Wie berechnet man die scheinbare (bolometrische) Helligkeit eines Sterns, wenn die Leuchtkraft in Sonnenleuchtkräften und die Entfernung in Parsec bekannt sind?

2 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Hallo AusMeinemAlltag,

die Bolometrische Helligkeit ist die Leuchtkraft über alle Wellenlängen bzw. Frequenzen und daher größer. Der Unterschied wird durch die Bolometrische Korrektur beschrieben, einen festen Faktor, mit dem die visuelle Helligkeit (gemessen an der Leistungsdichte) zu multiplizieren ist - oder durch den die bolometrische Helligkeit geteilt werden muss, wenn man die visuelle erhalten will.

Die Magnitudenskala ist freilich logarithmisch und zudem "steht sie Kopf", d.h. Größere Werte werden durch eine kleinere Zahl ausdrückt. Dabei bedeuten 5 Stufen einen Faktor 100, jede einzelne also einen Faktor ⁵√100 ≈ 2,512.

Dies gilt für Scheinbare und Absolute Helligkeit; Erstere ist die von der Erde aus gesehene, Letztere bezeichnet die scheinbare Helligkeit aus 10 pc ≈ 32 lyr Entfernung.

Die Leuchtkräfte L₀ und L₁ der Sterne verhalten sich zu den Magnituden M₀ und M₁ wie folgt:

(1) L₁/L₀ = (⁵√100)M₀ − M₁ = 100⅕(M₀ − M₁)  = 10⅖(M₀ − M₁) 

Dies kann man mit dem Zehnerlogarithmus

(2) lg(x) := log₁₀(x) = ln(x)/ln(10)

(hierbei steht ln(x) für den Natürlichen Logarithmus, den zur Basis e ≈ 2,72, aber eigentlich könnte da jeder beliebige Logarithmus stehen, da alle Logarithmen einander proportional sind) zu

(3.1) lg(L₁/L₀) = ⅖(M₀ − M₁)

und weiter zu

(3 2) −(5⁄2)∙lg(L₁/L₀) = M₁ − M₀

und zu

(3.3) M₁ = M₀ − (5⁄2)∙lg(L₁/L₀)

umformen. Wenn man die Sonne als Referenz nimmt, so hat sie eine bolometrische Absolute Helligkeit von 4,74 Mag. Ein Stern zehnfacher Leuchtkraft hätte also 2,24 Mag.

Um die scheinbare Helligkeit auszurechnen, muss man noch ein Entfernungsmodul einberechnen, das sich dadurch ergibt, dass dass die beim Betrachter ankommende Leistung mit dem Quadrat der Entfernung abnimmt. Ein Faktor 10 in der Entfernung macht daher einen Faktor 1⁄100 in der ankommenden Leistung und damit 5 mag aus.

Woher ich das weiß:Recherche

Das wird rechnerisch auf einen Vergleich des Sterns mit der Sonne hinauslaufen. Die scheinbare Helligkeit ist proportional zur absoluten Helligkeit und umgekehrt proportional zum Quadrat der Entfernung.

Die Distanz der Sonne (vom Beobachter auf der Erde) ist bekannt, nämlich 1 A.U. ≈ 8.5 Lichtminuten.


AusMeinemAlltag 
Beitragsersteller
 13.11.2020, 12:03

Ich habe jetzt eine Formel gefunden :

L = 100 ^ (((-26.82 + 5 - 5 * LOG(8 * ATN(1) / (360 * 60 * 60)) / LOG(10)) - (m + 5 - 5 * LOG(r) / LOG(10))) / 5)

Muss man nur noch nach m umstellen.

L=Leuchtkraft in Sonnenleuchtkräften

m=scheinbare bolometrische Helligkeit (m_bol)

r=Entfernung in Parsec

Da man meistens in der Literatur die Angabe von m als scheinbare visuelle Helligkeit findet, anstatt als scheinbare bolometrischen Helligkeit, muss man an m_vis noch eine sogenannte bolometrische Korrektur anbringen um m_bol zu erhalten, findet man in der Literatur meistens als Tabellen.

Eine Beobachtung :

Hält man m konstant, dann vervierfacht sich die Leuchtkraft, wenn die Entfernung verdoppelt wird.

0
rumar  13.11.2020, 13:40
@AusMeinemAlltag

Super !

Das erspart mir eine weitere Suche.

Nur eine kleine Bemerkung: falls das "ATN" wirklich für Arcustangens steht, dann wäre doch z.B.

