Wenn ich Politiker wäre - was sagen sie dazu und was sollte man noch machen?

17 Antworten

Sowas ist entweder blauäugig oder Populismus. Hast Du dir die Einkommensverteilung einmal angesehen? Schon Dein Steueransatz geht nicht auf, denn die Einkommensteuer gerade der unteren Einkünfte stellt einen Großteil des Gesamtaufkommens, schon eine merkliche Verringerung aber bewirkte eine massive, fast an Enteignung grenzende Erhöhung der Steuern auf hohe Einkommen, um das Loch zu stopfen. Dies bewirkte aber auch einen Rückgang von Investitionen, ggf. auch deutlich stärkere Mittelabflüsse in das Ausland (z.B. würden - und dies belegen Studien - dadurch Auslandsurlaube gefördert werden, was Mittel ins Ausland abzieht, es also ein Arbeitsförderungsprogramm im Ausland unter Vernichtung von Arbeitsplätzen in Deutschland wäre). Es klingt gut und - im Sinne einer auf Bedarfsgerechtigkeit abzielende Begriffsfassung einer sozialen Gerechtigkeit - auch sozial gerecht, würde aber auf Dauer der Gesellschaft die Möglichkeit entziehen, überhaupt noch soziale Einrichtungen wie Schulen, Sozialhilfe oder Kitas zu finanzieren.

Doch alles weitere setzt deutlich mehr Mittel voraus, als derzeit zur Verfügung stehen, Dein Steuerprogramm dürfte die Mittel in den öffentlichen Haushalten noch einmal um geschätzt 20% eindampfen (merke: wenn Du jemanden um 80 Mio. erleichterst und dies gleichmäßig verteiltest, wäre dies nur 1 Euro pro Kopf, Einkünfte über brutto 60.000 € pro Jahr haben nur ca. 5% der Bevölkerung) und zu einem kontinuierlichen Rückgang von Einnahmen der öffentlichen Hand führen, sofern nicht wieder gerade die unteren Einkommen deutlich belastet werden, was aber stärker als zuvor erfolgen müßte, um entstandene Schäden zu kompensieren. Ein Steuermodell wie in Schweden ist in Deutschland eher nicht denkbar aufgrund anderer Strukturen in der Gesellschaft.

Gerade die seit den 70ern deutlich durch Gesetzesmaßnahmen gestiegenen Sozialausgaben trotz abzusehender, zukünftiger Finanzierungslücken und die erst da auftretende, permanente Arbeitslosigkeit machten es notwendig, den Beschäftigtenanteil im öffentlichen Dienst deutlich zu reduzieren. Hier sei daran erinnert, daß noch Anfang der 80er der größte Arbeitgeber der Bundesrepublik die Gewerkschaften waren, der zweitgrößte der Staat. Ein Großteil der aktuellen Arbeitslosigkeit könnte man deshalb zulässig auf Rationalisierungen der öffentlichen Hand als auch den Niedergang gewerkschaftlicher Unternehmen (die übrigens keinesfalls ihre Mitarbeiter besser entlohnten als die Konkurrenz, im Gegenteil) zurückführen.

Ein weiteres Problem ist das Kaufverhalten in Kombination mit deutschen Löhnen. Der "Billigtrend" beläßt nur die letzte Handelsspanne(n) in Deutschland, denn es erzwingt ausländische Produktion, zumindest anteilig. Selbst ein Mindestlohnempfänger müßte pro Minute in Deutschland geleisteter Arbeitszeit einen Gewinn vor Steuern von 0,30 € erwirtschaften, um überhaupt seinen Arbeitsplatz zu refinanzieren. Kürzlich erhielten Bauern für 1 kg Milch 20 Cent, auf der Preisbasis müßte ein Bauer die Milch von mindestens 100 Milchkühen verkaufen, um eine Arbeitsstelle mit Mindestlohn überhaupt finanzieren zu können, ohne Defizit zu machen, wobei fraglich ist, ob ein Arbeiter überhaupt fähig wäre, 100 Kühe umfassend zu betreuen, was bei der Rechnung vorauszusetzen wäre.

