Was zeichnet ein "Rentnerauto" aus?

7 Antworten

Von Experte rotesand bestätigt

Hallo rotesand,
was ist ein typisches "Rentnerauto"? Es ist in sehr gutem Zustand, oft mit einer geringen Laufleistung, ohne Wartungsstau, und natürlich steht der Wagen über Nacht nicht unter irgendeiner Straßenlaterne, sondern in seiner Garage. Für ein Rentnerauto spricht auch die Automatik, sofern man ein Automatik-Fan ist (das wäre für mich dagegen eher ein Hinderungsgrund, so einen Wagen zu kaufen). Oft haben Rentnerautos auch für den heutigen Geschmack eine sehr spezielle Wagenfarbe, sofern sie nicht mainstreamig
in "Silber-Metallic" gehalten sind. Meist sind die Besitzer der sogenannten Rentnerautos auch die Erstbesitzer des Fahrzeugs, bzw. das Fahrzeug ist in der Familie weitergereicht worden. Ein früherer Bekannter - der schon lange Rentner ist - war ein Freund der Uni-Farben und lehnte Metallic-Lack stets ab. Er wollte ein Auto ohne hohe Aufpreise kaufen (Geiz?), das sich im Fall des Falles auch leichter lacktechnisch ausbessern ließ.
Seit seinem Strich-Acht hat er jedes folgende Fahrzeug in Rot gekauft,
das waren ein Opel Signum und ein Toyota Avensis. Er war und ist vermutlich noch heute der festen Überzeugung, dass ein roter Lack dicker aufgetragen wird, als ein schwarzer, weißer oder brauner.
Die Kundendienste hat er immer in der entsprechenden Fachwerkstatt machen lassen - da wo er den Wagen gekauft hat. Freie Werkstätten haben ihn nie gereizt, auch wenn er sich das eine oder andere mal über die gesalzenen Preise in den Fachwerkstätten aufgeregt hat. Den Signum fährt heute seine Schwiegertochter. Wenn ich den Signum parken sehe, weiß ich sofort, wem er gehört, bzw. woher er kommt.
Manchmal erkennt man ein Rentnerauto auch an den beliebten Plaketten am Kühlergrill. Das reicht von der DAS-Versicherungs-Plakette über Reise-Andenken bis hin zum Christophorus (dem Gott der Autofahrer). Auch die umhäkelte Klo-Rolle, der Gamsbart-Hut und der Wanderstock auf der Hutablage sind Anzeichen für Rentnerautos. Soweit sie den typischen Klischees gerecht werden. Diesen ganzen Kappes hat mein Vater stets abgelehnt. Er war ganz großer Diesel-Fan und hat hin und wieder den verbrauchten Diesel auf drei Stellen hinterm Komma ausgerechnet.
Unsere letzten Autos hatten Metallic-Lack; gespart hat man dagegen beim
Autoradio - es wurde ohne Radio geliefert und gefahren. Auch ein Schiebedach oder sonstige Luxus-Extras lehnte mein Vater kategorisch ab.



Eidolon150  25.08.2017, 07:39

Zusatz: Ein Rentner kauft typischer Weise auch kein Auto, das soeben neu auf den Markt gekommen ist, wegen der zu erwartenden Kinderkrankheiten. Da Rentner nicht nur aus Preisgründen auf Neuheiten verzichten, sondern auch keine Kinderkrankheiten schätzen, greifen sie lieber zu einem Modell, das sich schon seit Jahren im Markt etabliert hat, bzw. vor der Ablösung steht. Das Motto lautet "Keine Experimente!"

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Eidolon150  25.08.2017, 11:29
@Eidolon150

Ein klares Kennzeichen früherer "Rentnerautos" war spätestens seit dem ARAL-Werbespot mit den headbangenden Hardrockfans im alten Ford Granada der allseits beliebte und bekannte Wackeldackel. Als ich noch einen Golf GTI hatte, bekam er seinen Platz zwischen den Pioneer-Aufbaulautsprechern. Den habe ich gerne spazierengefahren :-)

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rotesand 
Fragesteller
 26.08.2017, 14:13
@Eidolon150

Den roten Signum fände ich klasse :) Hätte ich wahrscheinlich auch so gekauft^^ Magmarot ist cool! Ich gebe zu, den Omega-B würde ich auch in Tizianrot kaufen :)

Wenn ich mir mal einen Mercedes W140 kaufe, was mittelfristig angedacht ist, dann sollte der auch irgendeine schrullige Farbe haben, je schräger umso besser^^ ich stehe drauf :) Signalrot, Beryll, Imperialrot, Bornit, Rosenholz, Kristallgrün, Perlblau, Barolorot, Onyxgrau oder Pueblobeige -----> hat ein 140er diese Farbe und ist ein 300SE/280SE/S280 usw., kannst du davon ausgehen, dass den jemand Älteres, der damals schon um die 60 war, gekauft und liebevoll gepflegt hat. Und weil keiner so eine Farbe wirklich will, spart man. 

