Warum wird so häufig vergessen den Zimmermädchen auch etwas Trinkgeld zu geben?

14 Antworten

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Deinen ganzen Beitrag kann ich so unterschreiben. Ich glaube wir lernen den gleichen Beruf, bzw. bist du schon ausgelernt ;-)

In meiner letzten Abteilung wurde ich von den Gästen zurückgegrüßt, bekam auch mal ein Lächeln, ein freundliches Gespräch. Jetzt im Housekeeping habe ich Glück wenn auf mein freundliches "Guten Morgen" überhaupt eine Reaktion zurückkommt. Ich bin ein "nichts" geworden, ein jämmerliches Zimmermädchen und eine noch jämmerliche Frau, die die Toiletten reinigt. Es ist ein absolut undankbarer Job und ich wünsche so manchem Gast, dass er einen Tag dasgleiche tun muss. Ich bin froh, dass ich die Wahl habe später zu studieren und gutes Geld zu verdienen. In diese Welt bekomme ich nur einen kleinen Einblick und kann die Verachtung und die körperlichen Schmerzen mal selber spüren. Aber ich darf wieder raus aus dieser Welt.

Warum dem Housekeeping eine derartige Verachtung (nicht von jedem, aber von vielen) entgegen gebracht wird, verstehe ich nicht.

Meine Vermutung: Zimmermädchen werden wohl leichter übersehen, als ein Kellner oder ein Kofferträger. Dem Zimmermädchen Geld zu geben, ist immer noch freiwilliger, als bei den anderen beiden, wo der Gast schon von seinen Mitmeinschen schief angesehen wird, wenn er kein Trinkgeld gibt. Es findet in der Öffentlichkeit statt und gehört zum guten Ton. Die Zimmermädchen arbeiten dann, wenn der Gast weg ist.


Flyaway  21.07.2011, 17:11

Im Übrigen: Ich habe jetzt innerhalb von kurzer Zeit schon 3 Zimmermädchen getroffen, die in ihrem Heimatland studiert haben vor langer Zeit. In Deutschland wurde das Studium nicht anerkannt. Jetzt mit 40 Jahren wünscht sich eine den Neubeginn, ein Studium auch in Deutschland abzuschließen. Aber sie muss putzen, um ihre Familie zu ernähren und abends ist sie zu kaputt. Ihr felt auch teilweise der Mut, diesen Schritt anzugehen.

Nicht alle Zimmermädchen sind also ungebildet! Manche haben einfach keine andere Wahl gehabt und sind froh überhaupt arbeiten zu dürfen.

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XFighter7 
Beitragsersteller
 26.07.2011, 17:55
@Flyaway

Bin fast ausgelernter Hotelfachmann und hatte am 7. Juli meinen letzten Arbeitstag, hab jetzt noch bis zum 31. Juli Urlaub, bevor ich am 1. August im neuen Hotel anfang. Die letzte Abschlussprüfung ist allerdings erst am 16. August und welches Lehrjahr bist du jetzt?

Es ist tatsächlich so, dass ich bislang noch nirgends so deutlich die Bedeutung des Spruches "Kleider machen Leute" am eigenen Leib gespürt habe. Die Oberflächlichkeit der Menschen ist schier grenzenlos, während man im Anzug an der Rezeption noch respektvoll behandelt wird ist man für dieselben Leute in Housekeeping-Kleidung nur noch Dreck und nicht einmal mehr einen freundlichen Gruß wert.

Im Housekeeping zu arbeiten ist nicht wirklich berauschend, aber es schadet sicher keinem Azubi, um die Arbeit der Mädels besser schätzen zu lernen und sich in ihre Lage hineinzufühlen. Wir haben das Glück, dass diese Abteilung zeitlich befristet ist, aber viele müssen diesen Job bis zu ihrer Rente machen, was unsereins sich gar nicht vorstellen mag. Meine Wenigkeit hatte aber noch vergleichsweise Glück und so durfte ich als Mann die Arbeit im Wellness übernommen, hatte somit mit Etage recht wenig zu tun und mir sind die schlimmsten Horror-Klo Geschichten Gott sei dank erspart geblieben :0

In vielen Köpfen der Menschen steckt eben noch fest, das wer putzt nicht viel wert ist. Der Gedanke ist zwar altmodisch, arrogant und überheblich ist aber sicher ein Produkt der Erziehung und womöglich ein Überbleibsel aus der Zeit der Sklaverei.

Natürlich im Restaurant fühlt der Gast die Blicke der anderen Leute und den sozialen Druck, aber erst auf Etage kann man erkennen mit wieviel Herz derjenige tatsächlich Trinkgeld gibt oder ob es eher ein verpflichtendes Übel ist, das sich halt so eingebürgert hat.

Bei mir im alten Hotel schafft auch eine ehemalige Lehrerin als Putze und einer hat früher mal Jura studiert, hier in Deutschland ist das aber alles nichts wert und so verrichten vollkommen überqualifizierte Leute diese Arbeit und müssen auch noch den Spott der Gäste über sich ergehen lassen.

