Wie erlangt man "Weisheit"?

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Weisheit wird als Gipfel des Denkens verstanden. Bei der genauen Definition Weisheit herrscht wohl kaum völlige Einigkeit.

Weisheit besteht meiner Meinung nach in einem grundlegenden Wissen über das Leben und Einsichten in Wesentliches. Sie enthält eine gelungene Verbindung von Erfahrung und Denkvermögen (Vernunft) und ist geeignet, das Streben nach einem glücklichen Leben zu unterstützen. Sie ist auch auf Fragen nach dem Ursprung, dem Ende, dem Sinn/übergeordnetem Ziel, letzten Dingen und der Möglichkeit, so etwas zu verstehen, ausgerichtet. Weisheit enthält eine Erkenntnis von Prinzipien, wichtigen Zielen und Handlungsstrategien für die Lebensplanung (Orientierungswissen).

Weisheit zeigt sich in einem Wissen über eigene Grenzen und der Anfälligkeit für Irrtümer und Täuschungen, ausgewogenen Urteilen, fundierten Ratschlägen in schwierigen Lebenslagen und der Fähigkeit, scheinbare Selbstverständlichkeiten in Frage zu stellen und in Alternativen zu denken.

Viel in der Welt herumzukommen, hat alleingenommen wenig Gewicht, weil dabei auch nur rasch wechselnde oberflächliche Eindrücke möglich sind und eigenes Denken damit noch nicht gewährleistet ist.

Der Satz im Wikipedia-Artikel über Weisheit im platonischen Sinn ist ziemlich ungenau und führt teilweise in die Irre. Die Weisheit ist nach Platons Verständnis etwas, das über Sinneswahrnehmung und Erscheinungswelt hinausgeht. Das wahrhaft Seiende sind für ihn die Ideen (z. B. auch das Gerechte).

Zur Ideenlehre kommt eine von ihm mündlich vorgetragene Prinzipienehre hinzu. Als Prinzip der Einheit verleiht das Eine (ἕν) als Idee des Guten allem Grenze und Bestimmung und damit Existenz und Erkennbarkeit. Zu diesem ersten Prinzip tritt – ihm auf gewisse Weise untergeordnet – als ein zweites Prinzip die unbegrenzte/unbestimmte Zweiheit (ἀόριστος δυάς), von der die Vielheit.

Im berühmten Höhlengleichnis, das der Philosoph Platon in seinem Werk „Politeia“ (514 a– 521 b und 539 d – 541 b) stehen die Schatten in der Höhle für Abbilder von sichtbaren Gegenständen (Spiegelungen, Schattenbilder). Ethisch gesehen gehören dazu falsche Meinungen, z. B. über die Gerechtigkeit.

Die Erkenntnis durchläuft nach Platon folgende 4 Phasen (die 2 für die sichtbare Welt [ὅρατος γένος/τόπος] gehören zur Meinung [δόξα], die 2 für die denkbare Welt [νόητος γένος/τόπος)] zum Wissen [ἐπιστήμη] der Vernunft [νοῦς]):

1) Mutmaßung (εἰκασία)

2) Fürwahrhalten (πίστις)

3) hin- und herlaufendes (diskursives) Denken (διάνοια)

4) einsehendes Denken (νόησις)

Der philosophische Weg ist zunächst der Aufstieg in den Bereich des Denkbaren, in die Welt der Ideen, und das Gewinnen von Erkenntnis, dann die Rückkehr/der Abstieg in die Höhle zu den ehemaligen Mitgefangenen, die noch an den bloßen Anschein des Gesichtssinns gefesselt sind, und ihre Befreiung durch Vermittlung des Wissens. Dieser Versuch ist mit Schwierigkeiten verbunden (bis hin zu der Gefahr, getötet zu werden).

Schwächen der Sinneswahrnehmung haben Platon dazu gebracht das Verhaftetsein an der bloßen Sinneswahnehmung als Gefangenschaft darzustellen:

1) Bei der Sinneswahrnehmung können Sinnestäuschungen vorkommen.

2) Bei einer einzelnen Sinneswahrnehmung kann eine Blickverengung/eine Fixierung auf eine einzige Perspektive zu einer falschen Gesamtbeurteilung führen.

3) Die Sinneswahrnehmung kann etwas an Einzeldingen erfassen, aber sie neigt zu unmittelbarer Verallgemeinerung, ohne einen Sachgehalt (etwas Bestimmtes in seiner Sacheinheit) richtig zu erfassen. Dies leitet erst begriffliches Denken. Bei den Dingen gibt es etwas, das seinem Wesen nach zur Sache selbst gehört, und etwas, das nicht dazugehört (bei einem Tisch können z. B. Form und Material unterschiedlich sein, aber es gibt eine Grundfunktion bei jedem Tisch, etwas daraufstellen zu können). Die Sinneswahrnehmung gewährleistet keine angemessene Unterscheidung dazwischen.

Platon will nicht die Sinneswahrnehmung als Mittel beseitigen und empirische Wissenschaft abschaffen, sondern auf die Beschränktheit eines einzelnen Sinneseindruckes hinweisen. Die Sinne sind für das Unterscheiden in der Wahrnehmung zuständig. Es geht ihm darum, für Erkenntnisse die Sinneswahrnehmung durch Denken zu erweitern.


datapop  16.12.2010, 04:56

Super Antwort! DH!

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Angel84  15.12.2010, 12:39

Wirklich interessant...

Wie du ja inzwischen weißt, hab ich mich noch nie wirklich mit den verschiedenen Philosophen beschäftigt, nicht mal so bekannte Dinge, wie das Höhlengleichnis gelesen...

Aber wo ich jetzt so deine Zusammenfassung davon lese...

Da kann ich nur zustimmen. Genau so empfinde ich es.

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Dein Freund hat sicherlich schon Recht mit dem was er sagt. Wenn man viel rum kommt, erlebt man viel, sieht viel, lernt viel und wächst auch an Aufgaben. Aber die Hilton... sagen wir's so, sie ist vielleicht bloß auf der Suche nach dem großen Dollar, Skandalen und Aufmerksamkeit, die sie mit Geld wohl nicht kaufen kann. Dabei kommt sie wohl nicht drum herum viel rumzukommen. :D

Weisheit bedeutet für mich, den anderen so zu akzeptieren, wie er ist,

ihn nicht verändern zu wollen,

aber jede Veränderung zu begrüßen


datapop  16.12.2010, 04:57

sehr schöne und treffende Antwort...

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Für mich sind Menschen weiße, die ihr wissen einsetzen um Gutes zu tun und anderen beizustehen...


philosophen sind leute, die antworten auf fragen suchen die keiner stellt. pseudoweise eben. weise wird man durch wissen in verbindung mit erfahrung (auch: altersweisheit) - denk ich.


Odysseus247  15.12.2010, 15:55

Philosophen sind entweder tot oder Idealfiguren.

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