Was meint Wittgenstein mit dem Zitat: "Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Welt"?

11 Antworten

also 1. ich meine den österreichisch-englische philosoph ludwig wittgenstein (1889-1951) 2. ja, die situation im ausland kenne ich, aber dann verstehe ich nicht, warum es nicht trotzdem ein teil meiner welt sein kann. nur weil ich es sprachlich nicht ausdrücken kann, hört es doch nicht auf zu existieren oder so. genau so verhält es sich, finde ich, doch auch mit gefühlen o.ä. für manche empfindungen kann man vielleicht nicht beschreiben, auch wenn man einen großen wortschatz hat, & trotzdem sehe ich sie als einen teil von meiner "welt" an.. verteht ihr das problem?


kunos  03.01.2010, 17:29

Stelle Dir einfach mal vor Du befändest Dich von einem Augenblick zum anderen in einer Situation, da man Deine Anliegen auch die grundlegensten (Essen, Schlafen, Toilette) plötzlich nicht mehr versteht oder Dich für die Äußerung Deiner Gedanken möglicherweise tödlich bestraft. Kurz gesagt glaube ich, daß du mit einem mal sehr einsam und verängstigt wärst. Du lebst nicht allein und bist nur zu einem winzigen Teil der Bestimmer deiner Welt, sondern die Welt bestimmt überwiegend Dich. Wenn Du Dich aber nicht mehr verständlich machen kannst oder darfst dann hast Du ab einem gewissen Punkt nicht einmal mehr den geringsten Einfluß darauf, was die Welt (auf die Du keinen Einfluß mehr hast) mit Dir anstellt.

Du solltest Dich etwas mit der Philosophie Wittgensteins befassen und vielleicht ein Buch darüber lesen.

WELCHEN Wittgenstein meinst Du denn?!

Ich denke es geht um mehr als reines Sprachverständnis.

Vielleicht auch darum, daß es persönliche oder politische Umstände geben kann, in denen man nicht aussprechen darf, was man denkt.

Also die Welt, das Sein, die realitaet ist sicher nicht mit der Sprache allein zu fassen oder ergruenden.

Mich interessiert eher: "Wittgensteins Auseinandersetzung mit Russells Typentheorie und die Bildtheorie (??) des Tractatus entspringen seiner lebenslangen Suche nach Klarheit und Reinheit...)

aus: Einstieg ins Denken des 20. Jahrhunderts

Manfred Geiers lesenswerte Doppelbiographie über

»die letzten Philosophen« Wittgenstein und Heidegger

Von Timotheus Schneidegger

Ich denke, Wittgenstein meint:

Nur was ich mit meinen Worten ausdrücken kann, was sich aussprechen lässt, ist meine Welt. Das, was unaussprechlich ist, ist jenseits meines Horizontes und meiner Welt.

Das Zitat weist auf eine enge Verbindung von Sprache und Denken hin, damit also einem Verstehen der Welt durch ein Subjekt („meine Welt“).

Der Philosoph Ludwig Wittgenstein hat diesen Satz in einem Frühwerk, dem 1921 erschienenen „Tractatus logico-philosophicus“ (Logisch-philosophische Abhandlung) geschrieben:

„5.6 Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt.

5.61 Die Logik erfüllt die Welt; die Grenzen der Welt sind auch ihre Grenzen.

Wir können also in der Logik nicht sagen: Das und das gibt es in der Welt, jenes nicht.

Das würde nämlich scheinbar voraussetzen, dass wir gewisse Möglichkeiten ausschließen, und dies kann nicht der Fall sein, da sonst die Logik über die Grenzen der Welt hinaus müsste; wenn sie nämlich diese Grenzen auch von der anderen Seite betrachten könnte.

Was wir nicht denken können, das können wir nicht denken; wir können also auch nicht sagen, was wir nicht denken können.“

Seine Theorie ist: Beim sprachlichen Zugang zur Wirklichkeit ist die grundlegende sprachliche Einheit, die sich auf die Wirklichkeit bezieht, ein Aussagesatz, der wahr oder falsch sein kann (Wittgenstein hat später seine Auffassung von Sprache geändert). Wenn er wahr ist, entspricht ihm in der Wirklichkeit eine Tatsache. Sachverhalte sind mögliche, Tatsachen (das, was der Fall ist; bestehende Sachverhalte) wirkliche Verbindungen von Gegenständen. Die Welt ist aus elementaren Gegenständen gebildet. Diese Gegenstände sind die Bedeutungen von Namen, die in elementaren Aussagesätzen enthalten sind. Ein Name hat nur Bedeutung und ein Aussagesatz nur Sinn, wenn sich der Name auf einen existierenden Gegenstand bezieht.

Wittgenstein bestimmt das Verhältnis von Satz und Welt als Abbildverhältnis. Ein Satz ist das Bild einer Tatsache. Dies kann er nur sein, weil er mit der abgebildeten Tatsache die logische Form (eine gemeinsame Struktur; die Anordnung von Bestandteilen eine Bildes veranschaulicht die Anordnung von Bestandteilen der Wirklichkeit) teilt. Die logische Form (Form der Abbildung) ist die Voraussetzung jeder sprachlichen Abbildung der Welt und kann deshalb nicht selbst abgebildet und in der Sprache dargestellt werden. Die logische Form spiegelt sich in der Sprache, aber die Sprache kann nicht das darstellen, was sich in ihr spiegelt.

Die Welt ist nach Auffassung von Wittgenstein die Gesamtheit der Tatsachen, nicht der Dinge (1.1). Die Welt ist daher (nur) die Gesamtheit der bestehenden Tatsachen (2.04).

Jeder Ebene in der Struktur der Sprache entspricht eine Ebene der Struktur der Welt. Die Welt ist alles, was durch die Gesamtheit wahrer Sätze dargestellt wird. Sätze sind Ausdrücke von Gedanken. Etwas außerhalb der Welt als Gesamtheit der bestehenden Tatsachen kann nach Wittgensteins nicht sinnvoll gesagt werden. Es gibt nichts, was von Zeichen als Ausdrücken unserer Sprache dabei abgebildet werden kann (Tatsachen fehlen ja). Daher steht als letzter Satz in der Abhandlung auch: „7 Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen.“

Dinge jenseits dieser Grenzen sind unsagbar. Wittgenstein koppelt Sprache und Denken. Ausdrücke der Sprache sind Ausdrücke der Gedanken. Es gibt seiner Meinung nach keine Sätze mit Sinn (Bedeutung) über etwas, das nicht Tatsache ist. Aufgabe der Philosophie ist für ihn, das Undenkbare von innen her durch das Denkbare zu begrenzen und so das Unsagbare zu bedeuten, indem sie das Sagbare klar darstellt.

Das Werk ist sehr abstrakt und logisch-formal. Erklärende Bücher helfen beim Verständnis weiter, z. B. A. C. Grayling, Wittgenstein. Aus dem Englischen von Reiner Ansén. Freiburg im Breisgau ; Basel ; Wien : Herder, 1999 (Herder/ Spektrum Meisterdenker ; Band 4739) S. 44 . 66.