Ansonsten dürfte auch der "nebioblaue" Passat alle Klischees erfüllen. Allein die Farbe ist so speziell, dass der Wagen einfach auffällt ------> sieht man so lila-bläuliche Autos, sind das meist "süße" Kleinwagen mit jungen Mädchen am Steuer ... und wenn das doch ein großer Passat ist, dann denkt man, wer kauft so was: Ein Opa oder jemand, der den als Ladenhüter billig bekam, weil die Farbe keiner wollte?

Mein C180 in "Turmalingrün" geht auch in die Richtung. Es kam schon mehrfach vor, dass mich Leute ganz erstaunt fragten: "Was, SIE fahren diese C-Klasse?" Beliebt ist es auch, dass manche - gerade Leute, die so zwischen 50 und 60 sind - das Auto für einen 190er halten^^

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Eidolon150  26.08.2017, 14:38
@rotesand

Herzlichen Dank für den Stern :-)
Ich habe gerade nach dem magmaroten Signum gegoogelt: Ja, es das ist die Farbe. In diesem speziellen Fall, wurde sie wegen der angeblich höheren Lackdichte im Vergleich zu anderen Farbtönen bewusst gewählt. Es kann aber auch sein, dass die Farbe für Preisverhandlungen eine große Rolle gespielt hat beim sogenannten Rentnerauto. Bevor ich meinen ersten GTI kaufte,
besuchte ich einen VW-Jahreswagenhändler. Der hatte einen interessanten VW Scirocco 1, allerdings mit 85 PS und in hellblau.
Gegenüber einem metallic-farbenen oder roten mit gleicher Ausstattung war er aber nur rund 500 DM billiger. Ich habe gegrübelt und sinniert, aber mit dieser Baby-Farbe war mir der Preis weitgehend egal. Da hätte er schon über 2000 DM billiger sein müssen. Das ist ewig her, und damals kannte man das Folieren, wie es heute praktiziert wird, noch nicht, das heißt - im Zweifel hätte man entweder umlackieren - oder sich mit dem Babyblau abfinden müssen.

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rotesand 
Fragesteller
 26.08.2017, 16:14
@Eidolon150

Gerne!

Ich habe sicherlich im Schrank auch noch Signumprospekte ("Signum Class"), wenn nicht, die vom Vectra-C Vorfacelift habe ich jedoch definitiv :) 

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Typisches Rentner-Auto?

Stufenheck – denn die meisten Nicht-Rentner würden in D – wenn verfügbar – einen Kombi kaufen statt Stufenheck…

Ecken angedaddelt, denn man sieht, hört und reagiert ja nicht mehr so gut…

Wenig Kilometer – dieses Vorurteil wurde allerdings des häufigeren in meinen Erfahrungen schon widerledgt…

Theoretisch gut gepflegt/gewartet.

Altes Fahrzeug.

Das sind so die Vorurteile, die ich mit einem solchen Fahrzeug verbinde. Sicherlich ist auch sehr viel subjektiv dabei… Ich glaube, DAS Rentner-Fahrzeug gibt es nicht… Das liegt sicherlich auch daran, dass der Begriff missbraucht wird. Denn jeder, der diesen Begriff hört, erhofft sich ja zumindest als positive Punkte ein Auto mit wenigen Kilometern und guter Pflege.

Meine Erfahrung ist, dass immer häufiger irgendwelche gern billigen Viert-, Fünft- oder Sechsthand-Fahrzeuge mit Kilometerständen deutlich jenseits der 200.000 km, Beulen, Rostst und mattem Lack als Rentner-Fahrzeuge angepriesen werden… Die sehen dann eher aus, als sei schon mal ein Rentner drin verstorben…

T3Fahrer


rotesand 
Fragesteller
 05.04.2018, 22:40

Danke!

Letzteres habe ich auch schon erlebt, aber ich lese auch immer wieder von "Familienbesitz": Bei uns in der Gegend wird aktuell ein ranziger W202 von 1993 oder 1994 angeboten, angeblich "immer in Familienbesitz" ------> im Klartext hat den mal die Oma neu gekauft, danach fuhr bis zum Fahranfänger-Enkel jeder damit rum. Das ist ähnlich.