Was aber zuerst zu machen wäre: man müßte die Bildung qualitativ erhöhen. Was heute zu fordern ist, wäre eine Bildung, die zwar inhaltliches Wissen beinhaltet, aber auch methodisches und verknüpftes Denken als Oberbau beinhaltet. Wissen kann bei Bedarf nachgeschlagen werden, dank Internet auch sehr zeitnah und reine Inhalte besitzen eine sehr kurze Halbwertzeit. Die deutsche Bildung produziert Akademiker auf einem Niveau, welches nicht mehr unwahrscheinlich erscheinen läßt, daß ein Arzt, der bei einem Patienten einen Puls über 1000 mißt, diesen Patienten auch auf erhöhten Puls notfallmäßig behandeln könnte, statt die Messung zu wiederholen. Da die Folge der Tod des Patienten sein dürfte, wäre dies dann nur noch als fahrlässig und damit nicht schuldhaft anzusehen angesichts des Bildungsstandes (denn Hinterfragung erfolgt praktisch nicht mehr, selbst bei um den Faktor 10 zu hohen Messungen, z.B. in einer Studie für das Land Sachsen, wo in bestehenden Kulturen Salzwerte gemessen wurden, bei denen keine Kultur überlebt hätte, doch wurde dies in der Arbeit als Referenz verwendet).

Was übrigens an Deinem Programm nicht mehrheitsfähig ist, wäre die erhöhte Überwachung.

"und was sollte man noch machen "
Dir bewusst darüber werden, dass es keinen Königsweg geben kann. Als Beispiel:

"Neue kitas bauen lassen"

Klingt gut, da wir ja noch welche brauchen. Aber wie lange noch? Wenn der Bedarf sinkt oder stagniert, was dann? Kitas bauen, die in 10 Jahren (als Hausnummer) leer stehen werden? Oder die Gesellschaft verändert ihre Werte und es gilt wieder als modern, Kinder ohne Kita zu Hause selber zu erziehen?

Es gibt keine einfachen Lösungen für solche Anforderungen.

Das sind schon alles gute Ideen, die du da hast. Nur lassen die sich leider nicht so einfach verwirklichen. In der Politik braucht man Mehrheiten, um etwas zu erreichen und durchzusetzen. Wenn du z.B. in der Opposition bist, kannst du noch so tolle Ziele haben, du wirst sie nicht durchsetzen können, weil deine Partei nicht die Mehrheit im Parlament hat und dein Vorschlag deshalb mit der Mehrheit der Mitglieder des Bundestags abgelehnt wird. Aber auch wenn man in der Regierungspartei ist, kann man nicht alles verwirklichen, was man möchte. Da gibt es dann vielleicht Parteifreunde, die dagegen sind und auch dagegen stimmen oder die Vorhaben lassen sich nicht  verwirklichen aus anderen Gründen. Die Regierung kann z.B. nicht Leute in Arbeit bringen, das müssen die Unternehmen oder andere Einricthungen machen, wie Schulen, Krankenhäuser, Gaststätten usw.

@ turkmen1996

Deine Ideen sind gut, den Wunsch hätten viele, aber so nicht umsetzbar. Wenn du das Geld für deine Ideen einsetzt, dann fehlt es an anderen Stellen.

Selber kann man da nichts tun, wenn es die Politiker nicht hinbekommen, dann wir kleinen Leute auch nicht.

Wärst du dann auch bereit dazu, mehr Steuern zu bezahlen?


voayager  21.10.2016, 10:18

Das Geld würde nicht fehlen, wenn der Staat es bei den Reichen holen würde, was er allerdings in keinster Weise vorhat.

Unsinkable2  21.10.2016, 10:20

Wärst du dann auch bereit dazu, mehr Steuern zu bezahlen?

Nun, das wäre vielleicht gar nicht notwendig. Im Gegenteil.

Es gibt beispielsweise Kalkulationen zur Krankenversicherung, die zum Teil zu sehr erstaunlichen Ergebnissen kommen: Würden ALLE Menschen IN EINE EINZIGE Krankenkasse einzahlen und von ihr versorgt werden, könnten die Krankenkassenbeiträge um bis zu 70% gesenkt und die Leistungen wieder deutlich angehoben (statt ständig gesenkt) werden. 

Und es gibt Kalkulationen zur Rentenversicherung, die ebenfalls erstaunliche Ergebnisse haben: Würden ALLE Menschen IN EINE EINZIGE Rentenversicherung einzahlen, könnten die Rentenbeiträge um bis zu 80% gesenkt und gleichzeitig die Rente nahezu verdoppelt(!) werden.

