzeln ergeben Sinn. Einen Ablaut, Ton oder Vokalharmonie gibt es im Japanischen nicht, oder? Alles ist agglutinativ?
Ist es schlimm, einzelne Wörter in der falschen Schrift zu schreiben oder ohne Kanji, wo eines sien müsste? Kann man nicht einfach alles in Hiragana schreiben?
Ich befürchte eher durcheinanderzukommen. Bei den oberen Zeichen habe ich automatisch yínháng bzw. xíng gelesen. Ist das ein häufiges Problem, die chinesische und japanische Aussprache zu verwechseln?