Warum wurde Gaius Verres angeklagt?

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Die Anklagepunkte umfassten geldgierige Politik und Rechtsprechung, korrupte und ungerechte Abgabenerhebungen, sowie die Erpressung von Kunstwerken und letztlich sogar die Tötung römischer Bürger.

Ich musste Cicero lesen und übersetzen und habe in Erinnerung, dass die Texte (Fragen, Antworten, Argumente,Kommentare) verdammt schwer waren. Die Sprache ist knöchern, nüchtern,stramm, nur punktuell explosiv. Eigentlich langweilig!

Wichtig für Dich sind die actio prima et  actio secunda; der Angeklagte konnte in diesen Phasen selbst eingreifen und bekennen. "Ich gehe ins Exil". Sein Strafkonto war erheblich.

Die ganze "Summe" vor Gericht auflisten? Schwierig und zeitaufwändig. Also geht die Anklage hin und formuliert etwas Schlimmes , nämlich  Sakrileg-ien (= Vasen, Leuchter, Statue...gestohlen).

Im Kern: In einem Prozess wird gesammelt, gewogen - und erwogen. Cicero ist schneidig, glasklar, mathematisch, fast klinisch. Er ist strategische Mitte! Ob das gut ist für eine gerechte Einschätzung und Bestrafung? ( PS.: Mir persönlich war`s ein bisschen unwohl.)

Gaius Verres wurde wegen Ausbeutung der Provinz Sizilien als Statthalter (Propaetor) angeklagt. Marcus Tillius Cicero war der Ankläger in einem Repetundenprozeß (Verfahren wegen Zurückforderung von Geldern).

Verres hat unter anderen mit den Steuerpächtern gemeinsame Sache gemacht und sein Verordnungsrecht zur Aufhebung von Garantien mißbraucht, die Landwirte bei der Erhebung der Steuern gegen Willkür schützen sollten.

Ein gewisses Ausmaß an Bereicherung auf Kosten der Provinzbewohner war damals nicht ungewöhnlich. Verres hat dies aber in außerordentlich starkem Maß betrieben und auch Klienten einflußreicher Römer hart behandelt. Sthenius, ein vornehmer sizilischer Bürger aus Thermai, hatte beispielsweise um Hilfe gebeten, weil Verres mit Bitten und Forderungen nach und nach seien Schätze (gesammelte Kunstwerke und kostbares Hausgerät) an such gebracht hatte. Verres verlangte alte Bronzestatuen der Stadt für sich, darunter ein Standbild des Dichters Stesichiros. Als dies verweigert wurde, klagte Verres Sthenius wegen Urkundefälschung an und verurteilte ihn in Abwesenheit (Sthenius war nach Rom geflohen, wo er viele Freunde hatte) zur Zahlung von 500000 Sesterzen. Danach erhob Verres Anklage wegen Kapitalverbrechens und fällte einen Schuldspruch.

Die Statue der Diana in Segesta und ein mit Edelsteinen besetzter  Kerzenleuchter des syrischen Prinzen Antiochos sind nur zwei Beispiele für viele Gegenstände, die Verres durch Druck und Gewalt an sich gebracht hatte . Es gab zahlreiche Fälle der Aneignung von Kunstwerken aus öffentlichen und privaten Besitz (eine Statue der Ceres in Henna und goldgestickte Purpurteppiche des Gaius Heius in Messana sind nur zwei Beispieel aus einer großen Anzahl).

Cicero hat in seinen Reden gegen Verres eine große Anzahl von Vorwürfen erhoben. Auch wenn nicht alles gut nachweisbare Vergehen sind und manche Abschnitte der moralischen Abwertung dienen, kam reichlich deutliches Belastungsmaterial zusammen. Verres wartete das Ende des Prozesses nicht ab, sondern ging freiwillig ins Exil.

Regelrechter Tempelraub durch Verres scheint nicht sicher beweisbar. Er hat eher seine Amtsstellung mißbraucht.

Anklagevorwürfe Ciceros (Orationes in Verrem) :

- willkürliche und geldgierige Verwaltung und Rechtsprechung gegen angesehene sizilische Bürger

- korrupte und ungerechte Abgabenerhebung (2, 3)

- Unterschlagung öffentlicher Mittel: Beim Zwangskauf einer wegen der Versorgungsengpässe in Rom angeordneten zusätzlichen Getreidelieferung (frumentum emptum) und des dem Statthalter und seinem Gefolge zustehenden Getreides (frumentum in cellam) hat es Unterschlagungen und Erpressungen gegeben  (2, 3, 163 – 225). Der eigentliche Skandal war die Höhe des Geldbetrages, den die Landwirte statt dieser Getreideabgabe zahlen mußten.

- Aneignung von Kunstwerken durch Erpressung und Gewalttaten  (2, 4)

- grausames Strafgericht gegen sizilische Schiffskommandanten, nachdem eine mangelhafte ausgerüstete Flotte von Seeräubern vernichtet worden war, obwohl Verres die Katastrophe durch seine Habgier selbst verursacht habe (2, 5, 31 - 52)

- widerrechtliche Züchtigung und Tötung römischer Bürger (2, 5, 53– 71)

Nachschlagewerke zur Antike und Biographien über Cicero bieten Informationen, z. B.:

Jan Bartels, Verres, C. In: Der neue Pauly (DNP) : Enzyklopädie der Antike ; Altertum. Herausgegeben von Hubert Cancik und Helmuth Schneider. Band 12/2: Ven-Z. Nachträge. Stuttgart ; Weimar : Metzler, 2002, Spalte 78 -81

Manfred Fuhrmann, Cicero und die römische Republik. Paperback-Ausgabe. 3. Auflage. Düsseldorf : Patmos, 2007, S. 62 – 71 (Der Prozeß gegen Verres)