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Dein Bekannter schloss wohl nicht wegen dem Fahrzeugtyp auf das "Rentnerauto".

Es wird wohl mehr der Umstand sein dass es ein an die 20 Jahre altes Auto ist das kaum Gebrauchsspuren hat.

Mit Deinem Benz wird etwa das Gleiche sein, der wird für sein Alter zu gut dastehen als dass der jemals schlecht behandelt worden wäre (was bei mehreren Halterwechsel in den Jahren gewöhnlich vorkommt).


rotesand 
Fragesteller
 26.08.2017, 14:17

Danke!

Stimmt, der W202 sieht absolut erstklassig aus ----> seine knapp 230000 Km sieht man ihm nicht an, außen wie innen: Der wurde und wird immer gut behandelt, dem Auto fehlte es an nichts. Es gibt übrigens zwei Scheckhefte, weil das Erste voll war. Alle Stempel bis auf einen sind von Mercedes.

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Weil bei älteren Autos, wenn sie gut erhalten sind, vermutet wird, dass sie wenig gefahren wurden, was dann einem 'Rentner' unterstellt wird.

Bild zum Beitrag

Hallo Rotesand,

einige Attribute des klassischen Rentnerautos sind hier ja schon schön aufgezählt worden.

Ich habe letztes Jahr den Ersthand-Escort meines Vaters verkauft. (er konnte mit 84 einfach nicht mehr sicher fahren)

DAS ist mal ein eindeutiges Rentnerauto ;-)

Baujahr 1991 (letztes Baujahr des Modells)

  • Ausstattung: Ausser Schiebedach und DZM: NULL
  • Käufer ist vom Fordhändler besch.. worden (Radkappen mit falscher Farbe)
  • DIN-Kennzeichen
  • Absurde Verbastellungen wie Amperemeter und Analoguhr nachträglich reingewurstet. (natürlich unterschiedliche Designserien!)

Zustand nach aussen: wie neu

Zustand Unterseite: Schweller durch falsches Ansetzen des Wagenhebers an 7 Stellen vermurkst und rostig.

Bild zum Beitrag

Interessant ist: Fährt man diesen Wagen im Berufsverkehr, drängeln sich andere Verkehrtsteilnehmer vor einem rein oder nehmen einem riskant die Vorfahrt. Denn NIEMAND will so einen Ampel-Ranrollenlasser, Gelbphasenbremser und Langsamfahrer vor sich haben.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Über 30 Jahre Hobbyschrauber Erfahrung
 - (Auto, Menschen, Auto und Motorrad)  - (Auto, Menschen, Auto und Motorrad)

rotesand 
Fragesteller
 06.04.2018, 12:00

Diese Escorts fand ich auch immer Klasse!

Der deines Vaters müsste aber ab Werk schon diese cremeweißen Radkappen gehabt haben. Müsste das Sondermodell "Bravo" gewesen sein, so fuhren die hier Ende der 90er auch immer mal wieder rum.

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Colopia  07.04.2018, 10:31
@rotesand

In der Tat, es war das "Sondermodell" Bravo. Gut erkannt. :-)

Aber dass die Radkappen farblich nicht zum Wagenlack passen mag bei anderen Lackfarben durchgehen. Hier empfand ich es schlicht als Unverschämtheit, sowas auzuliefern.

Immerhin konnte ich für den Wagen ein gutes Zuhause finden. Ein Inhaber einer Karosseriewerkstatt mit Sammeltick (13 Escorts!!!) hat den Bravo in seine Sammlung aufgenommen. Das hat auch meinen alten Herrn erfreut.

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rotesand 
Fragesteller
 07.04.2018, 11:44
@Colopia

Ich habe auch noch Prospekte ----> Ford der späten 80er und frühen 90er habe ich komplett, bin auch ziemlicher Fordfan :) Bei uns gab es u.a. auch einen dunkelblauen "Bravo"-Escort mit diesen Radkappen, an einen roten kann ich mich auch noch erinnern & einen Orion "Bravo" in Weiß mit diesen Radkappen hatte mal ein Kumpel meines Onkels so Mitte der 90er.

Es freut mich, dass der Escort ein liebevolles Plätzchen finden konnte! So erübrigt sich meine Frage, was damit passierte -----> waren übrigens immer schöne Autos und angenehm zu fahren, deutlich geräumiger als der Golf und hochwertiger verarbeitet als der E-Kadett.

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