Wie definierst du Kunst?

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Ich halte mich an die Definition von Gottfried Benn: Kunst ist eine cerebrale Progression.

Vorweg: Die Definition eines modernen Künstlers: "Kunst ist alles, jeder ist ein Künstler" ist wertlos, weil nichtssagend.

Von einem (wirklichen) Kunstwerk geht eine Ausstrahlung, eine Faszination aus. Stimmungen wie Hochgefühl, Wohlgefallen, ja Begeisterung, zumindest aber Interesse, Sympathie oder eine harmonische Gestimmtheit muss ein Kunstwerk hervorrufen. Tut es das nicht, das heißt lässt es den Musikhörer, den Betrachter eines Gemäldes, den Leser eines Romans kalt, ist es alles Mögliche, nur keine Kunst.

Warum ein Kunstwerk solche Wirkungen hervorruft, ist schwer zu erklären. Ich habe ein Buch „1080 Antworten“ auf die Frage: Was ist Kunst? (hrsg. Von Andreas Mäckler). Einige Kostproben: Kunst ist symbolisch, die Darstellung der Urbilder, der Ausfluss des Absoluten“ (Schelling); Die Kunst ist lang, und kurz ist unser Leben (Goethe); Kunst ist das Ins-Werk-setzen der Wahrheit (Heidegger) usw.

Damit der genannte Glanz des Kunstwerkes aufscheint, müssen bestimmte Voraussetzungen gegeben sein. Nach Heidegger also muss das Kunstwerk die ins Werk gesetzte Wahrheit sein. (Das gilt natürlich nur für die bildende Kunst (z.B. die Malerei) und die literarische Kunst (Romane, Erzählungen, Dramen). In der Musik kann man die „glanzvolle“ Wirkung ganz unmittelbar erleben, indem man von einem Musikwerk „ergriffen“ wird.

Was heißt nun „Wahrheit“ in dem von Heidegger gemeinten Sinne? Gemeint ist nicht die einfache „Anwesenheit der Wahrheit als Unverhülltes“ (Heidegger), d.h. die platte Offenlegung von Seiendem. So etwas ist entweder Kitsch oder Nicht-Kunst. Jedes Hervortreten von Seiendem bewirkt nämlich gleichzeitig eine Verdunkelung eines anderen, das in der Verborgenheit existiert. Erst die Berücksichtigung aller Verborgenheiten bei der Darstellung des unverborgen Seienden macht die Wahrheit des Kunstwerkes aus. Dieses verborgene Seiende muss im Kunstwerk gleichzeitig - wie Heidegger formulierte - „gelichtet“, das heißt spürbar werden. Dies geschieht, indem vom unverborgen Seienden Bezüge zum verborgenen Sein gelegt werden (müssen), das als eine Welt hinter dem dargestellten Ding (dem Seienden) aufscheint. So ist das Kunstwerk immer ein Wechsel von Unverborgenheit und Verborgenheit. Erst durch diesen Wechsel von Offenlegen von Seiendem und Verbergen des Seins hinter dem Seienden (welches aber in den dorthin gelegten Bezügen spürbar wird) erstrahlt die Wirkung bzw. die Faszination der Kunst.

Heidegger macht diese Kunstwirkung anhand des Gemäldes von van Gogh „Zwei Bauernschuhe“ deutlich (s. Heidegger, Der Ursprung des Kunstwerkes):

Wie sich dort zum Beispiel die verborgene, aber spürbare Welt der Bäuerin in einem von einem Künstler gemalten Gegenstand, das sind die Bauernschuhe, eröffnen kann, wird von Heidegger so beschrieben: „Aus der dunklen Öffnung des ausgetretenen Inwendigen des Schuhzeuges starrt die Mühsal der Arbeitsschritte. In der derbgediegenen Schwere des Schuhzeuges ist aufgestaut die Zähigkeit des langsamen Ganges durch die weithin gestreckten und immer gleichen Furchen des Ackers, über dem ein rauer Wind steht. Auf dem Leder liegt das Feuchte und Satte des Bodens. Unter den Sohlen schiebt sich hin die Einsamkeit des Feldweges durch den sinkenden Abend… Durch dieses Zeug zieht das klaglose Bangen um die Sicherheit des Brotes, die wortlose Freude des Wiederüberstehens der Not … und das Zittern in der Umdrohung des Todes. Zur Erde gehört dieses Zeug und in der Welt der Bäuerin ist es behütet.“

Allerdings: hinzukommen muss natürlich das Talent: nur wer diese Wahrheit als Wechsel von Unverborgenheit und Verborgenheit geschickt und bravourös darstellen kann, wer die Szenen eines Dramas gekonnt zu setzen weiß und die Dramenfiguren so einzuführen weiß, dass sie auch das Verborgene anklingen lassen, erreicht das, was er anstrebt oder was sich von selbst ergibt: die Strahlkraft, die Faszination der Kunst.

Woher ich das weiß:Recherche

Kunst ist immer im Auge des Betrachters, also sehr individuell

Kunst ist, wenn man's nicht kann, denn wenn man es kann ist es keine Kunst mehr.

Johann Nestroy

Kunst ist subjektiv und liegt im Auge des Betrachters. Egal ob beim malen, zeichnen, tanzen, singen oder etwas mit den Händen erschaffen - Kunst ist überall und jeder kann eigentlich ein Künstler sein.