Welche Maßnahmen würdet ihr ergreifen um den massiven Wohnungsmangel zu bekämpfen?


23.09.2021, 15:01

Warum investiert der Staat dann Bau von Wohnungen?

Oder verringert die Vorschriften?

Aber dann beschweren, dass in den Stäten Arbeitskräfte fehlen.

13 Antworten

Schon viele gute Beiträge. Meine Argumente (teilweise ggfs. doppelt), mitunter auch schwer umsetzbar, da gesellschaftlich zu regulieren

  1. Den Zuzug zu Metropolen mit Wohnungsmangel steuern (z.B. mit Arbeitsnachweis oder Einkommensnachweis / Arbeitssplatznachweis)
  2. Urbanisierung stoppen. Die Ausbreitung direkt über die Stadtgrenzen (z.B. mit Eingemeindungen) bewirkt, dass auch dort sehr schnell Grundstücks- und damit Mietpreise steigen.
  3. Stärkung des ÖPNV in Regionen außerhalb des Speckgürtels (also passend/ergänzend zu Punkt 2, nur mit mehr Abstand zum Zentrum) und dort auch Unterstützung der Wirtschaft/Handwerk für eine Dezentralisierung der Einkommensmöglichkeiten. Alternativ dann längere Pendlerzeiten bis in die City.
  4. Städtebaulich die B-Pläne so anpassen, dass im Bestand eine Aufstockung/Dachausbau ermöglicht wird. Da fallen dann nur Baukosten und keine Grundstückskosten an und letztere müssen dann auch nicht auf die Miete umgelegt werden. Nachteil ist natürlich eine schlechter werdende Belichtung des Straßenraums.
  5. Regulierung des Wohntypus bei Bauanträgen über Kontingente bei Kleinwohnungen vs. Großraumwohnungen (familiengeeignet) in Wohngebieten. Eine große Wohnung zu bauen ist günstiger als mehrere kleine bei gleichem Flächenverbrauch. Da hat man allerdings das "Bedarfsproblem" bei zunehmender Zahl an erforderlichen Singlehaushalten.
  6. Bau von kleineren Mehrzimmerwohnungen, da es gerade bei sozial Schwächeren nicht nur auf den m²-Preis ankommt sondern auch den Gesamtpreis der Wohnung.
  7. Lockerung der Bauvorschriften (Bsp. Dämmung) zur Reduzierung der Herstellkosten mit einer Bindung des Mietsatzes. Hier spricht aber dagegen, dass solche Wohnungen energetisch schlechter sind und dann die Nebenkosten etwas höher sind als bei z.B. gut gedämmten Gebäuden (ist auch nicht so gewünscht).
  8. Zentralisierung der Energiebereitstellung für Wohnblöcke / Quartiere über z.B. BHKWs für kleinere Viertel. Das senkt die Nebenkosten und damit auch einen relevanten Teil der Miete.
  9. Massive wirtschaftliche Aufbauhilfen in leergezogenen Regionen über "umgekehrten Lobbyismus" also Motivation der großen Firmen, sich dort anzusiedeln. Hier macht aber Staat und Verwaltung häufig den Fehler, dass man kommunale Einrichtungen (Ministerien, Gerichte, Verwaltung) in die "Pampa" setzt, die aber keinerlei Multiplikatoreffekt haben wie ein Industrie- oder Gewerbebetrieb (nachfolgende "Zulieferer"). Daran merkt man u.a., dass dort keine Profis sitzen.
  10. Einrichtung einer kommunal gesteuerten Tauschbörse. Bsp.: eine alleinstehende Dame (oder Herr) ist historisch bedingt in einer 4-Zi-WE mit 90 m², braucht aber nur eine 2-Zi-WE. Hier könnte die Wohnung mit einer wachsenden Familie getauscht werden. Der Mietpreis beider Wohnungen darf nur minimal angehoben werden => die ältere Dame lebt dann in einer 60m² Wohnung und zahlt effektiv weniger (Gesamtmiete) und die wachsende Familie hat ausreichend Platz. Das Ganze müsste aber mietrechtlich abgesichert werden, so dass die beiden betroffenen Vermieter ein Veto-Recht haben (man muss nicht jeden Neumieter akzeptieren) und die Kommune müsste eine Verpflichtung bei Mietausfall eingehen, also bürgen.
  11. Umwidmung von Industriebrachen zu Wohnfläche oder Mischgebiet im Bebauungsplan wobei die Kommune das Areal erwirbt und - bei uns so geschehen - sogar mit kleinem Gewinn die Grundstücke weiterverkauft.

