Was ist der Grund warum einige Ältere im Alter verbittern?
6 Antworten
SUPERgute Frage!! Danke!
Ich glaube, dass die Hauptverursacher für die Probleme älterer Menschen, die zur Verbitterung führen, folgende sind:
- nicht mehr gebraucht werden
- sich wertlos fühlen
- sich als Last für andere fühlen
- von der Welt enttäuscht sein
- Angst vor der Zukunft
- und körperliches Autschn
Und nicht selten treten diese Gründe im Rudel auf, das kann selbst vorher fröhlichen Menschen an die Nieren gehen. Als ich klein war, blieben die Frauen im Dorf noch mehr daheim und übernahmen dann auch die Pflege der Alten. Das war einfach normal und ersparte den Alten zumindest die Angst, in einem Pflegeheim zu landen und ans Bett geschnallt mit vollen Windeln würde-, wert- und rechtlos aufs 'Verrecken' warten zu müssen.
(entschuldigt bitte den Ausdruck, aber was man mitunter da mitkriegt, macht mich rasend vor Zorn)
Klar versuchen sich Menschen mit allen möglichen 'Parolen' von diesen Ängsten abzulenken, aber im Grunde ihres Herzens wissen sie, was ihnen blühen kann - was jedem von uns im Alter blühen kann. Und nein, das wird NICHT besser. Es ist zig Jahre her, dass ich das erste Mal von derartig fürchterlichen Missständen hörte und damals hab ich auch gedacht, dass das besser wird, weils ja nun öffentlich ist und man drauf achtet. Pustekuchen - es ist entsetzlich, wie im Namen der Wirtschaftlichkeit mit alten Menschen umgegangen wird und das wird nicht besser, sondern vielmehr sogar schlimmer.
Außerdem hatten die Alten damals, als sie noch zuhause bleiben durften, auch nicht das Gefühl, wertlos, nicht gebraucht oder eine Last zu sein. Zum einen, weil sie immer noch kleinere Aufgaben übernehmen konnten, was sie sich auch besser fühlen ließ und zum anderen, weil sie auch mit ihrer Lebenserfahrung so manch guten Rat geben konnten oder zumindest ein offenes Ohr für die Sorgen ihrer Lieben hatten. Was ja nun AUCH schon eine Hilfe ist.
In der Zeit der Emanzipation haben die Frauen die Macht über sich dann aus den Händen ihrer Männer genommen und der Wirtschaft übergeben (doch!) und damit endete die Ära der Großmütterleins mit den Enkeln aufm Schoß oder dem Kochlöffel in der Hand und auch die der Großväterchens, die mit krummem Rücken, aber leuchtenden Augen über 'ihre Familie' wachten.
Klar gabs auch damals schon verbitterte alte Menschen, aber das waren wirklich die allerwenigsten. Die meisten alten Großmütterleins und -väterchens waren humorvoll und hatten meist viel mehr Geduld als die Eltern. Außerdem wussten sie meist einen guten Rat, wenn die Kinder irgendwas ausgefressen oder sonstwie Probleme hatten - und das ist keine Erfindung, das hab ich selbst erlebt, allerdings leider nur mit den Großeltern anderer Kinder, weil meine nicht mehr lebten.
Dafür hatte ich eine heißgeliebte Ersatzgroßmutter im Fernsehen. Erinnert sich noch jemand an 'Jakob und Adele' mit Brigitte Horney als Adele? Ich war geradezu vernarrt in sie und wegen ihr hatte ich schon ganz früh den Wunsch, alt zu sein. Mag ungewöhnlich sein, aber ich wollte so sein wie diese Frau. Und so ein bisschen will ich das noch immer. Ich glaube, ich verdanke ihr zu einem großen Teil, dass ich nie Probleme mit dem alt-werden hatte - im Gegenteil, es ging mir nicht schnell genug (wirklich!)
Was noch dazu kommt, ist der Umstand, dass so ab Mitte 40 - spätestens ab 50 die Zeit beginnt, in der die Helden der Jugend und auch die Alterkollegen wegzusterben beginnen. Und das ist ein ziemlich schummriges Gefühl, selbst für mich, die ich fasziniert bin von Alter und Sterben. Geburten können mich kaum vom Hocker reißen, aber Hospizien und Paläativstationen sind eine Art Heilige Orte für mich, ich hatte auch das ungeheure Glück, meinen Schwiegervater in den letzten Wochen seines Lebens begleiten und meine Schwiegermutter wenigstens in ihren letzten Stunden zur Seite stehen zu dürfen - eine urgewaltige Erfahrung für mich.
Ich gehöre nicht zu denen, die sich wünschen, schnell zu sterben, ganz im Gegenteil - ich wünsch mir nur, dass es möglichst frei von allzu großen Schmerzen ist. Aber ich will echt Zeit dafür haben - ich muss also nicht extra erwähnen, dass ich keine Angst vor dem Sterben hab. Vor dem Tod sowieso nicht, der ist nur für die Lebenden schlimm, vor allem dann, wenn sie etwas nicht mehr 'gut machen können'. Die nicht erfüllten Wünsche und nicht gesagten Worte und nicht erlebten Träume sind es, die eine Trauer am schmerzvollsten machen.
