was ist gemeint mit "Zeitlichkeit"?

6 Antworten

Zunächst mal kommt das auf dne Kontext an, in dem das Wort benutzt wird. Wenn Heideggers "Sein und Zeit" gemeint sein sollte --> MichaelC

Wenn es eher in allgemeinem Kontext benutzt wird:

"Memento mori!"

In Philosophielexika wird erklärt, was mit dem Begriff Zeitlichkeit gemeint ist.

Petra Kolmer, Zeitlichkeit. In: Handwörterbuch Philosophie. Herausgegeben von Wulff D. Rehfus. Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht, 2003 (UTB : Philosophie ; 8208), S. 690 – 691:
Zeitlichkeit 1. das Wesen der → Zeit: ihre Rastlosigkeit; 2. das In-der-Zeit-sein und Bestimmtsein des Endlichen durch die Zeit: seine Vergänglichkeit; 3. die (der Räumlichkeit neben- oder übergeordnete) Dimension der irdischen, durch rastloses Entstehen und Vergehen gekennzeichneten → Welt. Jedoch avanciert der Ausdruck erst mit → Heideggers → Fundamentalontologie (Sein und Zeit, 1927) zum qualifizierten philosophischen Grundbegriff: In einer Verbindung von (u. a.) aristotelischen, augustinischen, kantischen, kierkegaardschen, diltheyschen und husserlschen Gedankenmotiven bezieht Heidegger Zeitlichkeit auf den → Menschen in der Welt und damit auf ein Seiendes (→ Sein), das weit mehr ist als ein in der Welt (und Zeit) nur vorhandenes (und ablaufendes) Ding, vielmehr bewusst, mit Selbst- und Weltverständnis und darüber hinaus noch so in ihr existiert, dass all seinem Tun das Interesse an einem guten Selbstsein (die »Sorge« darum) zugrunde liegt. Zeitlichkeit bezeichnet folgende innere (selbst nicht zeitliche, vielmehr intelligible) Grundstruktur des durch Sorge charakterisierten Daseins (d. h. des Seienden ›Mensch‹): zum einen sich ›in jedem Moment‹ in seinen ausgezeichneten Seinsmöglichkeiten stets noch vor sich (mithin als ›Zukunft‹) zu haben; zum anderen sich stets in einer bestimmten, von ihm nicht selbst gesetzten Bestimmtheit (→ Wesen) schon vorzufinden, wobei das Gewissen den Menschen aufruft, das, ›wie er immer schon war‹ (die »Gewesenheit«), ausdrücklich zu übernehmen; und schließlich zum dritten in der (dialektischen) Beziehung von Gewesenheit und Zukunft jeweils eine bestimmte Gestalt von Gegenwart (Aktualität der Vollzüge) zu haben. Zeitlichkeit als (apriorische) Grundbestimmung des Seins des Daseins (als Existenzial) ist Heidegger zufolge Ursprung der gewöhnlichen und wissenschaftlichen Konzepte von Zeit und Zeitlichkeit.“

Alois Halder, Philosophisches Wörterbuch. Mitbegründet von Max Müller. Völlig überarbeitete Neuausgabe. Freiburg ; Basel : Herder, 2000 (Herder Spektrum ; Band 4752), S. 383:
Zeitlichkeit, allg.[emein] das, wovon her die ⤤ Zeit als Zeit gegeben und in ihrem Geschehens-Charakter („Wesen“) bestimmt ist. Bei Heidegger („Sein und Zeit“, 1927) meint Z.[eit] die Weise, wie sich das menschliche Dasein zur Zeit verhält: Dasein ist ursprüngliche Einigung in drei Zeitdimensionen (Gegenwart, Vergangenheit, Zukunft), und zwar von der Zukunft her in eine Gegenwart , deren Möglichkeiten zugleich auch von Vergangenheit (Überlieferung) mitbestimmt sind.“


Angeloma  15.08.2011, 11:37

sehr wichtig - der Verweis auf Heidegger :)

0

Anfang und Ende des Lebens. Wenn Du "Das Zeitliche segnest" heißt, Du machst einen Abgang, hinüber auf die andere Seite des Lebens.

'Zeitlichkeit' bedeutet das Dasein in der Zeit. Wir Menschen unterliegen der Zeitlichkeit, denn wir sind erst nicht da, dann werden wir geboren, leben und sterben, wonach wir nicht mehr da sind.

Im Grunde unterliegt alles, was ist, der Zeitlichkeit. Ob es überhaupt etwas gibt, was außerhalb der Zeitlichkeit existiert, ist fraglich.

Der Philosoph Martin Heidegger entwarf in seinem Werk 'Sein und Zeit' eine Philosophie, die versuchte, das Dasein in der Zeitlichkeit als bestimmt von der 'Sorge' darzustellen. Das Da-Sein ist bei ihm das 'Sein zum Tode'.

LG


Angeloma  15.08.2011, 11:46

Das Da-Sein ist bei ihm das 'Sein zum Tode'.

das ist der Kern, ja.

Oft allerdings missverstanden.

Sein zum Tode bedeutet nicht: etwa "Sein, UM zu sterben."

Sondern:

Das Seiende des Menschen (Mensch als Gegenständlichkeit, Dinglichkeit) ist gegrenzt - geht unentrinnbar zu Ende.

Der Mensch aber ist nicht nur Seiendes, sondern Sein. Und in der Lage, das Ende seiner selbs als Seiendes denkend vorwegzunehmen. Sich auch darum zu sorgen.

Und - so nicht mehr Heidegger, zumindest nicht in Sein und Zeit, Schlussfolgerungen daraus zu ziehen: Sich selbst, weit über das hinaus, was er jetzt ist, zu entwerfen.

0

Jegliches Streben und Sein unterliegt der Endlichkeit, somit der Vergänglichkeit. Damit könnte man die Frage nach einem Wert neu betrachten.