Was absoluter Quatsch ist, ist eine Enteignung. Zum einen wird genau das nicht erreicht, was man braucht nämlich ZUSÄTZLICHEN Wohnraum Dann kommt dazu, dass Kommunen keine Ahnung von Wohnungsverwaltung haben (kann man bundesweit aus der Vergangenheit erkennen) und bei niedrigen Mieten die Kosten über Steuergelder kompensiert werden müssen. Das führt dann dazu, dass anderweitig eingespart werden muss (wo?) oder die Kommunen sich wieder einmal erneut massiv verschulden und es zu Lasten der nächsten Generationen geht.

Man könnte große Wohnungsgesellschaften verpflichten, einen Prozentsatz als Sozialwohnungen auf den Markt zu geben, solange der Gesamterlös (nach Instandhaltung, -rücklage und Ansparen von Neubaukapital) noch mind. 3-5 % über der Inflation liegt (sonst macht es keiner). Bei den privaten Investoren darf dies NICHT gelten, denn viele davon investieren in Immobilien für die Rente.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Bevor ich antworte, mal grundsätzlich:

  1. Es ist ein Irrtum zu glauben, der gesamte Wohnungsmarkt befände sich in deren Krallen einiger gieriger Spekulanten. In Wirklichkeit wird der grösste Anteil an Wohnungen (Ich glaube 60%) von Privatleuten vermietet.
  2. Für viele dieser Privatleute ist die Wohnung eine Alterssicherung. Oft müssen mit der Miete noch Hypotheken ausgelöst und Kredite abbezahlt werden. Gerade diese Leute können eine Modernisierung nicht aus dem Ärmel schütteln und sie müssen eine Miete nehmen dürfen, die dafür sorgt, dass sie kein Minusgeschäft machen.
  3. Nicht alle Wohnungen stehen leer, weil es böse Spekulanten gibt. Das ist eher eine Minderheit. Gründe sind eher, dass jemand ins Altersheim gezogen ist und nicht in der Lage, die Wohnung zur Vermietung herzurichten. Manchmal ist es auch eine ungelöste Erbfrage. Immer mehr Vermieter fürchten auch, dass der Mieterschutz so stark wird, dass sie gar nichts bestimmen können.
  4. Der Wohnungsdruck steigt auch in Deutschland, weil der Anspruch an eine Wohnung (Quadratmeter, Ausstattung, Lage) immer mehr steigt. Zum Beispiel wohnen die meisten Studenten in Italien oder Spanien noch bei ihren Eltern. Wenn das nicht geht, dann teilen sie sich auch mal ein Zimmer. Das ist in Deutschland ganz anders. Oft sind es die Leute mit den höchsten Ansprüchen, die am lautesten schreien! (Die, die wirklich eine größere Wohnung bräuchten, die haben nämlich oft die Kraft nicht). Irgendjemand - ich glaube das war sogar Sarah Wagenknecht - hat mal gesagt: „Anspruch auf eine Wohnung ja, aber nicht auf eine klimasanierte Altbauwohnung mit 200 Quadratmetern in der Berliner Innenstadt“ Ist sehr überspitzt, bringt aber die Sache auf den Punkt.
  5. Die Verstaatlichung einer Wohnbaugesellschaft bringt nicht eine einzige Wohnung mehr. In einem Streitgespräch mit Lindner hat Jannine Wissler das auch eingesehen und indirekt zugegeben, dass als nächster Schritt eine Wohnungszuteilung erfolgen muss. Willkommen in der DDR!
  6. Private Investoren bauen schneller, als staatliche Investoren! Das ist Fakt. Wahrscheinlich haben die Privaten die Gebäude schon fertig, wenn die Beamten gerade ihre Ausschreibungsergebnisse sortieren. Hier in Bremen sieht man das ganz deutlich. Wir kriegen endlich einen neuen Busbahnhof. Ein privater Investor hat das Hotel geplant, die Stadt den Bahnhof selbst. Gleicher Zeitpunkt für den Baubeginn. Das Hotel ist fertig, mit der Fertigstellung des Bahnhofs wird Ende 2022 gerechnet.
  7. Es fehlt in Deutschland nicht an Fläche, sondern die Behörden arbeiten zu langsam: Die Erteilung eine Baugenehmigung kann bis zu zwei Jahre dauern. Manchmal müssten auch Bebauungspläne geändert werden, um leerstehende Fabriken umzuwidmen, dann wieder Umnutzungen genehmigt werden, bei leeren Läden. Das alles kostet viel zu viel Zeit. In Bremen haben wir ein neues Wohngebiet in der Nähe der Industrie, die immer schon laut war, und die vorher schon da war. Da mussten Lärmschutzvereinbarungen getroffen werden. Mit anderen Worten: Deutschland hat zu wenig Wohnungen weil wir zu viel Bürokratie haben.

