Die Bibel wird von Atheisten immer gern als "Märchenbuch" verspottet. Was ist an Märchen denn überhaupt so schlecht?

28 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Ich bin Ignostiker.... Die Bibel und Märchen betrachte ich allgemein als Kulturgut. Es gibt Märchen, die ich ansprechender finde als andere. Gleiches gilt für mich für diverse Texte aus der Bibel.

Wenn jemand die Bibel  als "Märchensammlung" sieht, ist das okay für mich. Wenn Gläubige die Bibel als Wegbegleiter, Trostspender o.ä. sehen und sie in ihr Leben einbinden, geht dies für mich ebenso in Ordnung.

Würde ich einem gläubigen Menschen eröffnen, dass ich die biblischen Geschichten eher als Märchen verstehe, wäre ich jedoch auch mit meiner Wortwahl so bedächtig, dass verständlich wird, dass ich dies nicht als Verspottung meine bzw. dass meine Sichtweise eine Herabwürdigung des Glaubens darstellen soll.


666Phoenix  07.04.2016, 16:04

Undsonstso

sehr schwach!

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Undsonstso  07.04.2016, 08:30

Danke für's Sternchen.

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Undsonstso  06.04.2016, 21:39

Korrektur, es soll natürlich heißen:

bzw. dass meine Sichtweise keine Herabwürdigung des Glaubens darstellen soll.

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Eine interessante, offene Frage. Wie man am Spektrum der Antworten sieht. fordert sie die unterschiedlichsten Antworten heraus. Manche sind sehr sachlich formuliert, manche weniger. Ich fürchte nur, dass diejenigen, die sich bei dem Wort "Bibel" angepiekst fühlen, ihre ganz persönliche Betroffenheit mit einer Vehemenz vertreten, dass einem Angst und Bange werden kann.

Der Unterschied zu Andersens oder Grimms Märchen liegt auf der Hand: Der Frosch aus dem Märchen wird mit Königskrone und dem Spruch "Küss mich..." auf T-Shirts getragen oder auf Postkarten gemalt und sorgt so bei vielen für Erheiterung. Allerdings ist, wer darüber lacht, lange aus dem Alter heraus, in dem der Froschkönig noch ernst zu nehmen erschien. Inzwischen weiß der Lacher es besser - glaubt er. Liest er nach, entdeckt er, dass die Gebrüder Grimm den Frosch gar nicht "Küss mich..." sagen lassen. Aber das Leben gestaltet das Märchen um und passt es den naheliegenderen Wünschen der Menschen an.

Das Kreuz, Symbol des Leidens Christi, wurde leider nicht nur auf Verbandskoffer, sondern allzu oft auch auf Kriegsflaggen gemalt. Es sorgte für alles andere, aber nicht für Erheiterung. Im Grunde ist diese Einstellung bis heute vorhanden: Wer im Namen angeblich "christlich-abendländischer Werte" Streit vom Zaun bricht, kann man täglich in den Nachrichten lesen. Auch hier wird die Bibel umgedeutet - und missbraucht.

Nichts anderes geschieht mit dem Koran, aus dem manche selbsternannten Dschihadisten kaum eine Sure komplett zu zitieren wissen - geschweige denn, ihren tieferen Sinn im Zusammenhang des Buches verstehen. Der Zeitpunkt, an dem sich jeder Leser der Bibel (oder des Korans) den Schweiß von der Stirn wischt und denkt: "Gott sei Dank, das waren nur moralisierende Geschichten" - der ist noch lange nicht gekommen.

Offenbar gibt es Unterschiede zwischen Märchen und Religionen. Letztere haben weitergehende Funktionen. Vielen Menschen sind und bleiben sie zeitlebens und im Angesichts des Todes eine wichtige Stütze im diesseitigen Leben und Hoffnung für das Jenseits - anders als ein Märchen es sein kann. Das sollten wir respektieren.

Auch mir hat die intensive Lektüre der Bibel geholfen, mich zu öffnen für die Erkenntnis dessen, was da ist: Jahwe. Mit dieser Erkenntnis muss man dann umgehen - mit oder ohne Bibel.


MarkusKapunkt 
Beitragsersteller
 06.04.2016, 08:53

Danke für die Antwort. Gefällt mir!

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Märchen sind eine spezifische Art der Poesie.                                                  Die beiden Teile der Bibel (die Heilige Schrift des Judaismus und die historisch jüngere Heilige Schrift des Christentums) stellen eine andere Art der Poesie dar.

Poesie ist niemals "schlecht", schlimmstenfalls "nicht gelungen".

Es gibt allerdings eine Menge Menschen, die Teile der Bibel für wahr, ja sogar für wörtlich wahr halten. Kaum ein Erwachsener würde Rotkäppchen oder das Mädchen mit den Schwefelhölern als historische Personen verkennen und als ahr, was ihnen widerfahren ist.