Trotzdem, als mein Jahrgang anfing, das Zeitliche zu segnen (Michael Jackson war der erste, ihm folgte Prince, dann meine erste große Liebe - die Generation meiner Eltern ist kaum noch da, Anfang des letzten Jahres hat mich die Nachricht vom Tod Alan Rickmans ziemlich kalt erwischt - Peter Lustig, Held meiner Kindheit, Tamme Hanken, der jünger war als ich - doch, da passiert etwas mit einem, auch wenn man das Sterben wirklich nicht fürchtet. Istn echt seltsam-schummriges Gefühl. Ich selbst finds zwar eher spannend (tatsächlich), aber wenn ich mir vorstelle, dass das dann noch zu den anderen Gründen hinzukommt - und man DANN auch noch erlebt, wie alles, was einem mal heilig war, in einer Flut von asozialen Respektlosigkeiten ersäuft - also dann kann ich unglaublich gut nachvollziehen, wenn alte Menschen verbittert sind.
Dabei ist keiner dieser desillusionierten und auch verbitterten Alten nur ansatzweise so übel drauf, wie viele Jungspunte, die vor der Glotze hocken und sich gut fühlen, wenn sie auf andere herabkucken und sie 'hassen' und verachten zu können. Wenn DIE mal alt werden, dann möchte ich weiß Gott nicht in ihrer Nähe sein - Liebe zu alten Menschen hin oder her. Wenn ich denen zuhöre oder -lese, wird mir ja jetzt schon schlecht. Wenn die mal wirkliche Probleme kriegen, hätte ich gerne VIEL Platz zwischen ihnen und mir. Da haben die Alten von heute GANZ andere Herausforderungen gemeistert wie die verwöhnten Bälger, die dann auch noch meinen, überall mitreden und ihren Dünnpfiff hinterlassen zu müssen.
Nein, nicht nett. ich bin eben nicht immer nur nett.
Manchmal bin ich eher böse. Jedenfalls denen gegenüber, die ihrerseits kein Problem damit haben, anderen Menschen (oder Tieren) weh zu tun, obwohl sie ihnen noch niemals etwas getan haben. Das kenne ich so nicht von früher. Klar gabs immer ein paar Dummschwätzer, aber das waren eher Einzelfälle und damit viel erträglicher als die Massenware Asis von heut.
Japp - sehr böse sogar
Da bin ich mir ziemlich sicher, liebe Inkonvertibel :)
Sind aber leider nicht alle so gestrickt und Vereinsamung im Alter nimmt rapide zu - und nicht nur im Alter. Ist echt höchste Eisenbahn, die Karre zu wenden und in Richtung Menschlichkeit Gas zu geben
By the way - was bedeutet DH?
ich kann da nur aus meinen erfahrungen mit meinen großeltern berichten und nehme als beispiel meinen opa. er ist 1932 geboren. war 13 als der krieg endete. seine jugend verbrachte er in den trümmern deutschlands. es gab hunger, wenig oder schlechte unterkünfte. seine jugend war also eine qual. sein junges erwachsenenleben dadurch geprägt, sich den hintern aufzureißen um zu überleben. durch die arbeiten die in er seinem leben gemacht hat, hatte er gesundheitliche leiden/berufkrankheiten. meine kindheit sah dagegen anders aus. spielzeuge an maß, immer was zu essen, freizeit, computer und playstation, arbeitsschutz, bessere werkzeuge und sicherheitsbestimmungen, schuldausbildung. meine generation holte sich keine asbest lunge mehr, sozusagen. das hat ihn verbittern lassen. er hatte immer das gefühl, das seine generation sich opfern musste für die sünden ihrer eltern um dann eine weitere generation zu bekommen, die dann gut leben kann. er fand es unfair, dass er leiden musste und ich nicht. das er seine gesundheit opfern musste, weil technik und wissen nicht so weit war und ich nicht. das er froh war, wenn er mit steinen spielen konnte sozusagen und wir bequem den ganzen tag vor dem fernseher sitzen. und ich kann ihn verstehen. natürlich ging es seiner generation nicht durchgehend schlecht aber sie hatten lange schwere zeiten. meine oma sagte immer, seine verbitterung habe schon in den 70er begonnen und wurde immer schlimmer aus diesen gründen. jeder mensch wünscht sich ein gutes leben. wenn man das aufgrund höherer gewalt nicht haben kann und dann sieht, wie nachfolgende es bekommen ohne dafür was tun zu müssen, dann kann einen das sehr schnell verbittern wenn man es nicht hat
vielleicht deshalb: sie haben geliebte menschen verloren, jeden tag schmerzen im knie, in den gelenken, etc. sie müssen sich mit der eigenen vergänglichkeit auseinandersetzen, weil ihr aussehen, ihre sinne und kräfte abnehmen und merken: es geht nicht mehr so, wie man möchte oder früher gekonnt hat - und es wird auch nie wieder so werden wie in der jugend.
Dadurch auch, dass sie merken wie zum beispiel deren alten Schulfreunde sterben und evntuell auch deren Lbensgefährten leben si immer zurückgezogener, um nicht erneute Todesnachrichten von guten Freunden bekommen. Aufgrund dieser Angst leben sie dann am Ende des Lebens immer zurückgezogener.
Lebensziele oder -wünsche nicht verwirklicht, körperliche Beschwerden, die im Alter hinzukommen, Probleme mit der Familie...
DH Ich nehme unsere älteren Mitmenschen nicht als lästig und unnütz wahr; sondern als Menschen, von denen ich und andere etwas lernen können. LG Inkonvertibel