Wenn man das so sieht, dann gibt es eigentlich nur eine Lösung für das Wohnungsproblem : bauen, bauen, bauen. Und das ist nur möglich, wenn endlich die vielen komplizierten Bestimmungen vereinfacht, die Genehmigungsverfahren beschleunigt werden.


lisakk 
Beitragsersteller
 23.09.2021, 15:41

Ja das stimmt natürlich schon.

Viele kaufen auch Wohnungen um ihre Altersversorgung zu gewährleisten.

Natürlich hat der Staat auch den Mietern sehr viele Rechte gegeben z.B Kündigungsschutz.

Es wird aber auch nicht akzeptiert wenn Familien zusammenwohnen.

Wenn man nicht sofort mit 18 auszieht wird man schon schief angeschaut und es wird einem unterstellt nicht lebensfähig zu sein.

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ACBRE  23.09.2021, 15:42
@lisakk

Meine Erfahrung: nur in Deutschland wird man schief angeschaut. Und ja, es ist schwierig, gegen den Strom zu schwimmen, aber warum sollte man bei seinen Eltern ausziehen, wenn man ein gutes Verhältnis zu ihnen hat und wenn man bestimmte Dinge vereinbart hat?

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lisakk 
Beitragsersteller
 23.09.2021, 15:43
@ACBRE

Weil man massiv angefeindet wird.

Wir sind halt auch eine Singlegesellschaft.

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Als erstes würde ich mal den Spekulanten die Luft abdrehen, mit einer speziellen Steuer, welche nur sie trifft und nicht den kleinen ETW-Käufer. Zusätzlich dann noch für die grossen Kapitalgesellschaften eine drastische Grundsteuer.

Bei Zwangsversteigerung hat grundsätzlich die Stadt/der Stadt ein Vorkaufsrecht, welches er dann auch weidlich nutzt, um so die Zahl der Sozialwohunungen aus dem Bestand auszuweiten.

Die Eigenheimzulage in alter Form würde ich wieder einführen, um so noch mehr Druck vom Mietwohungsmarkt zu nehmen.

Langfristig, also über Generationen, muss ein ganz neues Bodenrecht her, welches den Grundbesitz in staatliche Hand überführt. Der Boden ist nun mal eben nicht vermehrbar und jeder muss wohnen. Mehr bauen kann daher keine Lösung sein und löst das Problem auch nur wenig.

Eigentlich müsste man im Zuge einer Modernisierung große Teile der Städte abreißen und neu aufbauen.

Häuser, Supermärkte, Arztpraxen, Schulen, usw. könnten größtenteils stehenbleiben. Wohnblöcke sollten mindestens 10 Etagen + Tiefgarage haben. Damit löst man evtl. auch Parkplatzprobleme. Mit einer Solaranlage auf dem Dach, kann man in der Tiefgarage auch Elektroautos aufladen.