Märchen haben ihren Platz, die Bibel hat einen anderen und wissenschaftliche Aussagen über die Wirklichkeit einen vollkommen anderen Platz.

Ich denke mal, kein Atheist, der sich ernsthaft mit dem Phänomen unterschiedlicher religiöser Prägungen des Menschen in der Geschichte auseinandersetzt, wird weder Homers Ilias, die EDDA und auch nicht die Bibel als Märchenbuch bezeichnen, auch nicht als Legenden oder Geschichten. Es ist historisch und literarisch sehr wichtiges Material, das uns tiefe Einblicke in die Menschheitsgeschichte gibt. Es gibt auch keinen Grund, darüber zu spotten, dass sich Menschen an Grundideen ausrichten, die in diesen frühen Mythen ihren Ursprung haben. Das ist unangebrachte Überheblichkeit. Mancher Umgang mit diesen Mythen und Geschichtsüberlieferungen ist natürlich auch kindisch, wenn sie Wort für Wort für bare Münze genommen werden. Das lernen infolge der kritischen Bibelforschung nicht mal mehr die Theologen.

Selbst bei unseren Märchen muss man märchenhafte Erzählungen mit Sehnsuchtsbildern und Märchen auseinanderhalten, die uralte Mythen repräsentieren. Darüber gibt es aber auch Literatur. Selbst heute unterscheiden wir einen guten Roman, der das Zeitgefühl gut einfängt von einem Groschenroman, der nur unterhalten will. Es ist natürlich auch ein Unterschied, an welches Publikum man sich wendet. Kinder unterschiedlichen Alters sind etwas anderes als Erwachsene, die tiefer in den historischen Stoff eintauchen wollen. Darum sind meist Bibeltexte oder Märchen für Kinder etwas "geglätteter" erzählt. Textstellen, die in den Kirchen als Lesung oder Evangelium verlesen werden, sind sehr selektiv ausgewählt. Wenn Gläubige nicht selbst die Bibel lesen, merken sie das gar nicht. Alles in allem ist Spott keine Basis eines ernsthaften Umgangs. Wenn Texte die Lebensweise von Menschen beeinflussen, sollte man sie schon deswegen ernst nehmen, was nicht bedeutet, dass man ihnen inhaltlich zustimmen muss.


666Phoenix  07.04.2016, 16:12

berkersheim

Gut gebrüllt, Löwe!

Wenn jemand an eine jungfräuliche Geburt glaubt, an die Wiederauferstehung von tot erklärten Menschen, an die Möglichkeit, mit 5 Fischen und ein paar Broten tausende von Leuten beköstigen zu können, an die Wiederbelebung bereits stinkender Leichen, usw. usf, 

dann kann man nur spotten!

Wenn Texte die Lebensweise von Menschen beeinflussen, sollte man sie schon deswegen ernst nehmen, was nicht bedeutet, dass man ihnen inhaltlich zustimmen muss.

Kaum zu verstehen! Texte beeinflussen die Lebensweise von Menschen?? Ich denke, die Realität rings um uns herum beeinflusst unsere Lebensweise. Texte können bestenfalls ein wenig Gewürz in diese "Suppe" bringen.

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berkersheim  07.04.2016, 21:14
@666Phoenix

@666Phoenix

Na ja, zur Realität um uns gehören auch Texte, gehört Sprache, gehört Vorleben. Es ist Deine Sache, als wie geistig arm Du Dich selbst darstellst. Wenn ich gläubig wäre, würde ich für Dich beten. So kann ich Dich nur bedauern als "arm im Geiste".

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MarkusKapunkt 
Beitragsersteller
 05.04.2016, 23:45

Oha an der Antwort erkennt man, dass du deinen Expertenstatus verdient hast. Daumen hoch!

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markus

Ich z. B. als Nicht-an-irgendeinen-Gott-Glaubender bin absolut der Meinung, dass die Bibel ein herausragendes Schriftwerk ist! Es wäre ja auch bei GF hier sehr langweilig, ohne diesen Fakt auskommen zu wollen.

Und genau deshalb betone ich immer wieder, sie (die Bibel) ist ein interessantes Buch - eben ein Märchenbuch! Wie auch die Grimmschen Hausmärchen oder die Märchen eines Hauffs oder Andersen-Nexö!

Problem: diese "Weisheiten" aus dieser Bibel dienten in der Menschheitsgeschichte sehr oft dazu, genau diese Menschheit zu verblöden, irre zu führen, sie einer nicht existenten "göttlichen" Gewalt zu unterwerfen, Verbrechen zu begehen, Fortschritt zu verhindern!

Und genau deswegen sollte sie immer mal wieder akribisch durchleuchtet werden!