Was macht man als Musikwissenschaftler?

1 Antwort

Von "Möglichkeiten" kann wirklich keine Rede sein, bestenfalls von "Überlebensoptionen". Grundsätzlich empfiehlt sich für alle MuWi-Absolvent/-innen an vorderster Stelle: Umschulen bzw. vielfältigst weiterbilden. Definitiv ist das MuWi-Studium keine Ausbildung, die zur Ausübung eines Berufs befähigt.

Daher MuWi am besten nur als Hilfsstudium zusätzlich zu einem wirklichen Musikstudium verwenden!

Eine "Laufbahn" im Bereich der Musikfoschung existiert, sie ermöglicht sich aber nur etwa den besten 5%. Hier gibt es vor allem den Universitätsbetrieb und die sog. "freien Forschungsinstitute". Viele Musikwissenschaftler/-innen sind auch auf sich allein gestellt mit Forschungsprojekten, die sie als befristete Einzelprojekte selbst durchführen - oder sie sind im Rahmen eines universitären Forschungsprojektes für zwei bis drei Jahre befristet angestellt.

Dass Musikwissenschaftler/-innen als Musikkritiker, Konzertprogrammschreiber oder Kuratoren von Museen o.ä. arbeiten (und davon leben können) ist derart extrem selten, dass es schon fast Lüge wäre, diesen Punkt hier zu erwähnen. Ebenso grenzt es fast schon an Unwahrheit, würde man behaupten, dass es im Bereich der Musikwissenschaft überhaupt so etwas wie unbefristete Anstellungsverhältnisse gibt. Festanstellungen gibt es fast nur im Rahmen von Leitungspositionen in Forschungsinstituten und bei universitären Lehrstühlen (Professuren).

Manche Leute gehen in Kulturbetriebe und machen Hilfsarbeiten im Konzertwesen (Saaldienst, Ticketing etc.). Andere gehen/gelangen auch in Musikagenturen oder ins Veranstaltungsbüro (Konzertorganisation etc.). So ein Job hat mit Musikwissenschaft dann im Prinzip nicht mehr viel zu tun, er ist schlecht bezahlt und extrem stressig. Aber er ermöglicht unter Umständen ein Auskommen, bei guten Leuten sogar eine Festanstellung. Nur äußerst selten gelangen solche MuWi-Absolvent/-innen ohne Zusatzqualifikation in die Führungs- oder gar Managementebene.

Die/der typische Musikwissenschaftler/-in ist arbeitslos oder übt eine berufliche Tätigkeit aus, die mit Musikwissenschaft und Forschung praktisch nichts zu tun hat, wenn sie auch oft einen Musikbezug haben kann.

Die/der typische Musikwissenschaftler/-in der Gegenwart, die/der von seinem musikwissenschaftlichen Beruf (und von nichts anderem) leben kann, arbeitet an einer Forschungsinstitution im Rahmen einer auf max. drei Jahre befristeten wissenschaftlichen Assistenz oder Mitarbeit. Alle zwei bis drei Jahre steht er/sie erneut auf der Straße oder bangt um den Erhalt einer weiteren befristeten Stelle. Für diese muss er/sie bereit sein, in jedwede Stadt innerhalb des gesamten Sprachraumes zu ziehen, in der man ihr/ihm eine weitere, auf 0,5 bis 3 Jahre befristete Position zu geben bereit ist. Selten gibt es Verlängerungen oder auf sechs Jahre befristete Stellen. Das Gehalt schwankt in Abhängigkeit von den zur Verfügung stehenden Budgetmitteln (nicht abhängig von der Qualifikation). Ungeachtet der bezahlten Arbeitsstunden beträgt die wöchentliche Arbeitszeit im Regelfall um die 40 bis 60 Stunden pro Woche. Wochenendarbeit ist selbstverständlich und wird nicht vergütet.

Der typische Musikwissenschaftler, der "Karriere" macht, ist eine kinderlose Musikwissenschaftlerin zwischen 30 und 45, sie war spätestens mit 30 promoviert und hat derzeit eine Assistenz, Juniorprofessur oder Professur an einer Universität inne. Im Rahmen eines Frauenförderungsprogrammes oder eines Habilitationsstipendiums, das sie im Anschluss an ihr Doktoratsstipendium oder ihre Prae-Doc-Assistenz erhalten hatte, kann/konnte sie sich in ihr Forschungsthema, evtl. im Bereich der Kulturwissenschaften einarbeiten...