Auch müsste das Wohnen außerhalb von (großen) Städten attraktiver werden. Firmen müssten angesiedelt werden, um Arbeitsplätze zu schaffen. Arztpraxen, Schulen und Einkaufsmöglichkeiten sollten vorhanden sein und der ÖPNV müsste ausgebaut werden.

Die ganzen Enteignungsphantasien, Forderungen von Mietendeckeln usw. sind eine falsche Herangehensweise um das Problem mit dem Wohnungsmangel zu lösen.

Diese Maßnahmen greifen massiv in die Marktwirtschaft ein. Solche Eingriffe stören den Markt, wodurch neue Probleme entstehen. Die Folge ist eine Verschlimmerung der Situation.

Prof. Dr. Christian Rieck hat das Thema in einem seiner Videos behandelt:

https://youtu.be/95kDp5Mp_tk

Um das Problem zu verstehen, benötigt man ein paar Grundkenntnisse der Mikroökonomie (Volkswirtschaftslehre).

Der Markt ist geprägt durch ein Angebot und eine Nachfrage. Beides kann steigen und sinken. Die Gründe für ein geringes Angebot können verschieden sein.

Der Preis spielt in der Marktwirtschaft eine wichtige Rolle, da sich über diesen Angebot und Nachfrage finden. Dies ist als die sogenannte Preisfunktion bekannt. Interessant ist hier die Allokationsfunktion:

Die Lenkungsfunktion (bzw. Allokationsfunktion) des Preises besagt, dass die Preise die Produktionsfaktoren dahin lenken, wo sie am dringendsten gebraucht werden. Bzw. dahin, wo sie am effizientesten eingesetzt werden und den höchsten Gewinn bringen. Anders formuliert: Die Lenkungsfunktion des Preises sorgt für eine effiziente Verwendung knapper Ressourcen. Je höher der Preis ist, desto höher ist seine Rentabilität. Der Preis lenkt nicht nur die Nachfrage sondern auch das Angebot. Ein Preisanstieg ist dabei ein Signal, dass das Produkt knapp wird.

Die genannten Maßnahmen wie eine Enteignung oder ein Eingriff in die Mietpreise setzt die Preisfunktion außer Kraft. Dadurch wird der Markt gestört. Und wenn der Markt gestört ist, dann kann das eigentliche Ziel, knappe Ressourcen möglichst effizient zu nutzen, nicht erreicht werden.

Eine Preisobergrenze, die insbesondere aus Kreisen der politisch Linken teilweise befürwortet wird, führt auf Dauer sogar zu einer massiven Wohnungsnot. Dies verdeutlicht die nachfolgende Grafik:

Bild zum Beitrag

Da der Preis unter dem Marktpreis liegt, sinkt das Angebot. Es entsteht ein Nachfrageüberschuss. In anderen Worten: Wohnraum wird weniger, Wohnungssuchende werden mehr.

Wenn man das Problem des fehlenden Wohnraums lösen will, dann muss das Angebot steigen, da dieses aktuell nicht die Nachfrage deckt. Aktuell liegen den Anbietern aber viele Steine im Weg. Es ist sehr teuer Wohnraum zu schaffen und mit viel Bürokratie verbunden. Hier kann angesetzt werden, damit es möglichst ansprechend ist das Angebot zu erhöhen.

 - (Politik, Philosophie und Gesellschaft, Wirtschaft und Finanzen)

lisakk 
Beitragsersteller
 23.09.2021, 15:45

Ja das stimmt natürlich.

Wohnraum schaffen ist teuer, weil sehr viele Auflagen bestehen.

Da lohnt sich dann der Bau von günstigen Wohnungen nicht.

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ACBRE  23.09.2021, 15:58

Toller Film! Danke

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wickedsick05  23.09.2021, 19:29
Wenn man das Problem des fehlenden Wohnraums lösen will, dann muss das Angebot steigen, da dieses aktuell nicht die Nachfrage deckt.

nö, es muss die Nachfrage gesenkt werden.

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