Die Entwicklung von psychischen Störungen ist komplex und multifaktoriell. Man müsste sich selbst quasi zu 100% verstehen und steuern können, um das auf jeden Fall verhindern zu können - dies ist einfach nicht der Fall und auch eine hochgradig unrealistische Vorstellung, dass man das einfach so könnte. Vieles, was man tut, ist automatisiert / nicht bewusst gesteuert.
Kein Mensch hat dieses Level an Bewusstsein und Selbstregulationsfähigkeiten. Deswegen kann man das auch Menschen nicht anlasten / ihnen dafür die Schuld geben.
Man hat aber durchaus Verantwrotung dafür, etwas zu verändern - wenn man denn will. Die Motivation ist nicht immer hoch, da gibt es verschiedene Faktoren, warum Leute ihre Störung gar nicht unbedingt loswerden wollen. Erstens hat sie oft auch irgendeine dem Invididuum dienliche Funktion (bspw. bei starkem Unkontrollierbarkeitserleben kann die Essstörung die Möglichkeit sein, zu erleben, dass man wenigstens irgendwas kontrollieren kann), zweitens kann es an Selbstwirksamkeitsübezeugungen mangeln ("was ich tue hat eh keinen Effekt, daher brauche ich es gar nicht erst versuchen, mich zu ändern"), und drittens sind Veränderungen durchaus auch anstrengend.
Da von Schuld zu reden oder irgendeine Moralkeule auszupacken ist eigentlich Unsinn.
Gemeinsam mit einem Therapeuten kann man aber durchaus ein hinreichendes Verständnis von der Störung entwickeln, was einem dann ermöglichen kann, etwas zu verändern.