Was wurde vor Dialekten gesprochen?

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Früher, als der Mensch zumeist nicht sonderlich mobil war, also nicht weit rumkam, waren die Dialekte schon von Ortschaft zu Ortschaft unterschiedlicher als heutzutage. Aber ich glaube, du hast eine falsche Vorstellung von Dialekten/Sprachen.

Zum Ersten: In den allermeisten Fällen gibt es - im kleinräumigen Bereich - keine klare Grenze zwischen Dialekten; vielmehr handelt es sich um ein Kontinuum, in dem sich die Sprachen stückchenweise verändern. Zum Anderen: Dialekte (oder was wir heute so nennen) sind meist die "eigentlichen" Sprachen. Standard-, manchmal auch Hochsprachen genannt, sind eher neuere Erscheinungen einer kleiner gewordenen Welt.

Spontan fallen mir 2 Wege ein, wie diese Standardsprachen entstehen können. Im ersten Fall wird der Dialekt einer wirtschaftlich oder politisch bedeutenden Gegend aufgrund eben dieser Bedeutsamkeit zum Standard, im anderen Fall entsteht quasi durch "Vermischung" mehrerer Dialekte und Umgangssprachen eine mehr oder weniger 'neue' Sprache (sehr vereinfacht gesagt). Letzteres ist im Deutschen so passiert. Hochdeutsch ist ja, das verstehen viele immer nicht, kein vom Himmel gefallenes, allein richtiges Deutsch, sondern vielmehr (wieder sehr vereinfacht gesagt) das, was übrigbleibt, wenn man verschiedene deutsche Dialekte so vereinigt, dass eine für alle verständliche Sprache übrigbleibt. Von daher kann ich es auch immer nicht nachvollziehen, wenn in Antworten hier auf GF von schlechtem oder falschem Deutsch gesprochen wird, wenn jemand eine Frage zu einer dialektalen oder umgangssprachlichen Besonderheit hat.

Vereinfacht kann man sich klarmachen, dass die Dialekte älter als die deutsche Standardsprache (die wir meist "Hochdeutsch" nennen) sind. Die Standardsprache entstand danach - unter anderem nach der Verbreitung von Luthers Bibelübersetzung in die deutsche Sprache. Die Standardsprache verdrängte z.T. die Dialekte.

An manchen Orten mehr als an anderen.

Auch in Hannover sprach man mal eine Variante des Niederdeutschen. Heute spricht man dort Standarddeutsch. In den Randgebieten Deutschlands sind die Dialekte auch heute noch recht stark vertreten, so z.B. im Erzgebirge, im östlichen Bayern und im äußersten Westen (Baden, Pfalz, Saarland, Eifel, Aachen/Köln usw.) und Süden.

Die Dialekte wurden nicht standardisiert, man kann sie zwar auch schreiben, aber es gibt keine Standardregeln, wie man z.B. Schwäbisch oder Moselfränkisch schreiben soll. In der Standardsprache haben wir nun den Duden und etliche andere Werke, die eben eine Standardschreibweise und -grammatik beschreiben.

Aus linguistischer Sicht ist Luxemburgisch auch ein deutscher (moselfränkischer) Dialekt, er ist aber auch eine standardisierte Sprache mit konkreten Regeln. Ebenso wie es hier den Duden gibt, gibt es dort auch eine Standardisierung.

Ein Dialekt wie Schwäbisch ist also kein Nachfolger des Standarddeutschen, sondern ein Nachfolger bereits früher existierender Dialektformen (in diesem Falle des Alemannischen).

Sprachen sind ein fließender Prozess. Die verändern sich über die Jahrzehnte/Jahrtausende ständig weshalb man nicht so einfach klar abgrenzen kann was welche Sprache ist.

Was dir aber vom Namen etwas sagen könnte wäre "Althochdeutsch" das vor gar nicht soooo langer Zeit gesprochen wurde. Da brauchst du aber echt nen übersetzer für weil sich schon in der vergleichsweise kurzen Zeit die Sprachen mächtig gewandelt haben.


spanferkel14  04.03.2020, 18:25

Althochdeutsch wurde in dieser Region etwa von 750 n.Chr. bis 1050 gesprochen, also bis vor knapp 1000 Jahren. Das ist natürlich keine allzu lange Zeit🤣😜, verglichen mit einem Menschenleben. Du bist wohl ein kleiner Scherzkeks, was?

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Asporc  04.03.2020, 18:27
@spanferkel14

Ich habe relativ gesprochen. Und das heißt in diesem Fall im Vergleich zu dem Zeitraum wo sich Sprachen entwickeln. Wenn du dich mal mit wem über die Entwicklung von Sprachen unterhälst kommst du ratzfatz von jahrzehnten zu jahrhundernen bis zu den ersten Grunzern der Menschheit.

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spanferkel14  04.03.2020, 18:29
@Asporc

Ja, im Tal der Ahnungslosen mag das wohl so sein! Was ist denn der "Zeitraum, wo sich Sprachen entwickeln"? Darunter kann ich mir gar nichts vorstellen.

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Sehr vereinfachend gesagt: Es gab zu Anfang SPRACHEN. Wie zum Beispiel Plattdeutsch, das in verschiedenen Varianten großflächig im norddeutschen Raum gesprochen wurde.

Wieder vereinfachend: Als sich Hochdeutsch durchsetzte, wurden die regionalen Sprachen zu Dialekten erklärt.

Der Kalif hat das ausführlicher erklärt. Ich empfehle dir seine Antwort.

Gruß, earnest


spanferkel14  04.03.2020, 18:59

Ich mag deine Art und Weise, komplexe Dinge vereinfacht darzustellen. Ich könnte mir vorstellen, dass Monkey424 mit diesem groben Umreißen seines/ihres Themas am meisten anfangen kann und am wenigsten abgeschreckt wird.

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Sprachentwicklung ist ein regionaler und unendlich langsamer Vorgang, und was ein Dialekt oder eine Sprache war, hatte vor der Bildung der Nationalstaaten oder Fürstentümer gar keine Bedeutung. Erst mit den Nationalstaaten begannen die Sprachen sich innerhalb der Landegrenzen zu festigen, auch und gerade durch den Buchdruck gefördert.

Sprachen verändern sich immer und sind dynamisch. Das Englische und das Deutsche hatten einen gemeinsamen Stamm, durch die erste und zweite Lautverschiebung trennten sich die Sprachen, blieben sich aber ähnlich bei Vokabeln und Grammatik, unterscheiden sich stark von romanischen Sprachen. Unser heutiges Hochdeutsch entspringt dem Sächsischen. Maßgeblich hatte seinen Anteil daran Martin Luther, denn eine hochdeutsche Sprache war bis dato nicht existent.


earnest  04.03.2020, 18:53

Selbstverständlich hatten Dialekte und Sprachen auch vor der Bildung von Nationalstaaten Bedeutung.

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