Was ist ein Hilbertraum und ein euklidischer Raum?
Ich habe im Internet schon nachgeschaut, konnte jedoch nur Kleinigkeiten verstehen. Kann es mir jemand erklären, sodass es ein 10-Klässer verstehen würde?
3 Antworten
Hallo Lila1112,
ein HILBERTraum ist ein vollständiger Skalarproduktraum.
Um zu erklären, was das ist, muss ich etwas ausholen:
Körper (engl. field)Darunter versteht man eine Menge K, in der Addition und Multiplikation definiert ist, die unter beiden Operationen abgeschlossen ist, in der beide Operationen assoziativ und kommutativ sind, es für beide ein neutrales Element (0 bzw. 1) und für jedes Element ein Negatives und für jedes außer 0 einen Kehrwert gibt – und das Distributivgesetz gilt. Die Menge ℚ der Rationalen Zahlen und die Menge ℝ der Reellen Zahlen sind Körper.
Vektorraum über einem Körper KDarunter versteht man eine Menge V, für die eine Addition und die Multiplikation mit einem Skalar (einem Element von K) definiert ist. Unter beiden Operationen muss V abgeschlossen sein, und für die Multiplikation einer Vektorsumme mit einem Skalar gilt das Distributivgesetz.
K ist natürlich auch Vektorraum (der Dimension 1) über sich selbst.
Ein Beispiel für einen dreidimensionalen Vektorraum ist der ℝ³, dessen Elemente als
(1) x› = (x; y; z) oder (x₁; x₂; x₃)
bezeichnet werden, wobei die x¡ Reelle Zahlen sind.
SkalarproduktraumDarunter versteht man einen Vektorraum mit in dem zusätzlich ein Skalarprodukt zwischen je zwei Elementen definiert ist. Wie die Bezeichnung sagt, ist das Skalarprodukt selbst ein Skalar, z.B. ‹x∙y› = x₁∙y₁ + x₂∙y₂ + x₃∙y₃. Das Skalarprodukt induziert auch eine Norm, z.B.
(2) |x›| = √{‹x∙x›} = x₁² + x₂² + x₃²,
eine nichtnegative Zahl, die in unserem Beispiel die "Länge" des Vektors beschreibt.
Übrigens gibt es viele verschiedene Möglichkeiten, Normen zu definieren, die nicht auf ein Skalarprodukt zurückzuführen sein müssen. Die durch (2) dargestellte Norm heißt die EUKLIDische Norm, und ein Vektorraum, wo diese Norm definiert ist, heißt euklidisch.
CAUCHY- Folgen und VollständigkeitEine Folge ist eine Abbildung der Menge ℕ der Natürlichen Zahlen auf einen Körper oder einen Vektorraum, d.h., jeder Natürlichen Zahl wird z.B. eine Reelle Zahl oder ein Vektor zugeordnet. Eine CAUCHY- Folge ist eine Folge, deren Glieder grob gesprochen immer näher beieinander liegen.
Genauer, für jede positive Reelle Zahl ε, egal wie klein ε ist, gibt es eine Stelle n₀, sodass für zwei beliebige Natürliche Zahlen m ≥ n₀ und n ≥ n₀ |vₙ − vₘ| < ε ist. Dabei sind vₙ und vₘ Elemente des entsprechenden Körpers oder Vektorraums.
Eine Folge heißt konvergent gegen einen Grenzwert v, wenn es für jedes ε ein n₀ gibt, sodass für jede Natürliche Zahl n ≥ n₀ |vₙ − v| < ε ist.
Vollständig heißt ein Vektorraum V, wenn jede Cauchy- Folge von Elementen aus V innerhalb von V konvergiert. Für Körper gilt das auch. ℝ ist zum Beispiel vollständig, ℚ hingegen nicht, denn Folgen Rationaler Zahlen können auch gegen eine irrationale Zahl konvergieren, z.B., 3, 3,1, 3,14, 3,141, 3,1415, 3,14159, ... konvergiert gegen π, und π ist irrational.
HILBERTräumeDer gewöhnliche anschauliche Vektorraum ℝ³ mit der EUKLIDischen Norm ist also – natürlich – euklidisch und ein HILBERTraum.
Meist hört man das Wort jedoch im Zusammenhang mit Funktionenräumen wie in der Quantenphysik. Hier wird das Skalarprodukt einer Wellenfunktion ψᵤ(x›) gebildet, indem man das Betragsquadrat bildet und das über den gesamten Raum integriert (das kontinuierliche Äquivalent zur Summe). Dabei muss natürlich eine endliche Zahl α herauskommen. Definiert man
ψ := ψᵤ/√{α}
als neue Wellenfunktion eines Teilchens, lässt sich ⎜ψ⎟² als Wahrscheinlichkeitsdichte dafür deuten, das Teilchen bei an einer Ortsmessung an einer bestimmten Stelle zu lokalisieren.
Ganz platt: im euklidischen Raum werden zB bis dreidimensional angeordnete Variablen als Vektoren räumlich dargestellt. Der Hibertraum erweitert dies auf unendlich, so dass auch vieldimensionale Variablen (zB aus großen Matrizen) abgebildet und räumlich betrachtet werden können (zB um Winkel zwischen einzelnen Vektoren bestimmen zu können, woraus sich bspw. dann Aussagen über beobachtete Zusammenhänge zwischen Variablen ableiten lassen, s. Korrelation).
sagen wir mal so: es gibt jede Menge Abiturienten, die mit Hilbert nix anfangen können.