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Flyaway  26.07.2011, 18:42
@XFighter7

Ich bin jetzt im 2. Lehrjahr, genau Halbzeit. Ich denke, dass was wir erlebt haben, wird wohl in allen Hotels so sein. Der Mensch zeigt wohl erst vor den Zimmermädchen sein wahres Gesicht. Klar, es ist ein Ort wo die sozialen Schichten aufeinander prallen, aber was der Gast eben nicht merkt: So groß ist der Unterschied nicht und das Zimmermädchen für das er bestensfalls ein "Grunzen" übrig hat auf den freundlichen Gruß, vielleicht besser qualifiziert ist als er selbst, nur eben nicht so viel Glück im Leben gehabt hat.

Es gibt oft Momente, wo es mir schwer fällt den Gast überhaupt noch lächeln zu grüßen und ich mir so manche Bemerkung verkneifen muss. Ich wünsche mir oftmals, dass auch ihre Kinder unseren Beruf ergreifen und die gleichen Geschichten über die Arroganz der Gäste nach Hause mitbringen. Aber gut, dass ist unser Job: Egal wie wir uns fühlen, wir haben zu lächeln und egal was für ein Mensch vor uns steht: Wir sind freundlich. Aber leicht ist es nicht immer.

Ich kann nur von Glück sprechen von den Abibällen oder großen Feiern von jungen Leuten verschont zu bleiben, da ich zwar Spätdienste, aber keine Nachtschicht übernehmen muss. Die Geschichten sind mehr als widerlich. Und es wäre damit auch meine persönliche Leistungsgrenze überschritten.

In einem Hotel lernt man eben nicht nur die Arbeit kennen, sondern auch sehr viel über den Charakter des Menschen. In allen Abteilungen.

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XFighter7 
Beitragsersteller
 29.07.2011, 22:19
@Flyaway

Das ist leider bestimmt in den meisten Hotels so, aber es ließe sich etwas umgehen, wenn man dem Housekeeping nicht zudem immer die hässlichsten, peinlichsten Kleider verpassen müsste.

Traurig find ich vor allem, dass sich dieses Verhalten nicht nur allein auf die Gäste bezieht, sondern zu einem großen Teil noch auf die Angestellten, die zumindest bei uns auch andauernd schlecht über die Zimmermädchen sprechen, sowas ist echt mies.

Früher gabs im Fernseh mal so eine Show, wo mehrere Berufsgruppen und Gesellschaftsgruppen in Quizfragen gegeneinander antreten konnten. Sicherlich haben tatsächlich viele von ihnen ein niedriges Bildungsniveau, aber pick dir mal die Klügsten aus jedem Bereich des Hotels heraus und schick die mal so irgendwohin, da werden sich einige wundern, was man als Hotelier so alles draufhaben kann :D

Für die Situation bietet sich ein Spruch besonders an: "Lächeln und A++++loch denken!" Natürlich ist es nicht leicht, aber denk dran, dass auch wieder bessere Zeiten kommen, in denen du massig Trinkgeld machst, aber die Erfahrung nimmste mit für dein Leben.

Kann mich noch zu gut erinnern also wir auch mal nen 18. Geburtstag hatten und so ein neureicher Wixxer zu mir gekommen ist, gemeint hat: "Du, da hat vorhin einer hingekotzt, mach das mal weg" Sowas arrogantes, ich hätt ihm am liebsten in die Fresse gehauen, stattdessen hab ich ihn einfach ignoriert und bin weitergelaufen. Putzen musste ich trotzdem noch bis nachts um 2:30 Uhr, weil die jungen Leute irgendwann meinten es sei lustig Torte gegen die Wäde zu schmeißen, aber die Eltern haben dementsprechend die Rechnung für gekriegt xD

Gastronomie gehört sicherlich zu den besten Schulen fürs Leben.

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Flyaway  30.07.2011, 00:14
@XFighter7

Wie sagt man so schön? Kleider machen Leute. Es ist wirklich so, noch hässlicher kann man nicht angezogen sein. Ich habe mich daran gewöhnt und sehe auch die Vorteile der leichten Bekleidung im Sommer, aber du hast sicherlich Recht, dass dieser Aspekt auch zu dieser Arroganz führt.

"Lächeln und A.rschloch" denken, das lernt wohl jeder Angestellte sehr schnell und besonders die Azubis (es sind ja nicht immer nur die Gäste) ;-)

Ja, Gastronomie ist eine Schule fürs Leben...

Vielen Dank für den Stern :-)

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Ich gebe dem Hausdiener extra Trinkgeld wenn er mir bei Auslagen hilft und eine Zimmereinweisung macht.

Den Zimmermädchen geben ich immer Trinkgeld und nicht erst bei der Abreise. Ich motiviere die damit.

Bei der Abreise geben ich ein übliches Trinkgeld und nicht zu knapp in die gemeinsame Kasse. Das wird dann aufgeteilt durch dass Hotel.

