Weimarer Verfassung und Parteien?

3 Antworten

Komplexe Fragen benötigen eine genaue Antwort.

Zu 1) Als Hitler als Reichskanzler eingesetzt wurde, kam er eng betrachtet mit legalen Mitteln an die Macht. Die "Bruchstellen" wie Auflösung des Reichstages und die Notverordnung ließ die Weimarer Republik bereits zu. Der Reichstagsbrand im Februar 1933 diente der Regierung Hitler als Gelegenheit, Reichspräsident Hindenburg zur Verkündung der Notverordnung auf der Grundlage des Artikels 48 der Weimarer Reichsverfassung zu veranlassen. Indem die Notverordnung wesentliche in der Verfassung garantierte Grundrechte außer Kraft setzte, ermöglichte sie der Regierung zuvor ungesetzliche Zugriffe auf missliebige Personen, legitimierte Zwangsmaßnahmen und Gewaltakte und gewährte so die Möglichkeit zur Ausbildung des nationalsozialistischen Willkürregimes. Sie behielt bis zu dessen Ende Geltung!

Zu 2 + 3) Was die Organisation des neuen Staates anging, so wollten die deutschen Politiker ganz bewußt die Fehler der Weimarer Reichsverfassung vermeiden. Man erblickte sie vor allem in der zu großen Machtstellung des Reichspräsidenten, der Leichtigkeit eines Sturzes der Regierung und in den Formen plebiszitärer Willensbildung. Dementsprechend wurde das Grundgesetz eine reine Repräsentativverfassung, in der das Volk seine Souveränität nur durch die Teilnahme an Wahlen ausüben kann. Der Bundespräsident wurde im Gegensatz zum Reichspräsidenten nur mit geringen Machtbefugnissen ausgestattet, statt dessen stärkte man die Position des Regierungschefs, der von der Parlamentsmehrheit gewählt werden muß und mittels seiner Richtlinienkompetenz die übrigen Regierungsmitglieder fest an seine Politik bindet. Einen Sturz der Regierung sollte es nicht mehr geben können, nur einen Wechsel des Regierungschefs, da der Kanzler nur abgewählt werden kann, wenn sich gleichzeitig eine Mehrheit für einen neuen Bundeskanzler findet. Wegen dieser eindeutigen Korrekturen an der Weimarer Reichsverfassung haben Staatsrechtler das Grundgesetz als eine 'Anti-Verfassung" zur Weimarer Reichsverfassung bezeichnet. Das ist allerdings nur insofern richtig, als es dem parlamentarischen Rat darum ging, vermeintliche Schwächen der Weimarer Konstitution zu vermeiden. Im übrigen gibt es im Grundgesetz viele Parallelen zur Weimarer Reichsverfassung.

Ferner war man bestrebt, nach dem nationalsozialistischen Unrechtsregime eine Verfassung mit starken individuellen Rechtsgarantien und einem ausgeprägten Verfassungsschutz zu schaffen. Die Grundrechte wurden bewußt an den Anfang des Grundgesetzes gestellt, außerdem wurden die Voraussetzungen für eine umfassende richterliche Kontrolle auch des staatlichen Handelns geschaffen. Die Bundesrepublik hat darum eine besonders stark ausgebaute Verfassungsgerichtsbarkeit.

Schließlich ging es den Verfassungsgebern darum, die Verfassung und die von ihr umschriebene freiheitliche demokratische Grundordnung vor möglichen Feinden zu schützen. Auch dies war eine Lehre aus der Weimarer Zeit. Die Grundprinzipien der Verfassung, nämlich Demokratie, Föderalismus und sozialer Rechtsstaat, wurden gar von jeder Verfassungsänderung ausgenommen.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Geschichte Schwerpunkt Deutsches Reich / Nationalsozialismus

SmokeG 
Beitragsersteller
 20.08.2023, 11:44

Könntest du Punkt 2 und 3 voneinander trennen ? Und das ermächtigungsgestz noch hinzufügen

Stressika  20.08.2023, 12:54
@SmokeG

Ich erweitere meinen Beitrag gerne um das Ermächtigungsgesetz:

Demokratie und Republik wurde seitens Hindenburg abgelehnt, dennoch führte er die Weimarer Republik und genoss dabei hohes Ansehen aufgrund seiner Kriegstaten. Sein Wunsch war eigentlich ein Obrigkeitsstaat mit autoritären Strukturen, was er mit Unterstützungen von Gruppierungen, die ihm Wohlgestimmt und die ebenfalls kein Freund der Demokratie waren und diese gerne beseitigt hätten, versuchte einzufädeln. Senil war Hindenburg nicht als er Hitler zum Reichskanzler ernannte, er wusste wen er da vor sich hat und das dieser Mann und seine Bewegung antidemokratisch waren. Die Bestrebungen Hitlers die Weimarer Verfassung zu knacken hat er gewähren lassen und sogar unterstützt. Das Ermächtigungsgesetz und die Reichstagsbrandverordnung tragen die Unterschrift Hindenburgs. Paul von Hindenburg hatte Hitler eine enorme Machtfülle übertragen und aus dieser holte die NSDAP in den Folgemonaten das Maximum heraus. Alles in allem ein Machtübertragung.

Als es am 23. März im Reichstag um die Abschaffung der parlamentarischen Verfassung ging, kam eine Zweidrittelmehrheit zustande. Alle Parteien mit Ausnahme der Sozialdemokraten stimmten dem sogenannten Ermächtigungsgesetz zu, das die Regierung instande setzte, "legal" Gesetze ohne Mitwirkung des Reichstags zu machen, und zwar zunächst auf vier Jahre. Von dort bis zur völligen Selbstauflösung aller bürgerlichen Parteien und zum Verbot der sozialdemokratischen und kommunistischen Partei, was im Juni und Juli erfolgte, war es nur ein kurzer Weg.

