Was bedeutet "Konkurrenzstärke"?

1 Antwort

Moin,

alle Lebewesen haben bestimmte Ansprüche an ihren Lebensraum. Diese Ansprüche werden manchmal durch Ressourcen gedeckt. Diese Ressourcen sind aber nur selten unermesslich groß, im Gegenteil, sie sind oft mehr oder weniger stark begrenzt.

Wenn nun (mindestens) zwei Lebensformen auf die gleiche Ressource angewiesen sind, stehen sie logischerweise in Konkurrenz dazu.

Die Konkurrenzstärke einer Art besteht nun darin, wie gut sie sich in Bezug auf solche Konkurrenzsituationen behaupten kann. Dabei muss es nicht einmal um die Ressource selbst gehen, sondern die Konkurrenzstärke ist ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren, die eine Art auszeichnet und letztlich dazu beiträgt, wer sich wo durchsetzt.

Ein Beispiel:

In einem Mischwald findet man oft in sandigem und eher trockenem Boden Birken und/oder Kiefern stehen. In den Arealen mit feucht-humusreichem Boden stehen dagegen oft Buchen und/oder Eichen.
Daraus lässt sich nun nicht sogleich schließen, dass Birken oder Kiefern sandigen und trockenen Boden, Buchen oder Eichen feuchten und humusreichen Boden bevorzugen. Tatsächlich „finden alle genannten Bäume den feucht-humusreichen Boden gut”. Aber Birken und Kiefern sind im Konkurrenzkampf um solchen Boden gegenüber Buchen unterlegen (die Eichen sind ein Spezialfall). Im Konkurrenzverhältnis zwischen Buchen und Birken ist zum Beispiel unter anderem die Ästigkeit und damit die Dichtigkeit der Baumkrone wichtig. Zwar werden Buchen und Birken beide zwischen 20 und 40 Meter hoch, aber während die Krone von Birken eher licht ist und die Birkenblätter ziemlich klein sind, ist die Krone von Buchen sehr dicht und die Blätter etwas bis viel größer. Damit beschattet eine Buchenkrone alle Konkurrenten um den Faktor Licht irgendwann. Nicht zuletzt wegen dieser Beschattungsfähigkeit ist die Buche gegenüber der Birke im Konkurrenzkampf um den Faktor Licht überlegen; sie ist konkurrenzstärker.

Bei den Eichen besteht die Besonderheit darin, dass Eichenschösslinge sehr langsam wachsen. Damit wären sie unter natürlichen Bedingungen oft konkurrenzschwächer im Vergleich mit anderen Baumarten. Aber da der Mensch (vor allem früher) das Eichenholz als Baustoff sehr schätzt(e), sorgt er „künstlich” dafür, dass Eichenwaldbestände stetig verjüngt werden und somit flächig nachwachsen können. Hier sorgt also der Mensch durch sein Eingreifen dafür, dass sich ein an sich nicht sehr konkurrenzstarker Baum gegenüber anderen durchsetzen kann. Auch so etwas kann also zur Konkurrenzstärke beitragen...

Die Konkurrenzstärke der Buchen und Eichen sorgt also dafür, dass Birken und Eichen auf sandig-trockene Böden ausweichen (Konkurrenzvermeidung), weil ihnen die Buchen oder Eichen dorthin nicht folgen können, da sie feuchte Erde brauchen. Das wiederum hat mit der physiologischen Potenz der Arten zu tun. Die Birken oder Kiefern vertragen in Bezug auf Feuchtigkeit ein sehr viel größeres Spektrum (sie sind bei diesem Faktor euryök) als Buchen oder Eichen (die in Bezug auf Bodenfeuchtigkeit stenök sind).
Die Konkurrenzvermeidung geschieht also nach dem Motto: „Lieber ein gutes Leben in schlechterem Boden als ein schlechtes Leben in gutem Boden!”

LG von der Waterkant


Herostratos 
Beitragsersteller
 13.09.2019, 14:34

Ist das Zusammenleben von Muschel und Krebs (=Muschelwächter) denn auch eine Konkurrenz?

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Herostratos 
Beitragsersteller
 10.09.2019, 22:59

Vielen Dank für diese ausführliche und tolle Antwort!!!

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