Das ist eben eine Frage des guten Benehmens, aber das ist eben nicht mehr üblich bei der Masse. Aber eben nicht bei allen.


XFighter7 
Beitragsersteller
 21.07.2011, 11:55

Gute Einstellung.

Das Trinkgeld bei Abreise ist allerdings so eine Sache, weil du nie wissen kannst, wo das Geld letztendlich landet, selbst wenn du dazu sagst, dass es für alle Abteilungen gedacht ist. Von daher würde ich lieber versuchen denjenigen direkt das Trinkgeld zu geben, von denen du denkst, dass sie etwas verdient hätten.

Ausnahmen bestätigen die Regel.

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ist eine charaktersache -- ich habe mir angewöhnt, bei gutem service direkt anfangs ein grosszügiges "trinkgeld" zu geben und dies noch nie bereut. kann es nur jedem raten, es genau so zu handhaben.


XFighter7 
Beitragsersteller
 21.07.2011, 11:47

Der Charakter geht vielen aber offensichtlich verloren sobald sie über ein wenig Geld verfügen und wollen lieber alles für sich behalten. Geiz an der falschen Stelle.

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...weil sich die meisten eigentlich Verreisen gar nicht mehr leisten können, es aber trotzdem aus "Prestige-Gründen" machen "müssen". Und weil viele Leute heute nicht einmal mehr die geringste Ahnung von Benehmen haben.

Vor kurzem war erst eine TV-Doku darüber. Die Urlaubsgäste führen sich wie Schweinchens auf, rauchen im Nichtraucherzimmer, werfen die "Tschicks" und Asche ins Waschbecken, spucken den Kaugummi darauf, lassen im WC nicht runter, werfen Einpackpapiere und Tragtaschen im Hotelzimmer auf den Boden und bilden sich ein, sie seien jene, denen sich das Personal in gebückter Haltung nähern müssen.

Traurig, aber es ist so.


kassiopeiamb99  21.07.2011, 11:29

Sehr schön...kann ich mich nur zustimmen..:)

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XFighter7 
Beitragsersteller
 21.07.2011, 11:38
@kassiopeiamb99

klar, wenn man seinen Dreck nicht selber wegräumen muss, kann man sich ja aufführen wie der letzte Mensch und sofern man dann nicht mal mitbekommt wie schwer die Zimmermädchen zu schuften haben, um die ganze Kakke wieder sauber zu kriegen ist das ne angenehme Sache, bleibt aber trotzdem einfach nur unverschämt.

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amwilhelmsberg  21.07.2011, 14:35

Da gebe ich dir Recht! Kontoüberziehung und Kleinkredit für 14 Tage Urlaub, das ist heute so! Meistens wissen die Leute gar nicht, wo sie eigentlich hinfahren, Hauptsache, unterwegs. Und leider sind dann die die Armen, die sich dieser dekatenten Typen auch noch annehmen und deren Dreck wegputzen dürfen! (Die sich dann jedoch, wie ich schon oft hörte, auch noch über einige Krümel, die übersehen wurden, immens aufregen!)

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XFighter7 
Beitragsersteller
 26.07.2011, 16:57
@amwilhelmsberg

Nur hochnäsige Vollidioten, die meinen sie wären etwas, nur weil sie sich einmal im Jahr einen All-Inclusive Urlaub leisten können, beschweren sich über solche Kleinigkeiten, Leute die häufiger in Hotels verkehren wissen in aller Regel wie man sich anständig benimmt und haben so ein lächerliches, respektloses Verhalten nicht nötig.

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Da kann ich Geistlein nur zustimmen. Wir waren voriges Jahr in Bayern im Urlaub. War echt schön. Dem Zimmermädchen gab ich am letzten Tag Trinkgeld, denn sie hat wirklich gut gearbeitet, es war alles immer tiptop (wir sind aber auch keine Schweinigls!!) Sie fragte mich, ob das "für sie" sei, weil "heute macht das niemand mehr". Sie hat mir wirklich leid getan. Denn Spass ist es sicher keiner, Zimmer generell, besonders aber Betten, die fremde Leute benützen, oder Toiletten zu reinigen. (Ich möchte kein Zimmermädchen sein, ich sag das ganz offen!)


XFighter7 
Beitragsersteller
 26.07.2011, 17:01

Das ist wirklich häufig so, dass die meisten sich schon damit abgefunden haben, dass sie immer nur am putzen sind, aber dafür nie etwas vom vielen Trinkgeld sehen werden. Umso überraschter, wenn nicht gar schon unbeholfen reagieren sie, wenn ihnen dann doch mal einer großzügig was gibt. Wer den Zimmermädchen ein bisschen was gibt hat die Chance sich noch über wirklich vor Freude strahlende Gesichter zu freuen während es für Kellner bereits zur alltäglichen Gewohnheit und das höfliche Lächeln häufig nur aufgesetzt ist.

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