8 * ATN(1) = 2 π

Ferner: "LOG" soll wohl für den Zehnerlogarithmus stehen. Dann wäre natürlich LOG(10)=1 und LOG(100)=2 .

Der Term ließe sich dann wohl auch noch weiter vereinfachen.

Könntest du mir einen Link zur Formel angeben, die du gefunden hast ?

1
AusMeinemAlltag 
Beitragsersteller
 13.11.2020, 15:04
@rumar

Die Formel habe ich selber aufgestellt, aus folgenden Webseiten -->

https://de.wikipedia.org/wiki/Scheinbare_Helligkeit

https://de.wikipedia.org/wiki/Absolute_Helligkeit

https://www.leifiphysik.de/astronomie/fixsterne/grundwissen/scheinbare-sternhelligkeit

Letztendlich hat mir die Aussage geholfen, dass ein Magnitudenunterschied von 1 mag eine 100 ^ (1 / 5) höhere Energieleistung bedeutet.

Nun mit 8 * ATN(1) = 2 * pi sowie log(x)/log(10) = lg(x) hast du völlig recht, das habe ich nur so geschrieben, weil die von mir verwendete Programmiersprache nur ATN und log(x) implementiert hat.

-26.82 Magnituden in der Formel ist übrigens die scheinbare bolometrische Helligkeit unserer Sonne.

Ich bin die Formel im Augenblick gründlich am testen, ein Ärgernis dabei ist die bolometrische Korrektur, die einer gewissen Fehlertoleranz unterworfen ist, und außerdem noch Abhängig vom Spektraltyp und Leuchtkraftklasse ist.

Ich benutzte die Werte für die bolometrische Korrektur aus -->

Erik Wischnewski

"Astronomie in Theorie und Praxis"

ISBN : 978-3-00-059024-5

https://isbn-nr.de/978-3-00-059024-5_astronomie_in_theorie_und_praxis.htm

Die Webseite zickt wegen fehlendem Zertifikat rum, ist aber harmlos.

Wahrscheinlich muss auch noch die interstellare Extinktion berücksichtigt werden.

Trotzdem zeigt die Formel von oben gar nicht mal so schlechte Ergebnisse bis jetzt, und ist als Schätzformel gar nicht mal so unbrauchbar.

Beispiele :

Name / scheinbare Helligkeit / Entfernung in Parsec / Leuchtkraft / bolometrische Korrektur

Alderamin / 2.51 / 15.038 / 17 / 0.04

Ich habe für Alderamin eine Leuchtkraft von 17,2 berechnet.

Alchiba / 4.03 / 14.94 / 4.91 / 0.03

Ich habe für Alchiba eine Leuchtkraft von 4,2 berechnet.

Das Hauptproblem ist aber, dass es schwer ist an zuverlässige Daten zu kommen, wenn man die Wikipedia-Webseiten mit Sterndaten in Deutsch, Englisch, Französisch und Spanisch miteinander vergleicht, gibt es da teilweise heftige, widersprüchliche Aussagen zu den Daten.

Ich werde mich jetzt erst mal auf die Nicht-Mehrfachsysteme (wegen Aufsummierung von Helligkeiten wenn sie zu dicht beieinander stehen) von Sternen in der Nähe unserer Sonne beschränken, die Daten sollten noch am zuverlässigsten sein.

0
rumar  14.11.2020, 09:22
@AusMeinemAlltag

Guten Tag !

Wolfram Alpha vereinfacht deine Formel z.B. auf diese Form:

L = 0.7959 * r^2 * 10^(- 0.4 m)

bzw.

L = 0.7959 * r^2 * 0.3981^m

Nach m aufgelöst wäre dies dann:

m = -1.0857 * [ ln(L/r^2) + 0.2283 ]

Rechne doch bitte mal nach, ob dies numerisch auch in etwa die richtigen Werte liefert ! Das Runden auf 4 Nachkommastellen scheint mir gerechtfertigt.

1
AusMeinemAlltag 
Beitragsersteller
 15.11.2020, 08:48
@rumar

Vielen Dank ! Ich bin die Formeln gerade am testen, wird etwas dauern.

0
rumar  12.11.2020, 18:13

Bei meiner Antwort habe ich möglicherweise den Begriff "Helligkeit" benützt, obwohl ich eigentlich "Leuchtstärke" meinte und nicht beachtet habe, dass die "Helligkeiten" in einer logarithmischen Skala beheimatet sind ...

0
AusMeinemAlltag 
Beitragsersteller
 12.11.2020, 18:05

Danke für deine Antwort.

Mir fällt es momentan schwer die Formel aufzustellen und im Internet finde ich die auch nirgends.

0