Man müsste also weniger bezahlen, würde aber mehr bekommen. 

Entsprechendes gilt für Steuer-Modelle. Hier gibt es zahllose Kalkulationsmodelle. Und die meisten laufen darauf hinaus, dass, würde nur heute schon jeder ehrlich seine Steuern bezahlen, die Steuerlast pauschal um 10+ Prozent gesenkt werden könnte. Alternativ könnte man auch alle Einkommen unterhalb des Durchschnittslohns nahezu steuerfrei stellen.

Und wir reden hier noch nicht über "Reichen-Steuern" oder "Erbschafts-Steuern" oder so. Einfach nur die heutigen Steuern. 

Turkmen1996 
Beitragsersteller
 21.10.2016, 09:38

Natürlich würde ich mehr Steuer bezahlen 

Turbomann  21.10.2016, 09:41
@Turkmen1996

@ Turmen1996

Klar, das glaube ich dir sofort.

Du wärst der erste, der schreien würde, wenn Steuern angehoben werden und bei der Wahl würdest du die wählen, die für keine Steuererhöhung sind.

Wenn es um den eigenen Geldbeutel geht, ist sich jeder der nächste.

voayager  21.10.2016, 10:20
@Turkmen1996

warum solltest du mehr Steuern zahlen, wenn du nicht zu den Reichen gehörst. Bei denen ist mehr Geld einzufordern, die zahlen einfach zu wenig Steuern, mache tricksen so geschickt, so dass sie überhaupt keine Steuern zahlen.

Die Steuer der kleinen herunter setzten.

Definiere "klein".

Die reichen Steuer erhöhen.

Definiere "reich".

Die keine Steuer bezahlen zurück folgen.

Passiert sowieso schon.

Die Polizei mit Kameras unterstützen

BodyCams kommen ohnehin. CCTV ist leider auch ein Tor in den Überwachungsstaat.

die funklöcher stopfen damit die Sicherheit wieder steigt.

Geldfrage (abgesehen von der Schwierigkeit, in Gebäuden überhaupt DigiFunk zu nutzen).

Neue Beamten einstellen lassen.

Geldfrage.

Neue kitas bauen lassen.

Sache der Kommunen und Geldfrage.

Die Straßen instant setzten.

Sache der Kommunen und der Länder, und sowieso eine Geldfrage.

Die straftüchtigen Flüchtlinge abschieben.

Das passiert auch - sofern man sie abschieben *kann*. In ein Kriegsgebiet ist das nicht möglich (und auch das ist aus humanitären Gründen gut so).

Neue Jobs für das eigene Volk und die Flüchtlinge.

Das ist keine Frage der Politik, sondern der Wirtschaft. Politik schafft nie Arbeitsplätze, nur die Grundlagen dafür, dass diese entstehen können.

Die Häuser sanieren.

Welche?

Für obdachlose Häuser bauen lassen.

Witzlos. Die "Obdachlosen" (wer auch immer das sein soll) wollen ja gerade keine Behausung; die Kommunen würden die ihnen ja anbieten.

Die Sporthallen erleichtern.

Wat?

Und auf die Bevölkerung deren Probleme anhören und die probleme beheben.

Immer gut. Dummerweise gibt es "die Bevölkerung" auch nicht.


voayager  21.10.2016, 10:28

Weißwäscherei und Gesundbeterei was du betreibst. Du stellst dem hiesigen beschi ssenen Status Quo auch noch einen Persilschein aus - beschämend so was.

FordPrefect  21.10.2016, 10:33
@voayager

Weißwäscherei und Gesundbeterei was du betreibst.

Aha. Und das belegst du - womit?

Du stellst dem hiesigen beschi ssenen Status Quo

In Anbetracht der Sachlage, dass es uns in D so gut geht wie noch nie, scheint mir das "System" im Wesentlichen gut zu funktionieren. Dass es Schwächen und Mängel hat wie jedes System, ist unbestritten. Aber ein besseres zu finden dürfte schwer fallen.

auch noch einen Persilschein aus - beschämend so was.

Beschämend finde ich eher die Attitüde, aus persönlichem Unvermögen die Schuld lieber auf das "System" zu schieben, statt sich an die eigene Nase zu fassen. Oder aktiv auf Verbesserungen hinzuarbeiten, statt sich in Foren zu produzieren.