Im Vorfeld dieser Ereignisse übte die SA bei den "Märzwahlen" ihren allseits gefürchteten Druck aus, es wurden sozusagen neue Elemente in die deutsche Politik eingeführt, nämlich die, der Einschüchterung und des Terrors. Das Auftreten der SA hatte entscheidende Auswirkung auf die Wahlen, es verschob die Ergebnisse der Reichstagswahl ganz erheblich. Über 800 kommunistischen Abgeordneten zogen nicht mehr in den neuen Reichstag ein, sie befanden sich, als der Reichstag eröffnet wurde, alle bereits in Konzentrationslagern, im Untergrund oder in der Emigration. Denn eigentlich war diese Wahl für die Regierung enttäuschend ausgegangen. Die Nationalsozialisten besaßen zusammen mit den Deutschnationalen nur eine knappe Mehrheit von etwa 52 Prozent, die Nationalsozialisten selbst hatten nur knapp 44 Prozent der abgegebenen Stimmen bekommen. Ihre Hoffnungen auf eine absolute Mehrheit hatten sich nicht erfüllt. Aber nachdem die kommunistischen Abgeordneten verschwunden waren, hatten die Nationalsozialisten nun plötzlich doch eine absolute Mehrheit, und zusammen mit den bürgerlichen Parteien vermochten sie sogar eine Zweidrittelmehrheit zu erzielen, die ihnen eine endgültige Verfassungsänderung, eine Abdankung des Reichstages bescheren konnte.

Was war der Zweck des Ermächtigungsgesetztes?

Mit ihm wollte Adolf Hitler ohne Zustimmung des Reichsrates oder Reichstages Gesetzte erlassen können die auch keine Unterschrift des Reichspräsidenten benötigten. Die Demokratie in Deutschland hatte sich mit dem durchwinken dieses Gesetzes gänzlich verabschiedet. Dieses Gesetz wurde für vier Jahre verabschiedet und 1937, 1939 bzw. 1943 verlängert. Es bildete die Grundlage der nationalsozialistischen Gesetzgebung bis Mai 1945.

Die Eckpfeiler der Weimarer Verfassung waren:

  • Kontrolle der Regierung durch das Parlament
  • Grund- und Freiheitsrechte

Beide Eckpfeiler wurden wie folgt ausgehebelt:

  • Der Reichspräsident Hindenburg erließ mehrere Notverordnungen, auf Hitlers Nachdruck und demontierte dadurch die Verfassung. Darunter war beispielsweise die „Verordnung zum Schutz von Volk und Staat“ vom 28. Februar 1933. Diese ermöglichte die Abschaffung der Grund- und Freiheitsrechte und eine Welle von Verhaftungen von Sozialdemokraten, Kommunisten, Journalisten, politische Gegner und Schriftsteller.
  • Nach den Reichstagswahlen vom 5. März 1933 verfügte Hitler über die absolute Mehrheit im Parlament, mit der er hätte verfassungsmäßig regieren können - wenn er gewollt hätte. Statt dessen forderte er nun ein „Ermächtigungsgesetz“, um nach der Außerkraftsetzung der Grundrechte auch noch den anderen Grundpfeiler der Weimarer Verfassung , die Kontrolle der Regierung durch das Parlament, zu beseitigen. Am 23. März 1933 beschloss der Reichstag mit dem „Ermächtigungsgesetz“ seine Selbstabdankung: „Ermächtigungsgesetz Artikel 2: Die von der Reichsregierung beschlossenen Gesetze können von der Reichsverfassung abweichen...“

Anhand obiger historischer Erfahrung Beantwortung deiner Fragen wie folgt:

  1. Das Parlament konnte seine Selbstabdankung beschließen. Der Reichspräsident konnte die Verfassung durch Notverordnungen umgehen.
  2. Der Bundespräsident verfügt nicht über so eine Macht. Der Bundestag kann sich nicht selbst durch absolute Mehrheit auflösen.
  3. Auf dem Umstand, dass der Reichspräsident zu viele Vollmachten besaß und die Verfassung umgehen konnte. Auf dem Umstand, dass eine absolute Mehrheit im Parlament zu dessen Selbstabdankung führen konnte.
  1. der Weimarer Republik war das Parlament nicht total stark. Der Präsident konnte Gesetze ohne es zu fragen machen, und der Kanzler konnte Sachen ohne Parlaments-Zustimmung entscheiden. Das hat die Macht des Parlaments beschränkt.
  2. Das Grundgesetz heute ist anders als die alte Weimarer Verfassung. Früher hatte der Präsident viel Macht, jetzt haben Kanzler und Parlament mehr Einfluss. Im Grundgesetz stehen Regeln für das Vertrauen im Parlament, während in der alten Verfassung die Regeln nicht so klar waren. Auch hatten die Bundesländer weniger Mitsprache früher.
  3. Manche Leute, die nicht zufrieden waren, dachten, dass die Verfassung wieder eine Königsherrschaft machen könnte oder dass der Präsident zu viel Macht bekommt. Sie dachten, dass der Präsident wie ein Diktator werden könnte, weil er viele wichtige Entscheidungen treffen durfte, ohne das Parlament zu fragen. Also, die Verfassung hätte die Demokratie gefährden können.
Woher ich das weiß:eigene Erfahrung